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Flüchtig!

Flüchtig!

Titel: Flüchtig! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Iraners war weiß wie Wachs. Seine Kieferknochen arbeiteten geräuschlos.
    »Kommen Sie.« Ich packte ihn an den mageren Schultern und führte ihn hinaus. »Jetzt müssen wir wohl doch die Polizei verständigen.«
    Es ist gut, jemanden bei der Polizei zu kennen. Besonders, wenn dieser Jemand ein guter Freund ist und nicht davon ausgeht, daß man zu den Verdächtigen zählt, falls man ihn anruft und ein Verbrechen meldet. Ich umging die 911 und rief direkt bei Milos Dienststelle an. Er war bei einer Besprechung, aber ich machte es dringend, und sie ließen ihn ausrufen.
    »Sturgis hier.«
    »Milo, hier Alex.«
    »Hallo, Kumpel. Du hast mich aus einer faszinierenden Vorlesung gerissen. Sieht so aus, als ob die West Side der neueste Brennpunkt für Rauschgiftlabors wäre. Sie mieten vornehme Häuser und parken den Mercedes in der Einfahrt. Warum ich das alles wissen muß, ist mir nicht klar, aber erklär das mal den Vorgesetzten. Und was gibt’s bei dir?«
    Ich sagte es ihm, und er wurde sofort dienstlich:
    »Gut, bleib erst mal dort. Und sieh zu, daß niemand etwas anrührt. Ich setze alles in Bewegung. Kann sein, daß ein Haufen Leute ankommt, also bereite das Mädchen vor, damit es nicht durchdreht. Ich haue von der Besprechung ab und bin schnellstmöglich bei dir, aber es könnte sein, daß mir andere zuvorkommen. Wenn dich also jemand in die Mangel nimmt, sag, daß du mit mir gesprochen hast, und man kann nur hoffen, daß das nicht die entgegengesetzte Wirkung hat. Bye.«
    Ich legte auf und ging zu Beverly hin. Sie hatte den ausgebrannten, verlorenen Ausdruck eines gestrandeten Reisenden auf dem Gesicht. Ich legte einen Arm um ihre Schultern und setzte sie neben den Motelangestellten, der ständig in Farsi vor sich hinmurmelte und dabei zweifellos die gute alte Zeit mit dem Ayatollah beschwor.
    Auf der anderen Seite der Theke befand sich eine Kaffeemaschine.
    Ich ging hinüber und schenkte drei Tassen ein. Der Iraner nahm seine dankbar entgegen, hielt sie mit beiden Händen und trank geräuschvoll. Beverly stellte ihre Tasse auf den Tisch, und ich trank, während wir warteten.
    Fünf Minuten später sahen wir die ersten roten Lichter blinken.

6
    Die zwei uniformierten Polizeibeamten waren muskulöse Riesen, der eine weiß und blond, der andere schwarz wie Kohle, das fotografische Negativ seines Partners. Sie befragten uns kurz und verbrachten den größten Teil ihrer Zeit mit dem iranischen Motelangestellten. Sie konnten ihn instinktiv nicht ausstehen und zeigten es in der Art und Weise, wie das die Polizisten des Polizeidepartments von Los Angeles tun: Sie behandelten ihn übertrieben höflich.
    Bei ihrem Verhör ging es in erster Linie darum, wann er die Swopes zuletzt gesehen hatte, was für Wagen hereingekommen und hinausgefahren waren, wie sich die Familie verhalten und wer mir ihr telefoniert hatte. Wenn man ihm glauben konnte, war das Motel eine Oase der Unschuld und er selbst ein Musterknabe, der nichts Böses sah und hörte.
    Die Polizeibeamten sperrten die Gegend um Einheit fünfzehn mit Markierungsbändern ab. Der Anblick des Streifenwagens in der Mitte des Parkplatzes schien einige Leute beunruhigt zu haben. Ich sah in mehreren Räumen Finger, die vorsichtig die Gardine ein Stück zur Seite zogen. Auch den Polizeibeamten entging das nicht, und sie rissen lauthals Scherze über die Sittenpolizei.
    Einige Zeit danach kamen zwei weitere schwarzweiße Streifenwagen auf das Gelände des Motels und parkten kreuz und quer durcheinander. Ihnen folgten ein Wagen des Ermittlungsdienstes und ein neutraler, bronzefarbener Matador.
    Der Mann, der aus dem Matador stieg, war Mitte Dreißig, groß und kräftig gebaut, mit lockerem, schlampigem Gang. Sein Gesicht war breit und bemerkenswert faltenlos, war aber gezeichnet von den Narben einer heftigen Jugendakne. Buschige, herunterhängende Brauen beschatteten müde Augen von ungewöhnlich hellem Grün. Sein schwarzes Haar war an den Seiten und hinten sehr kurz gehalten, aber oben ziemlich voll, eine Fasson, die keiner mir bekannten Moderichtung entsprach. Sein dichter Schopf fiel ihm in die Stirn. Auch die buschigen Koteletten, die bis an die weichen Ohrläppchen reichten, waren alles andere als modisch, und das galt erst recht für seine Kleidung: ein zerknittertes kariertes Sportsakko mit zuviel Türkis als Grundfarbe, ein marineblaues Hemd, eine graublau gestreifte Krawatte und eine hellblaue Hose, die über die Wildlederstiefel hing.
    »Das muß ein

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