Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flügel aus Asche

Flügel aus Asche

Titel: Flügel aus Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaja Evert
Vom Netzwerk:
Ziel erreichten, dennoch – früher hätte er vielleicht um Gnade gefleht, beteuert, dass er nichts Böses plane, doch jetzt ließ er sich schweigend vorantreiben. Er hatte den Absturz von Gabta überstanden, er war dem Herrscher entkommen, was konnten ihm diese Leute wohl antun, was damit zu vergleichen wäre?
    Schließlich hörte er Stimmengewirr, das erstaunte Murmeln vieler Menschen, das ebenso rasch wieder verklang. Stoff raschelte, und der Geruch nach feuchtem Leder stieg in Adeens Nase. Durch die Binde vor seinen Augen flackerte schwacher Feuerschein, er fühlte Wärme auf seinem Gesicht. Jemand löste den Knoten an seinem Hinterkopf, so dass er sich endlich umschauen konnte.
    Zunächst nahm er nur einen Schatten vor dem schwachen Licht einer Feuergrube wahr. Dann formte sich der Schatten zu der Frau, die befohlen hatte, sie zu fesseln. Sie hatte ihren Umhang abgelegt. Zu seiner grenzenlosen Überraschung sah Adeen, was das Fellgewand bisher verborgen hatte: Die Haut der Frau hatte die Farbe der Erde, der Blätterschicht am Waldboden, dunkler als die der dunkelhäutigsten Schreiber, denen er in der Akademie jemals begegnet war. Plötzlich erschien es ihm absurd, dass sie vorhin von Sumpflöchern gesprochen hatte – so viel anders als er sah sie nicht aus! Sie war noch jung, nicht älter als er, mit Augen wie Kohlebrocken. Das schwarze Haar hing ihr, zu vielen verfilzten Zöpfen geflochten, weit auf den Rücken hinab. Neben ihr drängten sich drei andere Gestalten in schlammiger und abgerissener Kleidung in dem engen Raum. An der gebeugten Haltung erkannte Adeen den Mann wieder, der sie bereits vorhin begleitet und ihr etwas zugeflüstert hatte. Es roch nach schalem Bier und ungewaschener Haut.
    Mit einem raschen Seitenblick überzeugte sich Adeen, dass Yoluan noch bei ihm war. Ja, da stand er und zog die Nase hoch.
    Er befand sich in einer Räumlichkeit, wie er sie noch nie gesehen hatte. Der Raum maß kaum fünf Schritt. Die Wände bestanden nur aus einer dünnen Schicht zusammengenähter Tierfelle. Schlanke, gebogene Balken bildeten die Stützpfosten, und das Dach hatte eine Öffnung, durch die der Rauch in die Höhe stieg. Adeens nackte Füße standen auf Erde, die mit etwas Stroh bestreut war. Trotz des Feuers war es erbärmlich kalt. Vage erinnerte er sich, dass Rasmi ihm einmal von ähnlichen Unterkünften erzählt hatte. Man nannte sie Zelte, und angeblich konnte man sie rasch auf- und abbauen. Soldaten benutzten sie, um auf ihren Kriegszügen einen Platz zum Schlafen zu haben.
    »Wir werden eure Geschichte anhören«, sagte die Frau, »und dann entscheiden, was wir mit euch machen.« Ihre Rechte spielte unablässig mit einem Messer, ließ den Griff durch die Finger gleiten. Zuerst hielt Adeen es für eine Drohgebärde. Doch als er in das Gesicht der Frau blickte, sah er, dass es von tiefer Erschöpfung gezeichnet war. Eines ihrer Augenlider zuckte, während sie ihn anstarrte. Offenbar war sie übernächtigt und nervös, auch wenn sie versuchte, es nicht zu zeigen. Adeen wusste nicht, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen war.
    »Ich habe noch nicht einmal meinen Namen genannt«, sagte er. »Ich bin Adeen, und das ist Yoluan.« Er wartete darauf, dass die Frau sich ebenfalls vorstellen würde, und als sie es nicht tat, fragte er: »Und wer seid Ihr?«
    Sie schnaubte verächtlich. »Tu doch nicht so, als würdest du mich nicht kennen!«
    Adeen wechselte einen Blick mit Yoluan, der die Achseln zuckte. Die Augen der Frau wurden schmal.
    »Keyla«, sagte sie gefährlich leise. »Aber vielleicht kennt ihr mich auch als Die Wölfin. Oder wollt ihr ernsthaft behaupten, dass ihr hiervon noch nie gehört habt?« Sie löste den Gürtel um ihre Hüften und ließ ihn vor Adeens Augen hin- und herpendeln. Er war aus farbigem Material geflochten, rot, blau und silbrig.
Das Haar von Draquern,
schoss es Adeen durch den Kopf, und ihn überfiel heftiger Widerwille.
Wenn Talanna diesen Leuten in die Hände gefallen ist …
    »Die Himmelsgeborenen«, sagte Keyla voller Verachtung, »machen zwar die größten Worte von allen, aber ohne ihre Schutztruppen und Schriftrollen-Zauber sind sie verloren, weil sie so magisch sind wie Kieselsteine im Fluss. Sobald wir sie erwischen, gibt es für sie kein Entkommen.«
    Dann sprach sie offenbar doch nicht von den Draquern? Die zeichneten sich ja immerhin durch ihre außerordentliche magische Begabung aus. Adeens Verwirrung wuchs.
    »Meine Leute und ich gehören zu den wenigen in

Weitere Kostenlose Bücher