Fluchtpunkt Mosel
Grabbe.
»Ich frage mich immer noch, warum Theis seine Identität gewechselt hat und sich obendrein hat operieren lassen?«, sagte Walde von der Rückbank her.
»Vielleicht aus strafrechtlichen Gründen? Er könnte bei seinen Raubgräberzügen im Osten nach der Wende aufgefallen sein«, vermutete Gabi.
»Es lag nichts gegen ihn vor«, sagte Grabbe. »Das hab ich überprüft.«
»Ich nehme mal an, er wollte den Schatz aus der Schwesternklinik unerkannt verhökern.«
»Muss man sich dafür operieren lassen?«, fragte Walde. »Sein gesamtes Lebensumfeld aufgeben, das man sich in fast fünfzig Jahren aufgebaut hat?«
»Das wollte er anscheinend gar nicht. Er hat ja wieder Kontakt zu seinem alten Leben aufgenommen«, sagte Gabi. »Und damit muss jemand gerechnet haben. Sonst wäre Frau Theis nicht abgehört worden.«
»Jemand, der wusste, dass Theis sich doch wieder bei ihr melden würde.«
»Du meinst, Theis hat das alles auf sich genommen, um diesem Unbekannten nicht noch einmal über den Weg zu laufen?« Gabi bremste ab, als sie einem vorausfahrenden Wagen gefährlich nahe kam.
»Das kann nur dieser unbekannte Soziusfahrer gewesen sein.« Für Walde wurde der Verdacht gegen Frohnen immer schwächer.
»Der damals in der Nacht mit dem Motorrad von Erfurt nach Trier mit dabei war?«
»Dieser François?«
Walde hob fragend die Schultern.
*
Das Haus lag im Baugelände am Petrisberg gleich neben dem Wasserturm.
Eine Spur von Genugtuung lag auf Grabbes Gesicht, als er dem verdutzten Museumsdirektor den Durchsuchungsbefehl auf der Schwelle des Neubaus überreichte. Zelig trug Jeans und ein Sweatshirt. Die nackten Füße, deren Haut Walde unglaublich weiß schien, steckten in Sandalen.
»Guten Morgen, Herr Zelig.« Gabi stolzierte mit einem schwungvollen Bogen in die Diele und rief den Technikern zu. »Wir fangen mit dem Büro und der Werkstatt an.«
»Die Kinder schlafen noch.« Zelig legte einen Finger auf die Lippen. »Dürfte ich Sie bitten, leise zu sein?«
»Bei denen müssen wir vielleicht auch noch nachsehen«, sagte Grabbe.
»Können Sie nicht die Kinder da raushalten? So wie ich das hier verstehe«, der Museumsdirektor zeigte auf den Gerichtsbeschluss in seiner Hand, »bezieht sich die Durchsuchung und die Ermittlung auf meine Person.«
»Alle Räume, die dem Beschuldigten zugänglich sind, einschließlich etwaiger Kraftfahrzeuge.«
»Ich möchte meinen Anwalt anrufen.«
»Tun Sie das«, forderte ihn Grabbe auf.
»Schon wieder ein Sammler«, stöhnte Sattler, als er, gefolgt von zwei Technikern, Walde und Grabbe, das häusliche Büro des Museumsdirektors betrat. »Wieder Töpfe«, stöhnte er, während er sich im Raum umblickte. »Und diesmal sind … Kronkorken drin.«
»Die meisten Exponate stammen noch aus meiner Studienzeit.« Zelig stand im Türrahmen.
»Das interessiert uns nur insoweit, als sich hier Dinge befinden, die aus dem Münzschatz der Schwesternklinik oder aus dem Nachlass von Herrn Theis stammen«, sagte Grabbe. »Oder beides.«
»Sie überschreiten meiner Meinung nach deutlich die Schwelle zur Beleidigung.« Zelig lief im Gesicht rot an. »Ihre Unterstellungen werden sicher auch meinen Anwalt interessieren.«
Als niemand auf seine Worte einging, schwieg auch Zelig und beobachtete misstrauisch, wie die Besucher Schränke öffneten, die Schubladen aus seinem Schreibtisch zogen und auf den Teppich stellten und seine persönlichen Unterlagen durchwühlten.
Nach einer Weile fragte er: »Was meinten Sie eben mit beides? Soll das heißen, Herr Theis hatte doch etwas mit den Funden auf dem Gelände der Schwesternklinik zu tun?«
»Möglich ist alles.« Grabbe leerte den spärlichen Inhalt des Papierkorbs auf der Platte des Schreibtischs aus. Neben zerknüllten Blättern kullerten Bonbonpapierchen über die lackierte Fläche.
Als Zelig sich an einen der Wandschränke lehnte, sagte Grabbe: »Herr Dr. Zelig, ich darf Sie bitten, von dem Schrank Abstand zu halten!«
»Ich muss schon bitten.« Zeligs Stimme klang beleidigt.
»Wir führen hier lediglich eine Hausdurchsuchung durch. Lassen Sie uns einfach unsere Arbeit machen!« Grabbe behielt seinen gelassenen Ton bei. »Dürfte ich Sie um Ihre Autoschlüssel bitten.«
»Schatz?«, rief von draußen eine Frauenstimme.
»Jaha, ich komme«, rief Zelig. Während er den Raum verließ, murmelte er: »Sie entschuldigen mich einen Augenblick?«
»Dieses Schätzchen«, flüsterte Gabi, »sollten wir nicht unbeobachtet lassen.« Sie
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