Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fluegellos

Fluegellos

Titel: Fluegellos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Cardinal
Vom Netzwerk:
sie.
    Er schüttelte wieder den Kopf. Nicht, weil er ihr nicht zustimmte, sondern, weil er es nicht wahrhaben wollte. »Nein, bestimmt nicht. Es gibt noch andere Lösungen. Das hier kann nicht die einzige sein«, log er.
    »Du glaubst selber nicht daran«, erwiderte sie mit heiserer Stimme.
    Valentin umschloss sie fester. Er wollte nichts mehr sagen. Er wollte sie jetzt einfach nur noch halten, davor bewahren, sich wieder etwas anzutun.
    »Du hast keine Ahnung, wie das ist«, flüsterte sie.
    »Nein, habe ich nicht«, gab er leise zu. Hatte er wirklich nicht. Er hatte keine Ahnung, wie verzweifelt sie sein musste, dass sie über Selbstmord nachdachte. Aber sie hatte auch keine Ahnung, wie er sich jetzt fühlte. Was für ein Gefühl das war, wenn man darum gebeten wurde, jemanden einfach so sterben zu lassen.
    »Bitte.«
    Valentin schüttelte verbissen den Kopf. »Ich bringe dich jetzt ins Krankenhaus. Die sollen nachsehen, ob mit dir alles in Ordnung ist. Und dann reden wir weiter.« Jetzt sah er zu ihr hinunter. Er hatte recht gehabt. In ihren Augen spiegelten sich Schmerz, Verzweiflung und Müdigkeit.
    Sie wollte nicht mehr.
    Er blendete diesen Gedanken aus und griff nach dem Rand der Badewanne, um sich aufzurichten. Kaum stand er aufrecht, griff er nach Ninas Arm und zog sie zu sich hoch. Sie war so kraftlos, dass sie ihm in die Arme fiel.
    »Geh dir etwas anziehen«, murmelte er und legte ihr eine Hand an den Hinterkopf. Er spürte, wie sie an seiner Schulter weinte.
    »Mit mir ist nichts in Ordnung, Valle«, schluchzte sie. »Ich bin kaputt. Ich bin ein kaputter Mensch. Ich habe einen Wackelkontakt.«
    Valentin schüttelte den Kopf und drückte sie fester an sich. Sein Blick wanderte durch das Badezimmer, auf der Suche nach irgendetwas, das er ihr überziehen konnte. Letztlich landete sein Blick auf dem weißen Kleid, das sie am Vortag getragen hatte. »Du bist ein Engel«, flüsterte er, während er danach griff. »Du bist ein Engel, kein kaputter Mensch. Wirklich.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Du hast doch gehört, was Alex gesagt hat.«
    Valentin nickte. »Alex ist nicht mehr ganz dicht, seit ihn diese Granate fast in die Luft gerissen hat. Er ist vollkommen wahnsinnig. Du hast doch seine Wohnung gesehen. Ist an dem was normal? Das liegt bestimmt an dem Kranwasser, das er die ganze Zeit säuft.«
    Er merkte, wie sich Ninas Brust kurz schneller hob und senkte. »Dann bin ich auch wahnsinnig.«
    »Du hast von diesem Zeug getrunken?«, fragte er.
    Ihre Brust bebte wieder. Jetzt realisierte er, dass sie lachte. »Ja.«
    Er erwiderte ihr Lachen lauter und schüttelte den Kopf. »Spätestens jetzt bist du verloren.« Er drückte sie leicht von sich, reichte ihr ein Handtuch und hielt ihr das Kleid hin. »Zieh dir das über, wenn du nicht willst, dass die ganze Nachbarschaft dich nackt sieht.«
    Sie sah ihn kurz an und schniefte. »Sehe ich so schlimm aus?«, fragte sie und wischte sich mit dem Handtuch die Tränen aus dem Gesicht.
    »Was?« Er spü rte, wie er rot anlief, und wandte augenblicklich den Blick von ihr ab. »Nein. Ganz und gar nicht. Du siehst gut aus. Aber es ist vermutlich doch nicht so gut, sich ganz Köln so zu präsentieren.«
    Valentin sah aus den Augenwinkeln, wie sie ihn leicht anlächelte und dann das Kleid entgegennahm. Er räusperte sich und schloss die Augen, während sie sich anzog. Er hatte keine Sekunde daran gedacht, dass sie ihm nackt in den Armen gelegen hatte. Aber jetzt, wo sie es erwähnte, begann er, es zu realisieren. Und sie sah wirklich nicht schlecht aus. Im Gegenteil.
    »Danke«, hörte er sie sagen.
    Er blinzelte in ihre Richtung. »Wofür?«
    »Für das Kompliment.«
    Valentin brauchte einige Zeit, um zu realisieren, dass sie von seinen Gedanken gesprochen hatte. Er schluckte. »Oh. Bitte.«
    Sie war fertig angezogen und warf einen Blick auf die Badewanne. »Wirklich, mit mir ist alles in Ordnung«, murmelte sie. »Ich muss nicht ins Krankenhaus.«
    Er schüttelte den Kopf. »Gar nichts ist in Ordnung. Du kommst mit. Ich muss sowieso hin.« Jetzt, wo der anfängliche Schock abgeklungen war, arbeitete sich der Schmerz in seiner Schulter in den Vordergrund. Es war wahrscheinlich nicht so ohne, wie er anfangs gedacht hatte.
    »Wieso?«, fragte Nina.
    »Ich habe mir vermutlich irgendwas an der Schulter zugezogen, als ich unten die Tür aufgestoßen habe.«
    Nina nickte. Sie wirkte besorgt, und gleichzeitig etwas beschämt. Er wünschte sich, ihre Gedanken lesen zu können. Tat

Weitere Kostenlose Bücher