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Fluegel der Dunkelheit

Fluegel der Dunkelheit

Titel: Fluegel der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Planert
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Realität entsprachen, war für Liana schwer
vorstellbar.
    Alina war tot. Sie
war nicht unsterblich gewesen, auch ihr Mann war gestorben, wenn sie
Bucuresti glaubte. Nicolae und Alina hatten einen Sohn, der diesem
Wahnsinn entkommen konnte, das hatte Bucuresti jedenfalls behauptet.
Dann war Veit gar nicht Bettinas Sohn, sondern das Kind von Alina.
Der Anwalt hatte gemeint, Alina sei seit vier Jahren tot, Veit war
aber höchstens zwei Jahre alt. Liana rieb sich das Gesicht. Bettina
hatte gesagt, sie habe sich dafür hergegeben. Es wäre doch denkbar,
dass man Alinas Eizellen eingefroren und Bettina eingepflanzt hatte.
Sie hatte sich bereit erklärt, dieses Kind auszutragen. Deshalb ging
keiner der Beteiligten zur Polizei, Bettina nicht, Bucuresti und
Victor schon gar nicht. Gleich einem Puzzle fügte sich die
Angelegenheit zu einem Bild zusammen. Diese Behauptung würde ihr
niemand abkaufen. Während ihr Verstand protestierte, begann Lianas
Inneres sich mit dieser Tatsache abzufinden. Sie musste diesen
Anwalt zur Rede stellen. Jetzt wollte sie die ganze Geschichte
erfahren. Entschlossen drehte sie sich um und ging den Waldweg ein
Stück zurück. Mitten auf dem Weg lag ein zusammengefaltetes Papier.
Eben lag es noch nicht hier, dessen war sie sich sicher. Sie schaute
sich um. So weit sie inmitten der Büsche erkennen konnte, war keiner
zu sehen. Der Wind rauschte in den Bäumen, wog die Baumkronen sacht
hin und her. Vereinzelte Sonnenstrahlen fielen zwischen dem dichten
Blätterwerk auf den Waldboden. Der sandige Weg offenbarte lediglich
ihre eigenen Fußspuren. Hier war schon seit längerem niemand mehr
lang gegangen. Möglicherweise hatte es der Wind hergeweht. Liana hob
das Papier auf und faltete es auseinander. Es war ein Teil einer
Karte, um genau zu sein zwei Segmente einer größeren Landkarte.
Jeder der Ausschnitte wies einen markierten Punkt auf. Es sah aus,
als hätte jemand mit einem gekreuzten Schnitt den Ort markieren
wollen. Der eine Teil zeigte ein Waldstück in der Nähe von Potsdam,
die andere Karte stammte aus der nördlichen Region Berlins und der
markierte Punkt war ein Krankenhaus.
    Liana sah sich
nochmals in alle Richtungen um. Niemand war zu sehen, doch sofort
überfiel sie das unbehagliche Gefühl, beobachtet zu werden. Das
Erlebnis mit Mario wurde beängstigend lebendig. Sie rannte den Weg
hinunter, als wäre der Teufel hinter ihr her. Völlig außer Atem
erreichte sie den Hof.
    »Kinder ernähren
sich instinktiv richtig.« Hannah stand mit dem Rücken zu Liana in
der Tür zum Stall. »Veit hat Anämie. Er wird das brauchen.«
    Herr Sperling sah
Liana kommen. »Dr. Majewski. Ist alles in Ordnung? Sie sind ganz
blass.«
    Liana winkte ab.
»Ich werde Sie von Veit erlösen. Das ist ja kein Zustand.« Sie
schnappte nach Luft.
    Hannah drehte sich
in ihrem Rollstuhl zu Liana um. »Bitte nicht. Mir geht es doch schon
viel besser. Bitte lassen Sie Veit noch hier.«
    Liana überlegte, ob
Hannah auch betteln würde, wenn sie ihre Vermutungen kannte. Sie
stellte sich vor, wie Veit eines Tages Hannah in den Hals biss. Das
konnte sie nicht verantworten.
    Unsinn! Von
Vampirkindern hatte sie noch nie gehört. Was wusste sie denn über
Vampire? Bei Victor wäre Veit wahrscheinlich am besten aufgehoben.
Und was, wenn Victor nur auf eine Möglichkeit wartete, seine
Blutgier an ihrem Hals zu stillen? Das hätte er gestern Abend
einfacher haben können. Nein! Sie musste dieses Chaos in ihrem Kopf
beenden und diesen Rechtsanwalt aufsuchen.
    Sie schnappte sich
Veit, um ihn sauberzumachen.

    Bei Morgengrauen
erreichte Traian die alte Halle der Stahlfabrik in Hennigsdorf.
Gerade noch rechtzeitig schaffte er es, sich vor dem Sonnenlicht in
Sicherheit zu bringen. Seine drei Freunde schlummerten längst unter
seinem Mantel. Seine Schritte erschütterten die Stille, als störe
er die Ruhe der verlassenen Fabrikhalle. Von den meterhohen
Stahlträgern, auf denen die Last des riesigen Blechdaches ruhte,
bröckelte der Rost, war im Laufe der Zeit auch auf den kahlen,
brüchigen Betonboden gerieselt. Traian sah sich auf der Suche nach
einem Schlafplatz um. In einem abgetrennten, etwas höher gelegenen
Bereich, welcher früher vielleicht ein Büro gewesen war, fehlte
zwar die Tür, doch zum Schlafen genügte das vollkommen. Hier war er
vor dem Sonnenlicht in jedem Fall geschützt. Mit seiner Decke aus
dem olivefarbenen Seesack legte er sich auf den Boden. Er spürte die
Müdigkeit in allen Knochen, aber einschlafen konnte er

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