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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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schlichtweg erniedrigend.
    »In den Ballsaal kommen wir vielleicht nicht. Die Einlasskontrolle soll schon wegen der Sicherheit ziemlich streng sein, habe ich gehört. Aber niemand kann uns verbieten, im Restaurant des Hotels zu essen und anschließend einen Drink in der Bar zu nehmen. Und ich wette mit dir, im Laufe des Abends werden immer mehr Leute dort aufschlagen und weiterfeiern.«
    Juna fragte sich, was selbst die penibelste Kartenkontrolle den Clubmitgliedern helfen sollte, wenn ein Dämon wie Nácar oder gar der Marquis Einlass begehrte. Gegen Mächte der Hölle hatte es selbst ein Krieger der Vigilie wie Arian nicht leicht.
    Das konnte sie ihrer Freundin natürlich nicht sagen, denn Sirona hatte keine Ahnung, dass sie letzten Sommer mehrere Tage in Gehenna verbracht hatte. Juna verstand auch nicht, warum es ihr so wichtig war, sie mit diesen Leuten bekanntzumachen. Nach der kurzen Begegnung mit den Vorstandsmitgliedern war sie überzeugt, mit ihnen nichts gemein zu haben. Außerdem war es gefährlich. Was würde geschehen, wenn jemand hinter ihre wohlgehüteten Geheimnisse kam?
    Nein, das Beste war, sie hielt sich so weit wie möglich von ihnen fern. Und vielleicht sollte sie ihre Freundschaft mit Sirona ebenfalls noch einmal überdenken. Doch Juna wusste auch, wie viel sie ihr zu verdanken hatte, und bemühte sich um eine nicht allzu abweisende Miene. »Also ehrlich, ich finde das peinlich«, sagte sie leise. »Was ist, wenn uns jemand vom Vorstand über den Weg läuft?«

    »Und wenn schon? Ich habe eine ordentliche Summe gespendet. Glaubst du, ich lasse mir von denen meine Londonreise vermiesen?« Sirona war offenbar immer noch aufgebracht. Ohne es zu bemerken, hatte sie inzwischen alle gebratenen Würstchen und eine große Portion Speck verdrückt.
    Juna musste wider Willen grinsen. Ihre Freundin würde einen Schreikrampf bekommen, sobald sie merkte, was sie da in sich hineingestopft hatte, und anschließend tagelang klagen, dass ihr nichts mehr passte. Was, soweit Juna das beurteilen konnte, jedes Mal stark übertrieben war, denn an Sironas Figur gab es nichts auszusetzen.
    »Natürlich könnte ich dich auch den Highlandern vorstellen. Sie kommen selten nach London, aber ich habe gehört, dass sie großartige Fuchsjagden veranstalten. Du kannst doch reiten?«
    Juna nickte und behielt für sich, dass sie diese Form der Freizeitgestaltung nicht besonders schätzte.
    Sirona war offenbar beim Abwägen der ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu einem Entschluss gekommen. »Nein, das bleibt uns immer noch. Jetzt sind wir schon einmal in der Stadt, dann ziehen wir das auch durch.«
    Wie Juna befürchtet hatte, gelang es ihr nicht, Sirona von diesem Plan abzubringen, und schließlich fügte sie sich in ihr Schicksal. Immerhin konnte sie durchsetzen, dass die Ballgarderobe wieder zwischen Seidenpapier in den großen Schachteln verschwand, die später jemand abholen würde. Und das war auch schon ein kleiner Fortschritt, tröstete sie sich.
    Natürlich musste Sirona noch ein paar Kleinigkeiten besorgen, und so ging gegen Mittag jede ihre eigenen Wege.
Während Juna den klaren Herbsttag nutzte, um mit Finn in Hampstead Heath spazieren zu gehen, arbeitete sich Sirona systematisch durch die Londoner Modeläden.
    Später übernahm der Hundesitter vom Vorabend die Sorge um Finns Wohlergehen. Juna war immer noch nicht begeistert davon, ihn aus der Hand zu geben. Sie wusste allerdings, dass ihr neugieriger Hund bei den Vorbereitungen für den Abend gestört hätte. Er liebte es, Schuhe, Schals oder Tücher herbeizuschleppen, in der Hoffnung, dafür belohnt zu werden. Leider litt der eine oder andere Gegenstand unter dieser Behandlung.
    Während sich Sirona erneut Junas Frisur widmete, wuchs ihre Lust auf ein gemeinsames Dinner in gepflegter Atmosphäre. Sie war so lange nicht mehr ausgegangen. Ungewohnt elegant gekleidet und dank eines neuen Parfums fremdartig duftend, stieg Juna schließlich gemeinsam mit ihrer Freundin in eine dunkle Limousine, die sie zu dem Fünf-Sterne-Hotel brachte, in dem der Ball stattfinden sollte.
    Als sie dort ausstiegen, war sie froh, sich für den Hosenanzug aus einem italienischen Modehaus entschieden zu haben, der ihre Figur bestens zur Geltung brachte und trotzdem distinguiert wirkte. Ihre Frisur hatte sich noch nicht gelöst, stellte sie mit einem schnellen Blick in einen der unzähligen Jugendstilspiegel fest, die das Betreten der Hotellobby zu einem einzigartigen Erlebnis

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