Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flüchtig!

Flüchtig!

Titel: Flüchtig! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
zusammenschlagen lassen, daß er nicht mehr pissen kann, ohne vor Schmerzen laut zu schreien.«
    »Aha, die Demokratie.«
    Er lachte.
    »Die freie Marktwirtschaft. Geld gegen Dienstleistung. Nun ja, es ist nur die letzte Möglichkeit. Wenn sonst nichts hinhaut.«
    »Ich an deiner Stelle würde sie nicht in Betracht ziehen, Mal.«
    »Immer mit der Ruhe, Alex. Es ist bisher alles reine Theorie.«
    »Und was ist mit der Polizei?«
    »Die kannst du vergessen. Wir können schließlich nicht beweisen, daß er es gewesen ist. Ich meine, wir wissen es natürlich, aber es gibt keinen Beweis, oder? Und man wird die Ratte nicht auf Fingerabdrücke untersuchen, da es immerhin kein Verbrechen ist, seinen Lieben Nagetiere ins Haus zu schicken.« Er lachte. »Vielleicht könnten wir den Tierschutzverein ins Spiel bringen. Die erteilen ihm bestimmt eine strenge Lektion. Außerdem ist der Text keine Drohung. Das ist für dich Scheiss-Rechtsverdreher reicht daher nicht aus, wie ich fürchte - die Polizei sieht uns Anwälte nicht wesentlich anders. Ich könnte Anzeige erstatten und einen Bericht schreiben für die Akten, aber glaube nicht, daß die blauen Jungs uns helfen werden.«
    »Ich kenne jemanden bei der Polizei.«
    »Politessen haben nicht besonders viel Einfluß, mein Lieber.«
    »Und Kriminalbeamte?«
    »Das ist etwas anderes. Ruf ihn an. Wenn ich mit ihm reden soll, tu’ ich das gern.«
    »Ich werde sehen, was sich machen läßt.«
    »Fabelhaft. Halte mich auf dem laufenden. Und, Alex - tut mir leid, daß du meinetwegen diesen Ärger hast.« Er schien es eilig zu haben, das Gespräch zu beenden. Bei einem Honorar von dreieinhalb Dollar pro Minute durfte man keine Zeit verschwenden.
    »Nur noch eins, Mal.«
    »Ja, was?«
    »Ruf die Richterin an. Wenn sie bisher noch kein Carepaket bekommen hat, solltest du sie schonend darauf vorbereiten.«
    »Ich habe schon ihren Justizbeamten angerufen. Das bringt uns sicher ein paar Pluspunkte bei ihr ein.«
    »Beschreibe mir dieses Arschloch so genau wie möglich«, sagte Milo.
    »In etwa meine Größe. Knapp einsachtzig. Grobknochig, muskulös. Längliches Gesicht, rötlicher Teint wie bei Bauarbeitern üblich, eingeschlagene Nase, kräftige Kieferknochen. Trägt indianischen Schmuck: zwei Ringe, an jeder Hand einen. Ein Skorpion und eine Schlange. Tätowierungen am linken Arm. Schlecht angezogen.«
    »Augenfarbe?«
    »Braun. Blutunterlaufen. Starker Trinker. Braunes Haar, nach hinten gekämmt, mit Brillantine, wie früher die Teenager.«
    »Hört sich nach einem ziemlich miesen Kerl an.«
    »Stimmt.«
    »Und dieses Bedabye-Motel, in dem er wohnt?«
    »Das war vor zwei Tagen. Ich würde sagen, er haust jetzt in seinem Kastenwagen.«
    »Ich kenne zwei Burschen vom Revier in Foothill. Wenn ich einen von ihnen dazu bringen kann, daß er sich mit diesem Moody unterhält, sind deine Probleme beendet. Der Kerl heißt Fordebrand, und er hat den übelsten Atem, den du je gerochen hast. Fünf Minuten Auge in Auge mit ihm, und dieses Arschloch ist bereit, alles zu bereuen, was es je getan hat.«
    Ich lachte, war aber nicht mit dem Herzen dabei.
    »Das ist dir nahegegangen, was?«
    »Ich hatte schon bessere Vormittage.«
    »Wenn du dich bedroht fühlst und bei mir übernachten willst - bitte sehr.«
    »Danke, aber ich habe keine Angst.«
    »Ruf mich an, falls du dich doch noch anders entscheidest. Und paß gut auf dich auf. Vielleicht ist er nicht nur ein Arschloch, sondern auch ein raffinierter Kerl - aber ich brauch’ dir nichts zu sagen über Irre. Trotzdem, halt die Augen offen, Kumpel.«
    Ich beschäftigte mich den Tag über mit profanen Dingen und wirkte äußerlich entspannt. Aber ich befand mich in einem Zustand, den ich als meine innere Karatestellung bezeichne: ein erhöhter Bewußtseinspegel, der durch ständige Wachsamkeit gekennzeichnet ist. Die Sinne sind sehr scharf eingestellt, bis zu einem Punkt, der nicht weit von Verfolgungswahn entfernt ist; in diesem Zustand ist es völlig normal, wenn man sich in kurzen Abständen umdreht oder immer wieder über die Schulter nach hinten schaut.
    Um diese Wachsamkeit zu erhalten, vermeide ich Alkohol und schweres Essen, mache Lockerungsübungen und praktiziere katas - Karatebewegungen - bis zur Erschöpfung. Dann entspanne ich mich eine halbe Stunde lang mit Selbsthypnose und wecke mit Autosuggestion sämtliche Wahrnehmungsorgane.
    Das habe ich von meinem Lehrer in der hohen Kunst der Selbstverteidigung gelernt, einem tschechischen Juden

Weitere Kostenlose Bücher