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Flügel aus Asche

Flügel aus Asche

Titel: Flügel aus Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaja Evert
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Draquerin brauchen wir lebend!«
    Eine Hand griff nach Adeen und zerrte ihn auf die Füße. Er sah in Talannas grimmiges Gesicht. »Lauf!«, fuhr sie ihn an und gab ihm einen Stoß in den Rücken. Dann wirbelte sie herum. Ein Magierkrieger trieb seine Skada direkt auf sie zu. Das Tier hatte den Kopf gesenkt und den Schnabel zum Angriff aufgerissen, der Reiter holte mit dem Schwert zum Schlag aus. Doch noch ehe er sie erreicht hatte, wuchs ein Funke zwischen Talannas Fingern zu einer Kugel aus weißglühendem Licht. Eine Hülle aus Feuer schloss sich um ihren Körper, und Flammen schlugen aus ihren Schultern empor. Ein gleißender Feuerstrahl zischte aus ihren Händen auf den Angreifer los, fraß sich in die Seite der Skada, und beide stürzten in einem Wirbel aus klirrender Rüstung, Flammen, Stahl und zuckenden Krallen ins Gras. Talanna wich dem peitschenden Schweif der Skada aus, der sie beinahe von den Füßen gefegt hätte.
    »Lauf, Adeen!«, schrie sie erneut.
    Wie von allein setzten sich Adeens Beine in Bewegung. Hinter sich fühlte er den Boden beben. Wo war Nemiz? Das Schreien der Menschen und Skadas, das Klirren der Waffen und der heulende Wind vermischten sich in seinen Ohren zu einem Brausen, aus dem kaum noch Einzelheiten herauszuhören waren.
    »Benutzt die Zauber!« Das war Nemiz. »Talanna, verdammt, tu was!«
    Plötzlich bemerkte Adeen, dass er sich auf freiem Feld befand: Die Umzingelung hatte sich aufgelöst – oder war er ihr entkommen? Mit der linken Hand – die rechte ließ sich noch immer nicht bewegen – schob er den Dolch in seinen Gürtel. Die Schlieren und Flecken vor ihm flossen zu Formen zusammen, und er konnte erkennen, dass Nemiz und einige seiner Leute die Brücke erreicht hatten. Die Truppen des Herrschers dagegen sahen aus, als hätte sie der Wind ergriffen und durchgeschüttelt. Viele waren von ihren Skadas abgeworfen worden und lagen im Gras, während ihre Reittiere mühsam versuchten, wieder auf die Beine zu kommen. Die eisverkrusteten Schuppen der Skadas verrieten, was sie niedergeworfen hatte. Offenbar setzte der Eiszauber den Echsen besonders heftig zu. Zwischen den Tieren lagen reglose Körper, manche mit roten Umhängen, andere in einfacher Kleidung. Einige Magierkrieger rannten mit blanken Schwertern auf die Rebellen zu. Für Adeen wirkte es, als bewegten sie sich kaum von der Stelle. Alles schien langsamer abzulaufen, unwirklich und fremd wie in einem Traum.
    »Hierher!«, brüllte Nemiz. »Adeen!«
    Adeen stolperte auf ihn zu. Auf Nemiz’ Klinge glänzte Blut. Mit der freien Hand packte er Adeen.
    »Was ist mit Talanna?«, fragte Adeen. Seine Lippen schienen die Worte kaum formen zu können.
    »Sie kommt zurecht. Lauf, Krähe! Über die Brücke, los! Du bist der Nächste!«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, warf er sich wieder in den Kampf. Offensichtlich wollte er die Wachen so lange aufhalten, bis alle seiner Leute auf der anderen Seite angekommen waren.
    Adeen wandte sich zu der Brücke um. Zum Glück gab es ein Geländer, an das er sich klammern konnte. Das Metall der schwingenden Bodenplatten schnitt in seine nackten Füße, es war kalt und glitschig. Kaum hatte Adeen die ersten Schritte hinter sich gebracht, traf ihn der Wind mit voller Gewalt, schüttelte die Brücke, dass die Platten aneinanderklirrten. Mit aller Kraft hielt er sich fest. Er fühlte sich, als hinge er mitten im Nichts, in einer Leere zwischen den Welten.
    Ruhig!,
ermahnte er sich.
So leicht wirst du nicht stürzen. Denk logisch! Die Brücke ist sicher, sonst würde der Herrscher seine Magier nicht auf diesem Weg nach Gabta schicken. Achte nicht auf den Wind, denk nicht daran, was unter dir ist.
    Unter ihm …
    Unter mir ist Luft, ich spüre sie, als wäre sie etwas Festes. Sie presst sich gegen meinen Körper, die Kälte des schneidenden Windes dringt durch meine Federn. Die Wolken weichen zurück, ich sehe Wald, endlose Flächen in sanftem Grün, das schillernde Geflecht von Flüssen …
    Nein, nicht das, nicht jetzt!
    Ich habe keine Angst, denn die Flügel sind ein Teil meines Körpers, und das Fliegen ist ein Teil meiner selbst, und ich weiß, was zu tun ist.
    Und in diesem Moment kam es Adeen so vor, als hätte er wirklich Flügel, schwarze Flügel, und als gäbe es nichts Selbstverständlicheres, als sich von der Brücke fallen zu lassen, die Flügel auszubreiten und auf den wilden Luftwirbeln in die Tiefe hinabzugleiten.
    Er blieb stehen, um durchzuatmen, schloss kurz die Augen und klammerte

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