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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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Wassernapf füllte, dachte sie, dass es nicht verkehrt gewesen wäre, sich genauer nach dem Anlass für ihre Reise zu erkundigen. Um irgendwelche Veranstaltungen zu besuchen, die zum Stil ihrer Freundin passten, hatte sie keine geeignete Kleidung eingepackt - eigentlich besaß sie entsprechende Garderobe nicht einmal. Schon in der Hotellobby hatte sie sich gefühlt, als klebte ein Schild mit dem Wort Landei auf ihrer Stirn. Und etwas zu sagen hatte sie auch nicht gewagt, damit nur niemand den schottischen Akzent hörte, über den sich ihre Mitschüler früher ständig lustig gemacht hatten.
    Sirona dagegen machte sich ganz offensichtlich keine Gedanken um solche Dinge. Sie sprach im breitesten Dialekt der Glaswegians und hatte die Empfangschefin entlang ihrer Nasenspitze hochmütig angesehen, als diese mehrfach nachgefragt hatte, weil sie ihren Namen nicht verstehen konnte. Schließlich hatte ihre Freundin eine dieser Kreditkarten mit spitzem Finger über den Tresen geschoben, von denen Juna wusste, dass sich jedem ihrer Inhaber so ziemlich alle Türen die Welt öffneten.
    Der weitere Check-in war dann reibungslos verlaufen, und ihr Gepäck hatte bereits in den Zimmern gestanden, als ihnen ein sehr höflicher Hotelangestellter die Türen öffnete. Sogar der Hundekorb war aufgebaut worden, und Finn hatte sich sofort hineingekuschelt, als wäre er während der gesamten Autofahrt nicht zum Schlafen gekommen.
    Juna machte sich Vorwürfe, ihn überhaupt mitgenommen zu haben. Aber sie fand, sie sei es Iris schuldig, sich um ihn zu kümmern, und wenn sie ganz ehrlich war, fühlte sie sich
inzwischen sogar regelrecht einsam, wenn sich ihr pelziger Begleiter außer Sichtweite befand.
    Nun, da er schlief, setzte sie sich mit gekreuzten Beinen aufs Bett und machte ihre täglichen Entspannungsübungen. Danach fühlte sie sich besser und verzichtete zugunsten einer ausgiebigen Dusche darauf, sich hinzulegen. Sie war gerade dabei, ihre Haare zu frottieren, als ihr Telefon klingelte.
    »Könntest du mal rüberkommen, ich brauche dringend deinen Rat.«
    Sirona klang sehr aufgeregt, und Juna wickelte rasch ein Handtuch um den Kopf, ermahnte Finn, der verschlafen den Kopf gehoben hatte, brav zu bleiben, und lief über den Gang.
    »Ach, da bist du ja. Guck dir das an, wie soll man sich da entscheiden?«
    »In der Tat.« Juna blieb wie angewurzelt stehen. »Willst du einen Modesalon eröffnen?«
    Mitten in der großzügigen Suite stand eine rollbare Kleiderstange, die sich unter ihrer Last bog. Auf Sofa und Tisch waren zahllose Schuhkartons verteilt, und dazwischen stand neben einer monströsen Bonbonniere und Obst auch Champagner, von dem Sirona ihr ein Glas anbot.
    »Nein, danke.« Juna nahm einen Apfel und biss hinein. »Du brauchst also meinen Rat?«, fragte sie mit vollem Mund. »Was für eine Veranstaltung ist es eigentlich, die du besuchen willst?«
    »Das Jahrestreffen der Vertriebenen.«
    Juna verschluckte sich und hustete.
    Sirona reichte ihr eine Serviette. »Und nicht ich werde sie besuchen, sondern wir . Du wirst mich begleiten.«
    »Von wo, bitte schön, bist du vertrieben worden? Aus
einem Beauty Salon? Oder nein, lass mich raten. Du bist doch nicht etwa aus dem St.-Andrews-Golfclub geflogen?« Juna hielt sich die Serviette vor den Mund und kicherte. »Schockierend!«
    »Es gibt keinen Grund, so sarkastisch zu werden. Nicht wir wurden vertrieben, wie du sehr genau weißt. Unser Verband heißt RFH. Das steht für Refugees from Heaven .«
    Juna starrte sie einen Augenblick an, bis sie allmählich begriff. »Du meinst …?«
    »Genau. Aber nur wir Angehörigen treffen uns. Inkognito, versteht sich. Für unsere Lieben wäre es natürlich viel zu riskant.«
    »Und für uns ist es nicht gefährlich?«
    »Selbstverständlich ist es nicht ohne Risiko. Aber die da oben«, sie wies mit dem Finger an die Decke, »dürfen nicht grundlos Menschen eliminieren.«
    Juna schob einen Schuhkarton beiseite und setzte sich. »Aber es gibt Menschen, bei denen sie durchaus bereit sind, eine Ausnahme zu machen.« Mit Grauen dachte Juna an den unheimlichen Engel, der den kleinen Jungen ohne mit der Wimper zu zucken ermordet hatte.
    Sirona wusste nichts davon, und natürlich hatte sie auch keine Ahnung von ihrem feurigen Problem. »Sie werden es verdient haben.«
    Juna zweifelte daran, sagte aber nichts dazu. »Seit wann bist du in diesem Club?«
    »Noch nicht allzu lange«, gab Sirona zu. »Ach, sei doch keine Spielverderberin. Wenn wir dem

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