Flügel aus Asche
Elemente gefangen war.« Er zögerte. »Ich dachte, es würde Blut brauchen, um die Stadt fliegen zu lassen … die Kraft der Erdmagier …«
Talannas Vater warf ihm einen scharfen Blick zu, halb unwillig, halb erschrocken. »Für eine Krähe weißt du viel.« Er versuchte, sich halb aufzurichten, und fiel mit einem Ächzen zurück. »Aber Blut? Wie hast du dir das zusammengereimt? Nein, Blut ist zu vergänglich. Wir haben es für Schriftrollen-Magie benutzt, für Beschwörungen und andere Dinge dieser Art. Niemals für Flugzauber. Solche Zauber benötigen dauerhafte, verlässliche Magie, die nur in Kristall gebannt werden kann. Das sind die Stelen, die du auf Gabta gesehen hast.«
»Nur woher kommt diese Magie, wenn nicht von den Erdmagiern?«
»Von den Elementen selbst. Aus den Kristallherzen der Drachen, der Elementarwesen, die einst diese Welt bevölkert haben. Du glaubst nicht an diese Geschichten, Krähe?« Talannas Vater verzog die Lippen zu einem müden und traurigen Lächeln. »Wer von uns weiß schon noch, woran er glauben kann. Doch die Magie ist da.«
»Aber die Schriftrollen …«
»Waffen.« Der Ratsherr hob schwach die Hand zu einer kurzen, verächtlichen Geste. »Billige Massenware, aber notwendig, um unsere militärische Überlegenheit am Boden zu sichern. Ja, Krähe, wir brauchten die Schreiber, um sie herzustellen. Wir brauchten ihre Erdverbundenheit, aber zugleich mussten wir darauf achten, dass sie in Unkenntnis bleiben über ihre Macht. Deshalb haben wir Kinder vom Boden gestohlen. Sie wurden auf die Insel Gabta gebracht und dort auf ihre Fähigkeiten geprüft. Und wir haben Mischlinge aus unserem Volk für diese Aufgabe verwendet, sofern sie über die entsprechende Begabung verfügten.«
»So wie mich«, murmelte Adeen. »Das also ist damals auf Gabta passiert – ich wurde getestet, ob ich diese Erdmagie in mir trage. Und da es so war … bin ich nicht getötet, sondern in die Akademie gesteckt worden.«
»So wird es gewesen sein«, bestätigte Talannas Vater. »Aufgrund der Gesetze gab es immer nur wenige Mischlinge, und normalerweise wurden sie rasch beseitigt. Aber die Gabe der Erdmagie war zu selten, dass wir es uns hätten leisten können, darauf zu verzichten. Ohne die Schreiber hätten unseren Bodentruppen irgendwann nicht mehr genug Kampfzauber zur Verfügung gestanden.«
In Adeen stieg Wut auf, feurig wie die Glut im Inneren des Aschevogels. Er wusste, dass ihn die Regierung für ihre Zwecke benutzt hatte, solange er in der Akademie gearbeitet hatte, aber erst auf dem Boden war ihm klargeworden, wie viel Macht er und die anderen Schreiber gehabt hatten, ohne es jemals zu wissen. Er lebte als Einziger von ihnen noch; alle anderen hatten für diese Macht mit dem Leben bezahlt, obwohl sie sie nie gegen diejenigen eingesetzt hatten, die sie unterdrückten. Und wie sie ihm sein Leben gestohlen hatten – all die düsteren und verschwommenen Erinnerungen, die er an Gabta hatte, an gezackte, brutale, beißend grüne Magie, die seinen Körper wie ein Fieber durchflutete – nur ein Test wie unzählige andere.
»Und trotz dieser Waffen seid Ihr nun hier«, sagte Adeen, »und die Schreiber sind tot. Ihr behauptet, Euer Leben sei zerstört, aber Ihr habt so viele andere Leben …« Mitten im Satz brach er ab. Er wusste nicht, welche Worte geeignet waren, um einen solchen Vorwurf zu formulieren, war nicht sicher, welchen Sinn sie in diesem Augenblick haben würden. Denn der Blick des Ratsherrn ging durch ihn hindurch, als sehe auch er die Bilder, die vor Adeen aufstiegen, Bilder vom Schreibersaal und seinem blutgetränkten Boden.
Als sie das Zelt verließen, nahm sich Adeen vor, sich alles genau einzuprägen: Talannas warme Hand auf seiner Schulter, den bitteren Geruch nach Heilkräutern und den sonderbaren Ausdruck auf dem Gesicht des besiegten Ratsherrn, eine Mischung aus Verzweiflung und Erleichterung.
Leret, der königliche Stratege, war ihnen eine große Hilfe. Er machte zwar keinen Hehl daraus, dass es ihm widerstrebte, Rashija nicht niederzubrennen, sondern der Stadt Gelegenheit zu geben, sich von den Folgen der langen Gewaltherrschaft zu erholen. Doch er führte die Befehle seiner Herrin trotz seiner Verletzungen pflichtbewusst aus und kümmerte sich um alle nötigen Anweisungen für die Soldaten, die als Schutztruppen in Rashija zurückbleiben sollten, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Kuama, Talannas Schwester, arbeitete Seite an Seite mit Leret. Sie stellten Pläne auf,
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