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Flüchtig!

Flüchtig!

Titel: Flüchtig! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Schwester, und die stand am Rande eines Tränenausbruchs. Der große Mann kam aus seiner Trance und versuchte, sie aus der Schußlinie zu reißen.
    »Man kann ja nicht von einer Schwester verlangen, daß sie wie ein Detektiv denkt.« Seine Sprechweise verriet einen kaum merklichen gallischen Akzent.
    Raoul wandte sich an ihn:
    »Sie! Behalten Sie Ihre verdammten Bemerkungen gefälligst für sich! Wenn Sie auch nur die leiseste Ahnung hätten, was Medizin bedeutet, dann befänden wir uns jetzt nicht in dieser Situation. Wie ein Detektiv.
    Was die Bewachung und Fürsorge für die Sicherheit eines Patienten angeht, hat sie natürlich wie ein Detektiv zu denken, verdammt noch mal. Wir sind hier nicht in einem Indianerreservat, Valcroix! Hier geht es um lebensbedrohende Krankheiten und schwerwiegende Prozeduren und darum, daß wir das Gehirn, das uns Gott gegeben hat, benutzen, um zu folgern, zu schließen und zu entscheiden, um alles in der Welt! Eine Isolationsabteilung kann eben nicht geführt werden wie ein Busbahnhof, wo die Leute kommen und gehen und sagen, daß sie dieser oder jener sind, was nicht lange bewiesen zu werden braucht. Es ist einfach undenkbar, zu erleben, wie ihr euch die Patienten vor euren faulen, schludrigen und sorglosen Augen wegschnappen laßt.«
    Die Antwort des anderen Doktors war ein kosmisches Lächeln, während er sich wieder zurückzog in ein geistiges Niemandsland.
    Raoul funkelte ihn an, als wollte er im nächsten Moment auf ihn losgehen. Der schlaksige schwarze Junge in der Strömungskammer beobachtete die Konfrontation mit weit aufgerissenen, angsterfüllten Augen. Eine Mutter, die ihr Kind in der übernächsten Zelle besuchte, starrte ebenfalls heraus, dann zog sie schützend den Vorhang zu.
    Ich nahm Raoul am Ellbogen und begleitete ihn zum Aufenthaltsraum der Station. Die kleine Filipino-Schwester war dort und machte Eintragungen in der Patientenkartei. Nach einem einzigen Blick auf uns packte sie ihren Papierkram zusammen und floh.
    Raoul nahm einen Bleistift vom Schreibtisch und zerbrach ihn in mehrere Teile, warf sie auf den Boden und kickte sie in die Ecke.
    »Dieser Schweinehund! Diese Arroganz, mich vor den Hilfskräften heruntermachen zu wollen. Ich werde sein Forschungsstipendium streichen lassen und ihn ein für allemal zum Teufel jagen!«
    Er strich sich mit einer Hand über die Brauen, kaute an seinem Schnurrbart und zupfte an seinen Backen, bis die dunkle Haut rosig wurde.
    »Sie haben ihn abgeholt«, sagte er. »Einfach so.«
    »Und was wirst du unternehmen?«
    »Ich werde diese gottverdammten Sektenbrüder suchen und sie dann mit meinen eigenen Händen erwürgen und…«
    Ich zog das Telefon zu mir her. »Soll ich die Krankenhauswache anrufen?«
    »Ha! Ein Haufen seniler Alkoholiker, die noch nicht mal ihre eigenen Taschenlampen finden, geschweige…«
    »Und was ist mit der Polizei? Immerhin handelt es sich jetzt um einen Fall von Entführung.«
    »Nein«, sagte er rasch. »Die können auch nichts tun, und das Ganze wird nur ein Riesenfressen für die Presse und das Fernsehen.«
    Er fand Woodys Behandlungsakte, blätterte sie durch und zischte dazu:
    »Radiologie - warum sollte ich Bestrahlungen anordnen für ein Kind, das in der Luftkammer behandelt wird! Es wäre absolut sinnlos. Aber keiner macht sich die Mühe, auch nur ein paar Sekunden lang seinen Kopf zu benützen. Automaten, alle miteinander. Ohne Hirn!«
    »Und was willst du unternehmen?« wiederholte ich.
    »Wenn ich das wüßte«, entgegnete er und knallte die Akte auf den Schreibtisch.
    Dann saßen wir ein paar Sekunden lang in düsterem Schweigen da.
    »Wahrscheinlich sind sie schon auf dem Weg nach Tijuana«, sagte er, »auf einem Pilgergang in irgendeine verdammte Laetrile-Klinik - hast du schon mal ein solches ›Institut‹ von innen gesehen? Ganze Wandbilder aus Kakerlaken, auf dreckigen Mauern aus Lehm. Das soll dann die Rettung sein! Diese Idioten!«
    »Vielleicht sind sie ja noch gar nicht weg. Warum überprüfen wir das nicht?«
    »Wie denn?«
    »Beverly hat die Telefonnummer von dem Motel, in dem die Eltern wohnten. Wir können anrufen und feststellen, ob sie schon abgereist sind oder nicht.«
    »Und Detektiv spielen - ja, warum eigentlich nicht? Ruf sie rein, Alex.«
    »Aber sei bitte anständig zu ihr, Raoul.«
    »Meinetwegen.«
    Ich winkte die Sozialarbeiterin, die mit Valcroix und Ellen Beckwith Kriegsrat hielt, sagte ihr, was ich wollte, worauf sie erschöpft nickte.
    Als sie dann drinnen

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