Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fluchtpunkt Mosel

Titel: Fluchtpunkt Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
Vom Netzwerk:
warte nicht mehr lange!«
    Diesmal wurde das Suchgerät härter an seine Hüfte gestoßen.
     
    Er träumte, dass er eine große hölzerne Truhe durch warmes, grün schimmerndes Meerwasser schob. Der Deckel mit den schweren Eisenbeschlägen stand offen. Drinnen glänzte ein überbordender Schatz aus Goldschmuck, Perlen und Edelsteinen, der von innen leuchtete. So, wie er es als Kind so gerne in Piratenfilmen gesehen hatte.
     
    Als er wieder zu sich kam, fühlte sich sein Kopf noch wärmer an. Das Piepen war weiter weg. Als er den Kopf bewegte, spürte er den Verband. Er hatte nicht mitgekriegt, wie er ihm angelegt wurde.
    Die Tür ging auf. Er hörte Worte, die klangen, als würden sie von einer Stimme unter Wasser gesprochen. Es lag ein drohender Ton darin. Erneut wurde auf ihn eingeschlagen.
    Die Truhe tat sich wieder auf. Meerwasser schwappte über das Geschmeide. Immer mehr, bis die Kiste versank. Er klammerte sich mit aller Kraft daran und ließ nicht los, als sie ihn mit in die Tiefe riss.

Dienstag, 21. Februar
    Im Besprechungszimmer des Polizeipräsidiums saßen sämtliche Dezernatsleiter, ein Hundestaffelführer und zwei Leute, die Walde nicht kannte. Mehr oder weniger konzentriert lauschten sie den Ausführungen der Pressesprecherin. Monika, Waldes Kollegin, in dunklem Hosenanzug, weißer Bluse und buntem Seidentuch um den Hals, wechselte erneut das Schaubild ihrer Power-Point-Präsentation. Thema war die Programmgestaltung des in Kürze stattfindenden Tags der offenen Tür im Präsidium.
    Am Kopfende des Tisches scharrte Polizeipräsident Stiermann mit den Füßen. Ein untrügliches Zeichen, dass er nervös wurde. Walde beobachtete durch das Fenster die Vorgänge im Garten des auf der anderen Seite der Salvianstraße liegenden Altenheimes. Eine Schwester in Ordenstracht schob eine betagte Bewohnerin im Rollstuhl über die quadratisch angelegten Wege zwischen den Rasenflächen, an deren Rändern noch schmutzige Schneereste lagen.
    »Für die Veranstaltungen im Freien«, hörte er Monika sagen, »sind wir auf trockenes Wetter angewiesen, aber bis Samstag kommender Woche kann sich da noch einiges tun.«
    »Gibt es keine überdachte Ausweichmöglichkeit?«, fragte der Präsident.
    »Für die Vorführung, wie ein Hund aus dem Fenster eines fahrenden Streifenwagens springt, um einen Verdächtigen zu stellen?«
    Stiermann schaute nun ebenfalls aus dem Fenster.
    »Kinder sind unsere Zielgruppe Numero eins, neben Buttons werden Luftballons …«
    Die Tür ging auf und Grabbe kam auf leisen Sohlen in den Raum. Es schien ihm sichtlich unangenehm, dass Monika ihren Vortrag unterbrach und alle Anwesenden ihn neugierig ansahen. Er steuerte auf Walde zu, schaute sich verlegen lächelnd um und beugte sich zu seinem Chef hinunter. »Die Dauner Kollegen melden einen Toten«, flüsterte er.
    »Ja, und weiter?« Walde bemerkte, dass weiterhin alle Blicke auf sie gerichtet waren.
    »Ein Mann mit einer schweren Kopfverletzung«, fuhr Grabbe fort.
    »Sie brauchen nicht zu flüstern«, mischte sich Polizeipräsident Stiermann ein. »Dürfte ich bitte erfahren, was los ist?«
    »Ein Toter in der Nähe von Daun.« Grabbe richtete sich auf, als wolle er vor dem Präsidenten salutieren.
    »Geht es etwas genauer?«
    »In einem abgelegenen Haus in der Nähe von Steineberg.«
    Stiermann atmete hörbar durch die Nase ein und scharrte mit den Füßen. »Ich meinte den Toten.«
    »Ein Mann, schwere Kopfverletzung.« Grabbe behielt seine stramme Haltung bei.
    »Könnte es ein Unfall oder Selbstmord gewesen sein?«, fragte der Präsident.
    Alle am Tisch wussten, dass Stiermann ein politischer Beamter war, der nach einem Parteiwechsel an der Spitze der Landesregierung ausgetauscht werden konnte. Die kriminalistischen Kenntnisse des Polizeipräsidenten reichten kaum über das hinaus, was er im Präsidium oder in Fernsehkrimis aufgeschnappt hatte.
    »Das halten die Dauner Kollegen für ausgeschlossen«, antwortete Grabbe.
    Walde, der anfangs froh über die Unterbrechung gewesen war, stützte den Kopf in die Hand und schloss die Augen.
    »Wie können Sie sich da so sicher sein?«, beharrte Stiermann.
    Grabbe verzog keine Miene: »Das Opfer war an Händen und Füßen gefesselt.«
    *
    Als Walde und Grabbe auf der Autobahn hinter Wittlich die lange Steigung hinauffuhren, tauchten sie in eine Winterlandschaft ein. Links und rechts hoben sich schneebedeckte Felder gegen den dunklen Wald ab.
    Beim Verlassen der Autobahn rückte der Winter noch etwas

Weitere Kostenlose Bücher