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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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werden ließen. Juna musste an einen Jahrmarktsbesuch vor vielen Jahren denken, als sie stundenlang in einem Spiegelkabinett herumgeirrt war. So schlimm war es hier natürlich nicht, und auf den zweiten Blick konnte man sich sehr gut orientieren. Dennoch blieb die Frage, welche Art Mensch der Erbauer des
Hotels gewesen sein musste. Vermutlich ein Voyeur, entschied Juna nach einem weiteren Rundumblick. An manchen Ecken begegnete der ahnungslose Gast unerwartet sich selbst, oder er konnte in dem Café zwischen Palmen sitzend andere Gäste unbemerkt beobachten. Über all dem spannte sich eine Glaskuppel mit einem wunderbaren Mosaik. Eines war sicher - hier langweilte sich niemand so schnell.
    Während Sirona an der Rezeption stand, wo sie etwas zu besprechen habe , beobachtete Juna die ankommenden Gäste. Eine Drehtür am Eingang entließ immer wieder Menschen in Abendroben, die sich zielstrebig auf den Ballsaal am anderen Ende der Halle zubewegten. Dort winkte sie ein kräftiger Türsteher gelangweilt in Richtung Garderobe durch. Dies war also die Security, von der Sirona gesprochen hatte? Lachhaft!
    Sie wollte sich schon abwenden, da fesselte eine lärmende Gruppe ihre Aufmerksamkeit. Mittendrin stand Elsa und blickte etwas weniger streng als am Vortag - bis sie plötzlich erstarrte und sich langsam zu drehen begann, als suche sie nach etwas. Oder nach jemandem.
    Blitzschnell versteckte sich Juna hinter einer Palme und hoffte, die verräterischen Spiegel würden sie nicht auffliegen lassen, als sie so unauffällig wie möglich an der fast leeren Bar entlang Richtung Aufzug schlenderte, der glücklicherweise ein wenig abseits gelegen und weit entfernt vom Eingang zum Ballsaal zu finden war.
    Sirona stieß gleich darauf zu ihr, und gemeinsam fuhren sie hinauf in ein erstaunlich modern eingerichtetes Restaurant.
    »Darüber sind nur noch die Apartments. Sehr elegant, aber leider sündhaft teuer. Schade, dass es zu kalt ist, um
draußen zu sitzen.« Sirona nahm Juna beim Ärmel und zog sie zu den großen Panoramascheiben, die einen weiten Blick über London boten. »Herrlich! Sogar das Riesenrad kann man von hier aus sehen.« Sie klatschte aufgeregt in die Hände. »Damit fahren wir morgen, versprochen?«
    Juna zuckte mit den Schultern, als Sirona ohne eine Antwort abzuwarten dem Empfang zustrebte, wo ein Kellner bereitstand, um sie zu ihrem Tisch zu begleiten. Dann bemerkt sie wenigstens nicht, dass ich gleich wieder heulen muss, dachte Juna und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel, bevor sie ihr folgte. Einen ähnlichen Blick hatte sie gemeinsam mit Arian in dem Glasgower Restaurant gehabt, in das sie trotz der zickigen Rezeptionistin, die Juna bei ihrem ersten Besuch ziemlich verunsichert hatte, im letzten Sommer noch häufiger eingekehrt waren.
    Heute mochte das Essen noch besser sein, der Service noch aufmerksamer, doch Juna bekam nicht viel davon mit. Sie musste sich ganz darauf konzentrieren, ihre Freundin nicht merken zu lassen, in welch melancholischer Stimmung sie sich befand. Sirona gab sich so viel Mühe und hatte es wirklich nicht verdient, ihre Abende mit einem Trauerkloß zu verbringen. Schließlich war auch sie häufig von ihrem Engel getrennt, und Juna wusste, dass Sirona heimlich die Stunden zählte, bis sie wieder mit ihm vereint war.
    Wirst du jemals zu mir zurückkehren, Geliebter? Sie stellte sich vor, wie er in Gehenna für den Marquis kämpfen musste, während dieser sich ein lustiges Leben machte. Vielleicht lag es an diesen finsteren Gedanken, dass sie für einen Augenblick glaubte, den Marquis draußen am Geländer des Dachgartens gesehen zu haben.

    Wenn man vom Teufel spricht, ist er nicht weit.
    »Wie bitte?«
    Sirona sah sich um, und Juna fürchtete schon, sie hätte laut gedacht. Aber dann war es nur der Kellner, der wissen wollte, ob sie ein Dessert wünschten.
    »Selbstverständlich.« Sironas Augen leuchteten. »Was empfehlen Sie uns?«
    Sie entschied sich für ein flambiertes Lebkuchenparfait, während sich Juna für Ambrosia entschied, das sich dann - wiewohl äußerst schmackhaft - aber doch als ein sahniges Törtchen mit rumseligen Kirschen entpuppte.
    Sie plauderten noch ein wenig, doch nach einem Blick auf die Uhr entschied Sirona eine gute halbe Stunde später, dass es jetzt Zeit für einen Drink an der Bar war, und Juna, die sich vom guten Essen und einem Glas Wein beschwingt fühlte, stimmte zu.
    Im Aufzug reichte ein Blick in den Spiegel. »Ich fürchte, ich sollte

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