Fluegelschlag
einmal umzudrehen, verließ er das Zelt.
Bébête schnurrte. »Ich wusste gleich, dass sie die Richtige für ihn ist. Und sie hat das Feuer!« Sie machte einen Buckel, legte den Kopf schräg und sah Juna direkt an. »Obwohl mir beinahe das Herz stehengeblieben ist, als du es entfacht hast. Weißt du nicht, dass es verboten ist?«
»Wie hätte ich mich denn sonst gegen die Ungeheuer wehren sollen?«
»Ach ja, das war bedauerlich. Du hättest auf keinen Fall in die Schatten gehen dürfen. Hat dein Herr dir denn überhaupt nichts beigebracht?« Sie machte eine abwertende Handbewegung und stolzierte mit hoch erhobenem Schwanz davon.
»Wie meint sie das?«
ZinZin hob träge ihren Kopf von einem seidenen Kissen. »Man merkt, dass du neu hier bist. Der Marquis hat das Feuer in seinem Palast verboten. Wer gegen seine Anweisungen verstößt, wird hart bestraft. Aber das weißt du natürlich.«
»Nichts weiß ich. Und weil wir gerade dabei sind: Wer, bitte schön, soll mein Herr sein?«
»Werd doch nicht böse. Jetzt gehörst du ja dem Marquis.« ZinZin sah sie mitleidig an. »War es sehr schrecklich bei Nácar?«
»Ich weiß nicht, er hat mich …« Tränen brannten plötzlich in ihren Augen, als ihr vielleicht zum ersten Mal seit der Entführung wirklich bewusst wurde, dass etwas ganz Unglaubliches mit ihr geschehen war und kein Wecker der Welt sie aus ihrem Alptraum befreien konnte. »Ich war drei Tage bei ihm.« Ihre Stimme brach unter den Emotionen, die mit ihren Tränen hervorbrachen. »Arian.«
»Still! Du darfst niemals den Namen eines anderen mit Zuneigung aussprechen. Der Marquis duldet das nicht.«
Juna duckte sich und sah nach allen Seiten, um zu sehen, ob jemand in der Nähe war, der sie gehört haben könnte. Und als hätten ihre Worte einen Teil des Nebels vertrieben, der ihre Erinnerungen verborgen hielt, wusste Juna auf einmal, dass sie Arian liebte und dass er ihre einzige Hoffnung war.
Jetzt weinte sie noch mehr, denn Nigellas Warnung war ihr wieder eingefallen. Er durfte sie hier nicht suchen, ein gestürzter Engel, der Gehenna betrat, konnte seine Hölle nicht mehr verlassen. Es sei denn, er verschrieb sich dem Bösen oder riss für einen kurzen Ausflug in die Welt der Menschen Ahnungslose und Unschuldige ins Verderben. Aber Arian, das wusste sie ganz genau, träumte insgeheim von einer Rückkehr ins Elysium. Ihre Schultern zuckten, so sehr erschütterte sie die Erkenntnis, dass sie dazu verdammt war, wer weiß wie lange hier auszuharren. Und an allem war nur ihr Bruder schuld. »Sollte ich dich irgendwann einmal zwischen die Finger bekommen, John«, schwor sie, »dann gnade dir Gott!« Ein leises Grollen war alles, was sie hörte, bevor die Katzenfrauen mit gesträubtem Fell davonstoben.
»Was …?« Unvermittelt stand der Marquis vor ihr. »Strapazier nicht meine Geduld!« Die Lippen schmal, mit einer
steilen Falte zwischen den Augenbrauen, wirkte er bei weitem nicht mehr so anziehend wie noch vor wenigen Minuten. Doch es blieb ihr wenig Zeit, sich zu fragen, warum sie ihn bis zu diesem Augenblick für das geringere Übel im Vergleich zu Nácar gehalten hatte. Seine Finger schlossen sich fest um ihre Oberarme, und er sah aus, als hätte er sie am liebsten geschüttelt. »Hast du eigentlich eine Ahnung, mit wem du deine Spielchen spielst?«
Stumm schüttelte sie den Kopf. Was hätte sie auch sagen sollen? Schon die Katzenfrauen waren über ihre Ahnungslosigkeit erstaunt gewesen. Aber war es ihre Schuld, dass dieser verfluchte Dämon nichts Besseres zu tun gehabt hatte, als sie sofort weiterzureichen? Wie hatte sie auch glauben können, hier würde es ihr besser ergehen als Nigella, die schon eine unfassbar lange Zeit in Gehenna gefangen gehalten wurde!
»Lass sie los!«
»Arian!« Juna schrie auf.
Lange Krallen bohrten sich in ihre Schultern, dann erhielt sie einen heftigen Stoß und flog durch das Zelt … gegen eine Trennwand, die ihren Sturz glücklicherweise auffing, so dass sie nur leicht benommen, aber unverletzt am Boden liegen blieb. Alles um sie herum schien sich aufzulösen.
Sie hatte nur kurz geblinzelt, und auf einmal war es da: das größte Paar Flügel, das sie jemals gesehen hatte. Lackschwarze, dichte Federn bedeckten jeden Zentimeter der halb geöffneten Schwingen. Wäre die Situation eine andere gewesen, hätte sie diese vollendete Schönheit bewundern können. Der Marquis sah Arian mit schmalen Augen an.
»Und wer bist du?« Seine Stimme hatte nichts mehr von
dem
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