Flügel aus Asche
die Brust, überzog ihre Schuppen mit einer Rauhreifschicht. Das Tier ließ ein halbersticktes Zischen hören und taumelte rückwärts, dann knickten ihm die Beine ein. Sein Reiter versuchte abzuspringen, doch zu spät: Die Skada stürzte zu Boden und begrub ihn halb unter sich. Ihre krallenbewehrten Hinterbeine traten in die leere Luft, und ihr Schweif zuckte. Die Bewegungen des Tieres wurden immer langsamer, doch seine funkelnden Augen verrieten, dass es nur gelähmt war, nicht tot. Der Reiter schrie vor Schmerz. Ringsum waren die übrigen Skadas voller Schreck zurückgewichen, und in diesem Moment folgten auch die anderen Rebellen Adeens Beispiel.
Yoluan hatte einen Knüppel aufgehoben und schlug auf den gestürzten Magier ein, ehe er wieder auf die Beine kommen konnte. Neben ihm wehrte Nemiz, gewandt trotz seines lahmen Beins, mit dem Degen die Schwertattacke eines Reiters ab, der in vollem Galopp auf ihn zupreschte. Talanna wich geschmeidig dem bleichen Zucken eines Kampfzaubers aus, und die Funken fraßen sich neben ihren Füßen ins Gras. Die Luft war erfüllt vom Fauchen der Zauber, vom erschrockenen Zischen der Skadas und den Rufen der Soldaten.
»Halt!«, rief Talanna. »Nicht alle Rollen verbrauchen!« Sie selbst schleuderte Feuerzauber wie ein wütender Flammengeist; bis zu den Ellbogen waren ihre Arme schwarz von Ruß. Um sie qualmte das Gras.
Auf einmal klaffte eine Lücke in der Umzingelung.
»Dort!«, brüllte Nemiz. Irgendwie gelang es ihm, mit seiner dröhnenden Stimme den Lärm zu übertönen. »Brecht durch, bleibt nicht stehen, was auch passiert! Wir müssen über die Brücke!«
Er setzte sich als Erster in Bewegung und lief hinkend los, mit verzerrtem Gesicht, die Klinge blankgezogen. Adeen folgte ihm, noch halb benommen und fassungslos über seinen Mut. Der unvermittelte Einsatz von Magie und der Angriff auf ihren Anführer hatten die Truppen des Herrschers erstarren lassen, als wären sie ebenfalls Opfer des Eiszaubers geworden. Aber sie hatten sich schnell wieder im Griff. Sie trieben ihre Reittiere näher, und die ersten Schwerthiebe hagelten auf die Rebellen herab. Auf Adeen fiel ein Schatten, und als er sich umblickte, ragte dort eine Skada auf, eine schwarze Silhouette vor dem roten Himmel. Die Bewegung der Klinge war nicht mehr als ein Lichtblitz in seinem Augenwinkel. Beißende Kälte streifte seine Schulter. Er warf sich zu Boden, rollte durch den Schlamm und tastete gleichzeitig nach seinem Dolch. Zuerst glitten seine Finger von dem glitschigen Griff ab, aber dann gelang es ihm doch, die Waffe zu ziehen. Zugleich presste sich der hornige Fuß der Skada keine Handbreit neben seinem Gesicht in die Erde – viele Skadas wurden dazu ausgebildet, den Gegner im Kampf niederzutrampeln, und genau dazu versuchte der Reiter, sein Tier gerade zu bringen. Eine heiße, rote Welle schlug über Adeen zusammen. Er zielte mit dem Dolch nach dem Bein der Skada, biss die Zähne zusammen, als die Klinge von den Schuppen zurückprallte, und stieß noch einmal zu. Diesmal quoll Blut zwischen den Schuppen hervor und sprühte in sein Gesicht. Die Skada schrie und bäumte sich auf. Adeen würgte, drehte sich auf den Bauch und stemmte sich hoch. Der Reiter zerrte an den Zügeln, versuchte, die Skada wieder unter Kontrolle zu bringen. Wie rasend drehte sich das Tier im Kreis, während sein Schweif wild peitschte. Adeen sah, wie der Mann unter dem Drachenhelm voller Wut den Mund aufriss, doch der Lärm ringsum verschluckte seine Flüche. Im nächsten Moment wurde er über den Kopf seines Reittiers hinweg aus dem Sattel geschleudert, landete im Schlamm und blieb regungslos auf der Seite liegen.
Adeen starrte ihn an. Der Magierkrieger hatte versucht, ihn zu töten. Nun war er bewusstlos, zumindest benommen, und würde sich nicht wehren. Er musste nur seinen Dolch nehmen und …
Doch als er die Waffe erneut heben wollte, war sein rechter Arm taub und gehorchte ihm nicht. Ehe er ganz begriffen hatte, was geschehen war, traf ihn unvermittelt ein Stoß in die Seite und schleuderte ihn nieder: Ein Schweifhieb der verletzten Skada. Adeen rang nach Atem. Den Dolch hatte es ihm aus der Hand geschlagen, blind tastete er danach, bis er endlich den Griff wieder zwischen den Fingern spürte. Um ihn trampelten Füße in schlammigen Stiefeln, jemand stolperte über ihn, rannte über ihn hinweg …
»Macht sie nieder!«, schrie der Anführer. Seine Stimme war in dem Tumult kaum zu hören. »Tötet sie alle, aber die
Weitere Kostenlose Bücher