Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fluchtpunkt Mosel

Titel: Fluchtpunkt Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
Vom Netzwerk:
sagte Gabi und stöckelte, gefolgt von Grabbe, in Richtung des kleinen Hauses.
     
    Nachdem er die Heckklappe des Volvo geöffnet hatte, beobachtete Walde, wie Rupprath den Hund mit sanfter Gewalt am Herausspringen hinderte und dann die Vorderläufe untersuchte.
    »Die Wunde hätte geklammert werden müssen, scheint aber soweit gut zu verheilen.« Der Tierarzt fasste mit beiden Händen Ober- und Unterkiefer des Malamuts, klappte ihm das Maul auf und schaute hinein. Quintus ließ sich die Prozedur ohne Gegenwehr gefallen.
    Rupprath nahm ein Stethoskop aus seiner Tasche und hörte den Brustkorb ab. Anschließend tastete er den Bauch des Hundes ab. »Herz und Lunge scheinen in Ordnung zu sein. Sein Magen könnte von dem Schneebeißen entzündet sein.«
    Er griff dem Hund an den Hals, zog eine Hautfalte hoch und ließ sie wieder zurückschnellen. Walde glaubte einen Moment, der Tierarzt wollte den Hund necken. Quintus ließ alles ungerührt über sich ergehen.
    »Der Hund ist noch leicht dehydriert, und ein Antibiotikum sollte er zur Sicherheit auch kriegen.« Rupprath ging zu seinem Wagen. Quintus sprang aus dem Auto und lief auf das Grundstück.
    »Davon geben Sie ihm eine pro Tag, am besten unters Futter gemischt.« Der Tierarzt hatte ein Blister mit weißen Pillen aus seiner Tasche genommen, brach eine Tablette heraus und überreichte die restlichen Tabletten Walde, der sich vor dem stärker werdenden Regen gebückt unter die Heckklappe des Volvo gestellt hatte.
    »Quintus!«, rief der Tierarzt und stieß einen hellen Pfiff aus.
    Walde wunderte sich, wie schnell der Hund, der ihm bisher total unerzogen vorgekommen war, reagierte und zu Rupprath rannte. Der klappte ihm das Maul auf, warf die Pille tief in den Schlund, hielt ihm das Maul zu und schüttelte es hin und her.
    »Die soll wirklich runterrutschen. Manchmal lecken die Hunde so lange herum, bis die Pille wieder rauskommt.« Er ließ den Hund los, der zurück auf das matschige Gelände lief.
    »Diese Polarhunde sind sehr unempfindlich.« Rupprath zog ein Päckchen Tabak aus der Tasche seines Parkas. »Die können locker Temperaturschwankungen bis zu sechzig Grad wegstecken. Ich habe noch nie einen betäuben müssen, wenn es etwas zu nähen gab. Und es gab schon einiges zu nähen. Wenn sich Malamuts untereinander streiten, geht es ab. Da fliegen im wahrsten Sinne des Wortes die Fetzen.« Der Tierarzt verteilte Tabak auf einem Blättchen und rollte es. »Ich hatte mal einen auf dem Tisch mit über zwanzig Bisswunden und einem abgebissenen Ohr. Der hat keinen Mucks von sich gegeben.«
    Rupprath wandte sich vom Wind ab, um die Zigarette anzuzünden. »Übrigens scheint Quintus auch kein Kind von Traurigkeit zu sein. Links hat er ebenfalls einen Teil des Ohrs eingebüßt, wahrscheinlich bei einer Rauferei.«
    Das war Walde noch gar nicht aufgefallen.
    Erst als er Ruppraths Mercedes nachsah, fiel Walde wieder ein, dass er den Tierarzt fragen wollte, wo er Quintus alternativ zum Tierheim unterbringen könnte.
    Überrascht stellte er fest, dass der Hund gleich reagierte, als er ihn rief. Quintus ließ sich die Leine anlegen und zum Haus führen.
    Im Windfang des Hauses machte Walde einen Bogen um die dunklen Flecken auf den Holzdielen, wo die Leiche von Aloys Theis gelegen hatte. Er folgte den Geräuschen und fand seine Kollegen im ersten Stock.
    Grabbe trug eine dunkle, mit Fell gefütterte Lederjacke, die ihm deutlich zu weit war. Von dem Leder hoben sich zwei helle Streifen an den Oberarmen und einer über der Brust ab.
    »Du wiegst um die achtzig Kilo«, sagte Gabi und musterte ihren Kollegen. »Dann konnte die Jacke dem Opfer, das etwa so groß wie du und noch fünf Kilo leichter war, erst recht nicht passen.«
    »Und was sagt uns das?«, fragte Grabbe.
    »Die Jacke könnte noch aus alten Zeiten stammen, als Aloys Theis sein Kampfgewicht von rund hundert Kilo auf die Waage brachte.«
    Quintus schnüffelte an einem abgetretenen kleinen Teppich, bevor er sich darauf niederließ.
    »Von zu Hause kann er sie schlecht geholt haben«, sagte Grabbe, »und in Thailand brauchte er keine warme Jacke.«
    »Ich bin mir ziemlich sicher, dass er sie auf einem der Fotos trug, die wir von seiner Frau gekriegt haben.«
    »So eine nimmt man nicht mit in Urlaub nach Thailand«, beharrte Grabbe.
    »Aber er musste ja schließlich in der Weihnachtszeit zum Flughafen. Da ist er doch nicht in Shorts und T-Shirt hingefahren.«
    Grabbe zog die Jacke aus. »Aber sie hat ihm nicht mehr

Weitere Kostenlose Bücher