Fluchtpunkt Mosel
worden. Daher hatten wir seine Fingerabdrücke«, sagte Gabi. »Es gab mehr als zehn Hausdurchsuchungen, bei denen einige unterschlagene Funde sichergestellt wurden.«
»Es blieb mir damals leider nichts anderes übrig, als die Polizei einzuschalten.« Zelig seufzte, nahm seine Brille ab und hielt sie prüfend gegen das Licht. »Soviel ich weiß, war Theis einer der wenigen, die nachweislich nichts mit der Geschichte zu tun hatten.«
»Er hielt sich beruflich in den neuen Bundesländern auf. Seine Firma hatte einen Auftrag in Erfurt. Heizung und Lüftungsbau, sind inzwischen pleite.«
»Und diese Münze«, Zelig deutete auf das Kästchen, »hatte Theis im Besitz?«
Gabi nickte.
»Seltsam«, der Historiker pustete unsichtbaren Schmutz von einem Brillenglas. »Goldmünzen wurden hier höchst selten gefunden. Und dann noch in diesem prägefrischen Zustand. Kann ich die Münze hier behalten?«
»Leider nein.« Gabi nahm das Etui und sah in das enttäuschte Gesicht des Museumsdirektors. Konnte der nie genug kriegen, überlegte sie. Hat den größten römischen Goldschatz und jagt noch hinter jeder Einzelmünze her.
*
Walde schaute sich um. Quintus war nirgends im Hof des Präsidiums zu sehen. Oben wurde ein Fenster geöffnet. Monikas Kopf mit dem wie immer exakt frisierten Haar erschien. »Er ist noch in der Zelle.« Sie wies nach unten und fügte halblaut an, wobei sie ihre Mundbewegungen stärker betonte: »Und du sollst den Chef zurückrufen.«
Diese zwei unangenehmen Nachrichten beschäftigten Walde, bis er die kleine Treppe zur Arrestzelle erreichte. Quintus’ Heulen empfand er diesmal noch einen Tick lauter als in der Nacht.
Als er den Schlüssel in der Tür drehte, wurde es ruhig.
Quintus lag auf dem Boden, den Kopf auf den Vorderläufen, die zu einem Schlitz geöffneten Augen zur Wand gerichtet, als interessiere ihn nicht, wer zur Tür hereinkam.
»Mein Gott!«, entfuhr es Walde.
Der Boden war mit weißen Stofffetzen, zerrissener Plastikfolie und Papierschnipseln übersät.
»Da war wohl noch ein Buch dabei«, stellte Grabbe fest, der hinter Walde in die Zelle schaute. »Ich wusste gar nicht, dass auch Hunde einen Zellenkoller kriegen können.«
Quintus lag immer noch mit Unschuldsmiene da, während Walde eine weitere Entdeckung machte.
Am Rand der Aluminiumtoilette waren deutliche Abdrücke von Zähnen zu sehen.
»Der hat wohl ins Klo gebissen«, kommentierte Grabbe. »Und hier …« Er deutete auf die Ecke der Pritsche, wo der braune Bezug fehlte. »Die sollte laut Einrichter absolut sicher gegen Randalierer sein. Ich hol mal einen Besen.«
Walde hörte seinen Kollegen kichern, während sich seine Schritte auf der Treppe entfernten.
Vor Wut holte er mit dem Fuß aus und trat gegen die matt glänzende Kloschüssel.
»Hey, krieg dich wieder ein. Du schreist ja das ganze Gebäude zusammen.« Gabi beobachtete von der Tür aus, wie Walde auf einem Bein, den rechten Fuß mit beiden Händen festhaltend, durch die Zelle hüpfte.
»Ein Unglück kommt selten allein«, sagte Gabi und schaute interessiert zu, wie Walde, der inzwischen mit schmerzverzerrtem Gesicht auf die Pritsche gesunken war, vorsichtig den verletzten Fuß aus dem Schuh zog.
»Der Chef ist dran«, sie reichte ihm ein Mobiltelefon.
»Ja, Herr Stiermann?«
»Nur soviel, Herr Bock, erstens, Sie kommen für den Schaden auf, zweitens, der Hund verschwindet, drittens, der Hund taucht weder hier im Haus noch in einem unserer Fahrzeuge jemals wieder auf!« Die Stimme des Polizeipräsidenten war ruhig. Walde spürte dennoch das Brodeln, das sich hinter den knappen Anweisungen verbarg.
»Ich habe verstanden.« Für einen Augenblick hatte er die Schmerzen in seinem Zeh vergessen. Als Stiermann aufgelegt hatte, kam das Pochen mit Gewalt zurück.
Grabbe stellte einen Eimer mit Wasser auf den Boden. »Du musst den Fuß kühlen.«
Stöhnend tauchte Walde den pochenden Zeh ins kalte Wasser. Er schloss die Augen vor Erleichterung und öffnete sie erst wieder, als es in der Zelle blitzte.
Gabi kniete mit einer kleinen Kamera in der Zellentür und fotografierte, wie Quintus inmitten des Chaos aus dem Eimer trank, in den Walde seinen Fuß versenkt hatte.
»Wenn du das Foto nicht sofort löschst, kann ich für nichts garantieren.« Während Walde seine Drohung aussprach, tastete er mit der Hand nach seiner Dienstwaffe, die, wie er feststellte, wie üblich in einer Schublade seines Schreibtischs untergebracht war.
*
»Wie lange fährst
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