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Flügel aus Asche

Flügel aus Asche

Titel: Flügel aus Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaja Evert
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anhören.«
    Charral hörte die Worte nur zu gut, das erkannte Adeen an der Art, wie er zornig die Kiefer aufeinanderpresste, doch er ignorierte sie beide. Und auch die Aufmerksamkeit der Königin war ganz auf ihn gerichtet. »Wer seid Ihr, dass Ihr diese Unterredung stört?«, fragte sie.
    »Charral. Nur ein Diener unseres geliebten Herrschers, wie die anderen Mitglieder des Rates. Ihr glaubt also, Ihr könnt das Volk täuschen, indem Ihr ihnen eine Leiche zeigt? Das hat überhaupt nichts zu bedeuten. Körper sind sterblich, aber Wahrheiten sterben nicht.« Auf Charrals fahlen Wangen bildeten sich rote Flecken, als er weitersprach. »Die Lehren unseres Herrschers haben Rashija zur Herrin der Welt gemacht. Das ist es, was zählt. Ihr glaubt, Ihr hättet uns vom Himmel geholt, nicht wahr? Uns unsere Magie gestohlen? Damit wir so schwach werden, wie Ihr es seid, und Ihr uns unterwerfen könnt, wenn wir aufeinandertreffen?«
    »Ich bin nicht hier, um mir albernes Gerede anzuhören«, antwortete die Königin. »Geht zu den anderen Ratsmitgliedern und wartet, bis Ihr nach Eurer Meinung gefragt werdet!«
    Zwei Soldaten ergriffen Charral unter den Armen und zerrten ihn mit sich. Er wehrte sich, bekam einen Tritt gegen das Knie, verlor den Halt und wurde zwischen ihnen über das Pflaster geschleift. »Nicht!«, stöhnte er, plötzlich nicht mehr der arrogante Mann, der er noch vor einem Augenblick gewesen war. »Hört auf! Ihr tut mir weh!«
    Mit einer Handbewegung befahl die Königin ihren Leuten, Charral loszulassen. Er raffte sich mit Hilfe seines Stabs mühsam auf und hinkte einige Schritte auf die anderen Ratsmitglieder zu, als wolle er sich nach ihrem Befehl richten. Dann blieb er neben der Trage stehen, auf der die Leiche des Herrschers lag.
    »Gestattet mir, meinem Herrscher die letzte Ehre zu erweisen«, bat er. Seine Stimme bebte, aber Adeen konnte nicht sagen, ob es Erbitterung, Wut oder etwas anderes war, was darin schwang. Er warf einen Blick auf die Königin, dann auf Talanna, und seine Augen streiften auch Adeen. Um seine Mundwinkel lag ein winziges, unheilvolles Lächeln.
    Bevor ihn jemand daran hindern konnte, hatte er die Hand auf die Brust des Toten gepresst und senkte seinen Kopf, als wolle er die Leiche küssen. Die gestickten Schriftzeichen auf der prächtigen Robe glitzerten. Und in diesem Moment begriff Adeen, was Charral vorhatte. Er hätte es die ganze Zeit ahnen müssen, aber er war blind dafür gewesen.
    Diese Schriftzeichen waren vernichtende Worte der Macht, dazu gemacht, das letzte Geheimnis des Herrschers zu schützen – warum hatte er nicht erkannt –
    Charral begann Worte zu murmeln, und die Stickereien glommen in einem trägen weißgoldenen Licht auf.
    Adeen schrie auf und warf sich auf den Magier, um ihn daran zu hindern, den Zauber zu vollenden, aber Talanna war schneller. Sie musste noch rascher verstanden haben, was Charral plante. Unter den überraschten Ausrufen der Soldaten packte sie ihn bei den Schultern und riss ihn zurück. Er hatte sich mit beiden Händen in der Robe des Herrschers festgekrallt, und der altersspröde Stoff gab nach. Im selben Moment griff das Leuchten um sich, verfärbte sich von Gold in ein gleißendes Blauweiß. Helligkeit fraß alles, und vor Adeens Augen verschwand die Welt. Eine heftige Druckwelle warf ihn zurück. Er spürte kaum, wie er auf dem Boden aufschlug. Die Magieentladung drang durch jeden Teil seines Körpers, erfüllte ihn mit Hitze und Kälte zugleich, presste ihm den Atem aus der Lunge, verwandelte seine Augen in Flüssigkeit und sein Blut in Staub. Der Vogel schrie, entfaltete explosionsartig seine Schwingen und hüllte ihn ein in einen Schutzmantel aus schwarzen Federn. Aus der Ferne hörte er Schreie, ohne zu wissen, ob es seine eigenen waren. Dann blieb nur Stille zurück.

    Adeens Lungen schienen sich zu weigern, die Luft zu atmen, die fremdartig nach Stahl, versengtem Fleisch und süßlichem Blütenduft schmeckte. Es fühlte sich an, als wäre sie flüssig, und er glaubte ersticken zu müssen. Unter Husten und Keuchen gelang es ihm schließlich, Atem zu schöpfen. Zunächst begriff er nicht, was geschehen war. War er nicht eben noch mit Talanna an einem Seeufer entlanggewandert, auf der Suche nach einem trockenen Platz? Ein Schleier aus weißem Nebel hatte über der Welt gelegen, ihre Grenzen verwischt …
    Nein, nein, das war lange her, er hatte gekämpft, hatte den Vogel zu sich gerufen –
    Adeen öffnete die Augen, wischte sich

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