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Flüchtig!

Flüchtig!

Titel: Flüchtig! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Herde und Küchengeräte wieder in brauchbaren Zustand zu versetzen.«
    »Und wie war sie als Arbeitskraft?«
    Ein Lächeln rieselte durch den Zuckerwatte-Bart.
    »Wir sind nach heutigen Moralbegriffen ziemlich asketisch hier. Das können die meisten jungen Leute nicht verstehen.«
    Houten mischte sich ein. »Nona war - oder ist ein sehr lebhaftes Mädchen. Nicht schlecht, aber vielleicht etwas wild und ungebärdig.« Was das hieß, war klar: Sie war ein Problem gewesen. Ich erinnerte mich an Carmichaels Schilderung von der Polterabend-Party. Solche Spontanhandlungen konnten Himmel und Hölle in Bewegung bringen, gerade in einer Umgebung, wo man auf Disziplin achtete. Wahrscheinlich hatte sie versucht, den Männern den Kopf zu verdrehen. Aber ob das mit meiner Sache etwas zu tun hatte, war daraus nicht zu erkennen.
    »Können Sie mir sonst noch etwas mitteilen, das mir möglicherweise hilft?«
    Er starrte mich an. Sein Blick war durchbohrend. Es war schwer, ihm standzuhalten, ohne wegzuschauen.
    »Ich fürchte, nein.«
    Houten rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Die Nikotinsucht, dachte ich. Seine Hand bewegte sich in Richtung Zigarettenpäckchen, hielt dann plötzlich inne.
    »Ich glaube, ich gehe hinaus an die frische Luft«, sagte er, stand auf und verließ den Raum. Matthias schien es kaum zu bemerken.
    »Sie kannten die Familie nicht näher«, fuhr ich fort. »Dennoch haben zwei von Ihren Leuten sie im Krankenhaus besucht. Ich will Ihr Wort nicht anzweifeln, aber ich kann nicht umhin, Ihnen die Frage zu stellen, warum sie das taten.«
    Er seufzte.
    »Wir hatten geschäftlich in Los Angeles zu tun. Baron und Delilah sind dafür ausersehen worden. Und wir fanden, es wäre eine nette Geste, wenn sie die Swopes besuchten. Sie brachten der Familie frisches Obst aus unserem Garten.«
    »Doch nicht zu medizinischen Zwecken, oder?« Ich lächelte.
    »Nein«, antwortete er amüsiert. »Zur Ernährung. Und zum Genuß.«
    »Also war es ein Freundschaftsbesuch.«
    »In gewisser Weise.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Wir suchen nicht die Gesellschaft der Außenstehenden. Wir plaudern nichts Belangloses. Der Besuch bei den Swopes war ein Akt des guten Willens und keineswegs der Teil irgendeines ruchlosen Plans, falls Sie das gemeint haben sollten. Wir haben auch keinerlei Versuch unternommen, uns in die medizinische Behandlung des Jungen einzumischen. Übrigens habe ich Baron und Delilah gebeten, jetzt gleich zu uns zu kommen, damit Sie die Möglichkeit haben, von Ihnen zusätzliche Details zu erfahren.«
    »Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar.«
    Mitten in dem Krater über seiner Braue pochte eine Vene. Er streckte die Hände aus, als wollte er fragen: Was noch? Der entrückte Blick erinnerte mich an jemand anders. Und diese Assoziation rief meine nächste Frage hervor.
    »Es gibt einen Arzt namens August Valcroix, der für Woodys Behandlung zuständig war. Er sagte mir, daß er Sie einmal hier besucht hat. Erinnern Sie sich an ihn?«
    Er schlang das Ende seines Barts um einen seiner langen Finger.
    »Ein oder zweimal jährlich bieten wir interessierten Außenstehenden Seminare über biologischen Gartenbau und Meditation an. Nicht, um die Leute zu bekehren, sondern um sie zu belehren. Es kann sein, daß er an einem dieser Seminare teilgenommen hat. Ich erinnere mich nicht speziell an seinen Namen.«
    Ich versuchte, ihm Valcroix zu beschreiben, doch auch das rief bei ihm keine Erinnerung wach.
    »Ja, das war’s dann. Vielen Dank, daß Sie bereit waren, mir zu helfen.«
    Er saß bewegungslos da, blinzelte nicht einmal. Im schwachen Licht des Raums waren seine Pupillen groß und weit, so daß nur ein schmaler Streifen in der Iris zu sehen war. Dieser Mann hatte hypnotische Augen. Ein sehr brauchbares Requisit für charismatische Persönlichkeiten.
    »Wenn Sie noch irgendwelche Fragen haben, können Sie sie jetzt stellen.«
    »Keine Fragen, aber ich hätte gern etwas mehr über Ihre Philosophie erfahren.«
    Er nickte.
    »Wir sind Flüchtlinge aus einem früheren Leben. Wir haben ein neues Leben gewählt, das auf Reinheit und Fleiß basiert. Wir gehen den üblichen Umweltgiften aus dem Weg und versuchen, uns soweit wie möglich unabhängig zu machen von der Außenwelt. Wir glauben, daß wir die positive Energie auf der Erde stärken, wenn wir uns in diesem Sinne verhalten.«
    Das übliche, dachte ich. Er ratterte es herunter wie die bekannten New-Age-Ergebenheitsadressen.
    »Wir sind keine Killer«, fügte er

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