Flüchtig!
Felder mit schwerer, dunkler Erde, darauf in Reihen und regelmäßigen Abständen Tomaten, Paprika, Erdbeeren und Mais, bewässert von Sprinkleranlagen. Ich öffnete das Fenster auf meiner Seite und ließ den ländlichen Geruch nach Stalldung und feuchter Erde herein. Etwas später näherte sich die Schnellstraße wieder dem Ozean, und die Felder wichen den üppigen kleinen Orten des Orange County, bis die Bebauung wieder spärlicher und durch große, brachliegende und von Stacheldrahtzäunen eingegrenzte Areale ersetzt wurde: Land, das der Regierung gehörte und wo, wenn die Gerüchte stimmten, geheime Versuchsanlagen für die Kernforschung verborgen waren.
Gleich hinter Oceanside staute sich der Verkehr auf der Gegenfahrbahn. Die Grenzpatrouille hatte einen Kontrollpunkt für illegale Einwanderer eingerichtet. Grau uniformierte Beamten schauten in jedes Fahrzeug, winkten die meisten weiter und ließen einige aus der Kolonne ausscheren, um sie genauer zu überprüfen. Das Ganze hatte etwas Zeremonielles an sich, was durchaus angemessen erschien, denn der Versuch, auf diese Weise die Flut der Menschen zu stoppen, die sich nach dem besseren Leben in den Vereinigten Staaten sehnten, war etwa so wirkungsvoll, wie wenn man versuchte, den Regen mit einem Fingerhut einzufangen.
Ein paar Meilen dahinter bog ich aus der Schnellstraße aus und fuhr in Richtung Osten, auf einer Staatsstraße, die an Reihen von Schnellimbißlokalen und Tankstellen vorbeiführte und sich schon bald zu einer schmalen, zweispurigen Asphaltstraße verengte.
Die Straße stieg an und kletterte über die Vorhügel auf die Bergketten zu, die noch weit hinten im lavendelblauen Dunst lagen. Zwanzig Minuten hinter der Abzweigung war kein anderes Fahrzeug mehr in Sicht. Ich kam an einem Granitsteinbruch vorbei, wo heuschreckenartige Maschinen in die Erde tauchten und Steine und Sand erbeuteten, dann an einer Pferderanch, einem Feld, auf dem Holsteiner Rinder grasten, dann an weiten, brachliegenden Flächen. Staubige Schilder verkündeten den Bau von ›luxuriös geplanten Wohnsiedlungen‹, doch abgesehen von einem halb fertigen, verlassenen Projekt - Reste einer Gruppe kleiner Häuser ohne Dächer, die sich in eine von der Sonne verbrannten Senke drängten - war das Land hier unberührt und still.
Mit zunehmender Höhe wurde die Vegetation üppiger. Weite Flächen eukalyptusbeschatteter Zitronenhaine und meilenweit ausgedehnte Avocadoplantagen kündigten die Nähe von La Vista an. Der Ort selbst lag in einem Tal am Fuß der Berge, umgeben von schon etwas alpinem Wald. Wenn man nicht darauf achtete, konnte man die kleine Stadt übersehen.
Ortszentrum war die Orange Avenue, und ein großer Teil davon bestand aus einem ausgedehnten Kiesplatz, auf dem Mähdrescher, Ackerfräsen, Bulldozer und Traktoren abgestellt waren. Ein langes, ebenerdiges Gebäude mit einer Glasfront nahm die eine Seite des Platzes ein; ein ausgebleichtes Holzschild über dem Eingang wies auf Verkauf, Verleih und Reparatur von Farmgeräten, Maschinen und Werkzeug hin.
Die Straße war still und auf beiden Seiten mit schrägen Parkbegrenzungen bemalt. Nur wenige Parkbuchten waren besetzt, meistens mit Halbtonner-Kleinlastwagen oder alten Personenwagen. Die Geschwindigkeitsbeschränkung betrug 15 Meilen pro Stunde, wie mehrfach auf Schildern zu lesen war. Ich verlangsamte meine Fahrt und kam an einem Kolonialwarengeschäft vorbei, einem Supermarkt, der Praxis eines Chiropraktikers - ›jede Behandlung acht Dollar, keine Anmeldung erforderlich‹ -, einem Friseurgeschäft mit dem traditionellen, spiralenförmig weiß und rot bemalten Holzpfosten davor und an ›Erna’s‹, einer fensterlosen Taverne.
Das Rathaus war ein zweistöckiger, freistehender Quaderbau aus rosa getünchten Schlackesteinen in der Mitte der Orange Avenue. Über die gepflegte Rasenfläche führte ein von hohen Dattelpalmen flankierter Betongehweg zur messingbeschlagenen Doppeltür. Oberhalb des Eingangs ragten verwitterte Messingstangen mit dem Sternenbanner und der Fahne von Kalifornien in den Himmel.
Ich parkte vor dem Gebäude, trat hinaus in die trockene Hitze und ging zum Eingang. Eine Gedenktafel, die an die Gefallenen von La Vista aus dem Zweiten Weltkrieg erinnerte und 1947 angebracht worden war, befand sich in Augenhöhe links vom Türpfosten. Ich betrat die Eingangshalle, die mit zwei Bänken aus Eichenholz ausgestattet war, schaute mich nach einer Hinweistafel um, fand jedoch keine, hörte das
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