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Flügel aus Asche

Flügel aus Asche

Titel: Flügel aus Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaja Evert
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sich.«
    »Warum bist du nicht in der Schlacht?«, fragte Talanna. »Das ist es doch, was du immer wolltest – für Rashija kämpfen.«
    Kuama schwieg. Adeen spürte die Vertrautheit zwischen den beiden Frauen, Talannas sonderbare, beinahe zärtliche Besorgnis, die sich hinter den scharfen Worten verbarg, und fragte sich, ob sie einander wirklich nur vom Militär her kannten.
    »Ich war dort.«
    »Was ist passiert?«
    »Krieg, das ist passiert«, erwiderte Kuama rauh. »Meine Leute waren darauf vorbereitet, den Feind mit ihren Schriftrollen-Zaubern vernichtend zu treffen. Aber bevor sie nur dazu kamen, die Zauber zu rezitieren, ging ein Pfeilhagel auf sie nieder. Die meisten starben, ohne das Geringste ausrichten zu können, und ich konnte ihnen nicht helfen – meine Skada ist durchgegangen, und meine Magie … die Schriftrollen waren verbraucht, und ich hätte genauso gut nach Sand und Wasser greifen können.« Kuamas Gesicht wurde starr, sie schien durch Talanna hindurch auf das ferne Schlachtfeld zu blicken. »Ich weiß nicht, wessen Fehler es war, ob der Herrscher die Kraft der Erdkriecher unterschätzt hat oder ob meine Leute einfach wertlos für ihn waren.« Ihre Stimme sank zu einem Flüstern herab. »Der Älteste von ihnen war siebzehn. Ich habe sie alle persönlich im Stockkampf ausgebildet.«
    »Es ist nicht deine Schuld«, sagte Talanna leise. Kurz schien es, als wolle sie die Frau umarmen, aber sie tat es nicht.
    »Du warst immer mutiger als ich, Lanna. Ich hatte Zweifel wie du … aber ich habe nicht gewagt, ihnen auf den Grund zu gehen. Es ist ja auch schmeichelhaft, dass man etwas Besonderes sein soll, etwas Besseres. Ich war jung und habe geglaubt, dass ich Verantwortung dafür trage, dass alles so weiterläuft wie bisher. Ich habe weggesehen, als ich angefangen habe zu zweifeln. Wie konnte alles, was ich von Kindheit an gelernt hatte, woran auch jeder andere glaubte, eine Lüge sein? Wenn es eine Lüge gewesen wäre, hätte diese Erkenntnis nicht unsere Welt zerstört? Zum Schluss war ich gleichgültig, hatte mich an das, was ich jeden Tag sah, gewöhnt. Aber vor allem hatte ich Angst: Ich wusste, ich würde alles verlieren, wenn sich etwas ändert. Jetzt hat sich alles geändert, aber es ist besser so.« Kuama hob den Kopf und blickte auf die massige schwarze Silhouette des Herrscherpalasts. »Mein Zögern war ein Fehler, wie ich jetzt weiß. Nun bin ich dankbar, dass zumindest einige meiner Leute noch zu mir halten.«
    »Das ist Adeen«, sagte Talanna und schob ihn einen Schritt nach vorn. Mit einer Sachlichkeit, die Adeen trotz der ernsten Lage fast zum Lachen brachte, fügte sie hinzu: »Er und ich, wir werden den Herrscher töten.«
    »Eine Krähe?« Auf Kuamas bleichem Gesicht zeichnete sich eine Mischung aus Ekel und Überraschung ab, während sie Adeen musterte, und er spürte, wie eine einzelne wütende Flamme in ihm hochzüngelte. Dass ihn jemand so ansah, hatte er nicht mehr nötig. »Wie willst du mit seiner Hilfe … Du bist verrückt, Schwester, noch viel verrückter, als ich jemals geglaubt habe!«
    Das ist es also: Sie sind Schwestern. Deswegen wirken sie so vertraut.
    »Wir Draquer mögen auf der Erde unsere Magie verloren haben«, sagte Talanna, »aber Adeen hat an diesem Ort Macht. Du solltest ihn besser höflich behandeln.«
    »Wenn es ihm gelingt, den Herrscher zu stürzen,
dann
behandle ich ihn höflich.«
    Talanna zeigte sich unbeeindruckt, und Adeen fand, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war, eine Diskussion anzufangen. »Wir können sicher jede Hilfe gebrauchen … Kuama«, sagte er versuchsweise.
    Die Frau lachte ein beinahe erschreckendes Lachen. »Oh nein, ich bleibe hier. Ich habe noch immer die Befehlsgewalt über einen Teil der Wache. Siehst du diese Menschen? Meine Leute werden sie in Ruhe lassen, solange ich hier bin. Ohnehin schwindet der Rückhalt für den Herrscher auch bei den Magiern und den Wachen mehr und mehr. Ich werde dafür sorgen, dass es nicht noch mehr Opfer gibt – wenn ich kann.«
    »Wir müssen in den Palast«, sagte Talanna.
    »Niemand wird euch daran hindern.«
    »Gut.«
    Kuama streckte die Hand aus und berührte Talannas Schulter. »Lanna – ich weiß, was das Richtige wäre, aber ich habe all diese falschen Lehren so lange geglaubt. Ich kann mich nicht einfach dem Mann entgegenstellen, der … Pass auf dich auf.«
    »Halte die Leute vom Palast fern, wenn wir die Tür öffnen«, sagte Talanna, »da drin wären sie verloren. Was auch immer

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