Flüchtig!
gehabt. Selbst wenn Houten mit leeren Händen von dort zurückkommt, sind diese Leute aus naheliegenden Gründen verdächtig. Ich fahre heute noch hin, um persönlich mit ihnen zu sprechen. Vor allem mit den beiden, die die Swopes im Western Pediatric besucht haben. Ich habe übrigens zwei meiner Leute ins Krankenhaus geschickt, wo sie jeden verhören werden, der mit den Swopes in Kontakt gestanden hat. Mit dem Sonderauftrag, vor allem dieses Arschloch Valcroix auszuquetschen.«
Ich erzählte ihm von Seth Fiacres Auskunft, nach der die Berührer eine zurückgezogene Gruppe waren, die das Licht der Öffentlichkeit scheuten, und von Mals Bemerkungen über Norman Matthews, der plötzlich zum edlen Matthias ergrünt war.
»Sie sind nicht an Bekehrungen interessiert«, bemerkte ich. »Statt dessen verschließen sie sich vor dem Rest der Welt. Was für einen Grund könnte es geben, daß sie sich so intensiv mit Außenstehenden befaßten?«
Milo schien die Frage zu ignorieren und äußerte seine Verwunderung über die Identität des edlen Matthias.
»Matthews ist der Guru? Ich hab’ mich immer gefragt, was aus ihm geworden ist. Und ich erinnere mich genau an den Fall. Der fiel damals in die Zuständigkeit von Beverly Hills, so daß wir nicht direkt damit zu tun hatten. Den Ehemann hat man übrigens in Atascadero eingesperrt, und er hat sich sechs Monate danach mit Gift das Leben genommen.« Er lächelte mit ernster Miene. »Matthews hieß bei uns ›die Rakete der Rechtsverdrehern‹. Was weiß man schon über die Menschen!«
Wieder gähnte er und trank einen Schluck Kaffee.
»Die Motivation?« wiederholte er meine Frage von vorhin. »Vielleicht glauben sie, die Eltern davon überzeugt zu haben, daß das Kind nach ihrer Methode behandelt werden mußte, und vielleicht haben die Eltern dann doch ihre Ansicht geändert, woraufhin alles außer Kontrolle geriet.«
»Ziemlich weit außer Kontrolle - bei einem solchen Anlaß«, bemerkte ich.
»Vergiß nicht, was ich dir in dem Motelzimmer gesagt habe. Darüber, daß die Welt immer verrückter wird. Es mag ja sein, daß diese Sektenbrüder kamerascheu waren, als dein Professor sich mit ihnen befaßte, doch auch das kann sich geändert haben. Die Verrückten verändern sich genau wie alle anderen Menschen. Jim Jones war hier ein beliebter Mann, ein Vorbild, bis er sich in einen Idi Amin verwandelte.«
»Eine sehr treffende Bemerkung.«
»Natürlich. Ich bin ja schließlich ein Profi.« Er lachte, ein gutes, warmes Geräusch, das sich bald wieder durch Schweigen und unausgesprochene Worte abkühlte.
»Es gibt noch eine Möglichkeit«, sagte ich abschließend.
»Jetzt, wo du es sagst: das stimmt.« Seine grünen Augen verdunkelten sich melancholisch. »Die Kinder sind woanders eingescharrt worden.
Der oder die Täter sind verscheucht worden, bevor sie mit ihrer Arbeit fertig waren, und sind abgehauen. Da draußen gibt es Kojoten und alles mögliche räuberische Wild. Man sieht immer wieder Augenpaare im Dunkeln blitzen - unheimlich.«
Ich war wie betäubt und zugleich zutiefst erschüttert, seit ich von Milo erfahren hatte, daß die beiden Swopes ermordet worden waren, und meine Aufmerksamkeit war die ganze Zeit zwischen Milos Worten und den Bildern, die sie hervorriefen, hin und her gerissen worden. Aber jetzt traf mich das, was er gesagt hatte, mit voller Wucht, und ich errichtete schnell eine Mauer aus Einwänden, um diese grauenvolle Vorstellung abzublocken.
»Ihr sucht doch noch weiter nach dem Jungen, oder?«
Er schaute mich an, verwundert über die starke Betonung, mit der ich es sagte.
»Wir sondieren im Benedict Canyon vom Sunset Boulevard bis weit hinauf ins Valley, Alex, und gehen dort von Tür zu Tür auf die vage Möglichkeit hin, daß jemand etwas gesehen haben könnte. Aber es war dunkel, deshalb ist es unwahrscheinlich, daß wir auf irgendwelche Augenzeugen stoßen. Außerdem sehen wir in anderen Canyons nach, im Malibu, Tobanga und Laurel Canyon und sogar hier im Glen. Tausend Arbeitsstunden, die vermutlich überhaupt nichts bringen.«
Ich kam zurück auf den Mord an den Eltern, denn so schrecklich die Vorstellung sein mochte, sie war immer noch den Gedanken über das mögliche Schicksal von Woody vorzuziehen.
»Sind sie dort, im Benedict Canyon, erschossen worden?« fragte ich.
»Unwahrscheinlich. Auf dem Boden waren keinerlei Blutspuren zu erkennen, und wir haben auch keine Patronenhülsen gefunden. Der Regen bildet da allerdings einen gewissen
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