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Flügel aus Asche

Flügel aus Asche

Titel: Flügel aus Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaja Evert
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der Herrscher an magischen Hilfsmitteln angesammelt hat, sie können nichts dagegen ausrichten. Und … pass auch auf dich auf.«
    Die Soldatin nickte. »Sollte der Herrscher herauskommen und sich diesen Menschen zeigen, kann ich allerdings für nichts garantieren. Sie werden sich auf ihn stürzen wie eine Meute Hunde auf ihre Beute.« Sie kehrte zu der Menge zurück und gab einige kurze Befehle. Ihre Leute verteilten sich, und Adeen erkannte, dass sie günstige Positionen suchten, um die Menge daran zu hindern, das Gebäude zu stürmen.
    »Ich hatte beinahe vergessen, dass du eine Schwester hast«, sagte er zu Talanna.
    »Ich wusste nicht, dass ich
wieder
eine habe«, erwiderte sie. »Aber ich bin sehr froh darüber. Kuama wird hier draußen tun, was sie kann, um unsere Arbeit nicht zu behindern.« Trotz all ihrer Sachlichkeit erkannte Adeen, dass sie froh war, Kuama wiedergesehen und sich nicht im Streit von ihr getrennt zu haben.
    Sie standen vor dem Tor des Palastes, das vier oder fünf Schritt hoch sein musste. Eingelassen in eine schwarze Wand aus mächtigen behauenen Steinblöcken, bestand es aus Siltkristall. Es wirkte nicht wie ein Eingang, sondern mehr wie die glänzende Wasseroberfläche in einem Brunnenschacht, durch die man einen Blick in dessen Tiefe erhaschen konnte. Durch das Kristall sah Adeen einen Teil der Halle, die sich hinter dem Tor befand. Sie war dunkel und mit schwarzrot geäderten Bodenplatten ausgekleidet, die sich nach wenigen Schritten in völliger Finsternis verloren. Säulen und bizarre Gebilde, vielleicht Statuen, warteten darin, starr und nur halb sichtbar wie eine verblasste Erinnerung aus einem Traum. Er blickte in eine fremdartige, schweigende und bedrohliche Welt, und der Gegensatz zu dem Tumult vor dem Eingang hätte nicht größer sein können.
    »Wie kommen wir hinein? Dieser Schlüssel –«
    Talannas Aufmerksamkeit galt mehr dem Tor selbst. Schriftzeichen waren in das Kristall geschnitten, keines größer als eine Fingerkuppe. Sie bedeckten jedes Stück der Tür, übersäten sie mit winzigen stilisierten Bildern. Talanna zog den Zauber hervor, den Adeen von Charrals Rücken kopiert hatte, und rollte das ramponierte Papier auseinander.
    »Ich weiß nicht genau.«
    Adeen blickte ihr über die Schulter und überflog den Text. Im Laufe der Jahre, die er an der Akademie gearbeitet hatte, hatte er sich angewöhnt, Kombinationen von Zeichen rasch zu erfassen und sich einzuprägen. Suchend tastete er mit den Blicken die Tür ab. »Hier ist es. Das sind dieselben Zeichen.«
    Talanna trat einen Schritt auf die Tür zu, um die eingravierten Symbole näher in Augenschein zu nehmen. In diesem Moment gab der Kristall einen durchdringenden, singenden Ton von sich, und mitten in der Tür wurde ein Spalt sichtbar, der sich langsam verbreiterte. Welcher Mechanismus auch immer dafür verantwortlich sein mochte, er blieb unsichtbar. Adeen und Talanna wechselten einen Blick, dann fassten sie einander kurzentschlossen bei den Händen und traten durch die Öffnung.
    So wird also der Rat in den Herrscherpalast eingelassen.
    Hinter ihnen schloss sich der Kristall wieder. Bei dem Gedanken, dass der Weg hinaus vielleicht nicht so einfach sein würde wie der hinein, wurden Adeens Handflächen feucht. Er ließ Talanna los, versuchte, ruhig zu atmen und das Gefühl zu verscheuchen, dass sie in einer Falle saßen.
    Als sich der Spalt wieder vollständig geschlossen hatte, umfing sie Stille. Adeen blickte zurück und sah, wie die Menschen draußen auf die Tür losstürmten, kaum von den Wachen zurückgehalten. Ihre Fäuste hämmerten gegen den Kristall, und ihre wutverzerrten Gesichter schrien, aber kein Geräusch war zu hören. Die halb durchscheinende Wand schnitt sie vollkommen von allem ab, was draußen vor sich ging.
    »Denen fehlt der Schlüssel.« Talanna dehnte die Schultern. »Gute Arbeit, Adeen. Es ist doch nicht verkehrt, einen Schreiber dabeizuhaben.« Ihr Lächeln blitzte auf, und er erwiderte es. Er hoffte nur, dass dies nicht das Ende war.
    Sie standen in einer Halle, die so hoch war, dass sich die steinernen Streben im Dunkel über ihren Köpfen verloren. Die Statuen, deren Formen Adeen von außen erahnt hatte, ragten über ihnen empor: Drachen, Männer und Frauen in Magierroben, manche saßen auf Skadas. Ihre Gesichter lächelten mit unheilvoller Gelassenheit, und ihre befehlenden Gesten strahlten eine stumme Drohung aus, als könnten sie jeden Moment Magie wirken oder durch einen Wink

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