Flüchtig!
vertrauenerweckend .«
»Vielleicht dachten das die Swopes auch.«
»Schon möglich. Wenn sie diese Art von Verhalten erlebt haben, kann ich gut verstehen, daß sie den Jungen rausholen wollten.«
»Aber nicht bis dahin, wo sie selbst angelangt sind.«
»Klar. - Hör zu, sobald ich sicher bin, daß der Saudi nicht mehr die Straßen unsicher machen kann, wird die Sache Swope mein Fall Nummer eins. Aber es kann noch eine Weile dauern, denn wenn wir uns nicht sehr intensiv mit dem Hosenscheißer befassen, entschlüpft er uns und ist in Riad, ehe wir bis drei zählen können.«
Seine Worte erschreckten mich. Ich wußte, daß Menschenleben für Milo sehr viel bedeuteten, und wenn er glaubte, daß Woody und Nona noch lebten, hätte er alles getan, Saudi hin oder Saudi her, um ihren Fall mit allem Nachdruck zu verfolgen.
Ich schluckte meinen Schrecken und meinen Zorn hinunter.
»Wann bist du zu der Erkenntnis gekommen, daß Nona und Woody tot sind?«
»Was? - Mein Gott, Alex, hör schon auf, jedes meiner Worte zu analysieren. Ich bin ganz und gar nicht zu irgendeiner Erkenntnis gekommen. Ich lasse die Canyons mit einem riesigen Aufgebot von Polizeibeamten durchkämmen, ich überprüfe die Suchmeldungen täglich zwei bis dreimal. Ich sitze also nicht auf meinem Arsch. Aber im einen Fall habe ich einen Verdächtigen in meiner Verhörzelle, während ich im anderen nichts habe. Wie würdest du da die Prioritäten setzen?«
»Entschuldige. Ich fürchte, ich bin zu weit gegangen. Aber es fällt mir schwer, zu denken, daß es für den kleinen Woody keine Hoffnung mehr gibt.«
»Ich weiß, mein Freund.« Sein Ton wurde weicher. »Ich bin auch schon ganz geplättet. Man soll nicht zu viel Zeit mit Blut und Dreck verbringen - sei bloß vorsichtig, damit es dir nicht zu sehr unter die Haut geht. Wieder einmal.«
Unwillkürlich tastete ich nach meinem Kinn.
»Okay. Und wie ist das jetzt mit Raoul? Ich muß wenigstens seiner Freundin etwas sagen können.«
»Es gibt keine Story. Ich habe Houten gesagt, daß er ihn unseretwegen ruhig laufen lassen kann. Der Kerl ist zwar verrückt, aber vorläufig nicht verdächtig. Houten meint, er will ihn nur unter Bewachung freilassen. Seit sie ihn eingebuchtet haben, hat er nicht einen Augenblick aufgehört zu brüllen und sie zu beschimpfen, und sie wollen vermeiden, daß er weiteres Unheil anrichtet, sobald sie ihn auf freien Fuß gesetzt haben. Wenn du glaubst, daß du ihn beruhigen kannst, sage ich Houten, er soll ihn in deine Obhut entlassen. Da du außerdem Psychologe bist, sieht die Sache noch besser aus.«
»Ich weiß nicht«, entgegnete ich. »Ich habe Raoul schon öfters toben sehen, aber so habe ich ihn noch nie erlebt.«
»Es liegt an dir. Wenn er sich nicht beruhigt und bereit ist, mit einem Anwalt zu sprechen, oder wenn ihn niemand abholt, kann er noch eine ganze Weile in einer Zelle in La Vista sitzen.«
Wenn erst bekannt wurde, daß sich Melendez-Lynch in Haft befand, würde das seinem Ruf als Arzt und Wissenschaftler zweifellos schaden. Und ich kannte niemanden aus seiner näheren Umgebung außer Helen Holroyd. Sie war sicherlich nicht dazu geeignet, ihn aus dem Gefängnis von La Vista abzuholen.
»Ich muß hinein, Alex«, sagte Milo. »Jetzt heißt es, Nase zugehalten und wieder in den Clinch mit einem Kerl, der noch nicht mal stubenrein ist.«
»Na schön, ruf den Sheriff an und sag ihm, daß ich in La Vista bin und Raoul abhole, so schnell ich kann.«
»Es geht eben nichts über einen guten Freund. Bye.«
Ich meldete mich wieder bei Helen und teilte ihr mit, daß ich die Entlassung des hochgeschätzten Dr. Melendez-Lynch in die Wege geleitet hatte. Sie dankte mir überschwenglich und war dabei, in Tränen auszubrechen, als ich das Gespräch abbrach und den Hörer auflegte. Zu ihrem eigenen Besten.
15
Kurz nach Mittag glitt der Seville auf die Interstate-Schnellstraße Richtung Süden. In der ersten halben Stunde der rund zweistündigen Fahrt nach La Vista ging es durch den industriellen Unterleib Kaliforniens. Ich fuhr vorbei an Schlachthöfen und Frachtumschlagplätzen, riesigen Autohandelsfirmen, rußgeschwärzten Lagerhäusern und Fabriken, die ihre Ausdünstungen in einen mit Reklametafeln verstellten Himmel rülpsten. Ich hielt die Fenster geschlossen, hatte die Klimaanlage eingeschaltet und hörte Flora Purim auf dem Kassettenrecorder. Bei Irvine veränderte sich die Landschaft schlagartig.
Jetzt breitete sich zu beiden Seiten endloses Grün aus
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