Fluegelschlag
meine Nase nachpudern.«
Sirona kicherte. »Wenn es nur das Näschen ist …«
Möglicherweise hatte die Freundin mehr als ein Glas getrunken, aber an ihrem Gang war, sofern man von dem vielleicht eine Spur zu betonten Hüftschwung absah, nichts auszusetzen.
»Ich geh dann schon mal vor.«
Einige Minuten später und wieder passabel frisiert, eilte Juna zur Bar. Ihre Kostümjacke trug sie über dem Arm, weil sie aus Versehen etwas Wasser daraufgespritzt hatte. Dies tat ihrer eleganten Erscheinung jedoch keinen Abbruch. Selbstbewusst betrachtete sie im Vorbeigehen ihre Spiegelbilder und musste ob ihrer multiplen Eitelkeit lächeln. Die kurzärmelige Seidenbluse betonte den Teint, auf dem nach
dem Restaurantbesuch ein natürlicher zartrosa Schimmer lag. Vielleicht war sie ein bisschen zu dünn, ihr Gesicht etwas spitzer als früher. Juna, die ihren Körper - von wenigen Kleinigkeiten vielleicht einmal abgesehen - mochte und ihn auch immer gut behandelt hatte, nahm sich vor, ab sofort wieder Sport zu machen und regelmäßiger zu essen.
Beim Durchqueren der Halle versuchte sie, so gut es ging, einer Gruppe von Ballbesuchern auszuweichen, die dem Ausgang zustrebten. Es war nicht schwer zu ahnen, was die Frauen an die frische Luft lockte - einige hielten ihre Zigaretten bereits in der Hand und konnten es offenbar kaum abwarten, sie endlich anzünden zu dürfen.
Juna sah ihnen hinterher und fragte sich, ob die Haut der Rothaarigen nach der Zigarettenpause das gleiche Blau angenommen haben würde wie ihr ziemlich tief ausgeschnittenes Kleid. Die Temperaturen waren seit gestern gefallen, und selbst für einen Abend im Spätherbst fand Juna es zu kühl.
»Hoppla!«
Ihr Weg war so plötzlich versperrt, als sei eine magische Wand vor ihr erschienen. Nur dass diese Wand bei genauerer Betrachtung warm war, atmete und nun auch starke Arme auftauchten, die Juna festhielten. Sie war zurückgewichen und hatte sich mit dem Absatz in einem der Teppiche verfangen. Als sie den Kopf hob, blickte sie unmittelbar in die smaragdgrünen Augen des dämonischen Marquis. Schnell wandte sie den Blick ab und versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien.
»Was machst du hier?« Bemüht, leise zu sprechen, zischte sie die Worte hervor.
»Das könnte ich dich auch fragen.« Seine Stimme klang tiefer als in ihrer Erinnerung. Freundlich lächelte er Juna
an, doch seine Augen blieben davon unberührt. Er nickte einer Ballbesucherin zu, die sie über zwei Spiegel neugierig beobachtet hatte. Sofort drehte sich die Frau um und ging davon.
»Ich bin in der Bar verabredet. Mit einer Freundin.«
»Dann bist du nicht hier, um den Ball der einsamen Herzen zu besuchen?« Er klang, als flirte er mit ihr und mache sich dabei ein wenig über sich selbst lustig.
Aber Juna wusste, dass mit dem Marquis nicht zu spaßen war. »Würdest du mich bitte loslassen?« Vorwurfsvoll sah sie auf die langen blassen Finger, die ihren ebenso hellen Arm umfasst hielten.
Langsam gab er sie frei. Es wirkte fast, als fürchtete er, sie wollte davonlaufen.
Selbstverständlich wäre es sinnlos gewesen, denn er hätte sie im Nu eingeholt. Eine Szene zu machen, daran hatte sie kein Interesse. Was sie wirklich interessierte, war etwas ganz anderes. »Wie geht es Arian?«
»Ich schätze, es geht ihm gut. Den Umständen entsprechend.«
»Du weißt es nicht?« Ihre Stimme war lauter geworden, und sein Blick mahnte sie zur Vorsicht.
»Ich habe anderes zu tun. Erinnerst du dich nicht mehr? Über dich sollte ich wachen. Ein Wächter, sollte man meinen, wird allein für sich sorgen können. Und deshalb erklärst du mir jetzt bitte, was du hier tust.« Er hatte wieder ihren Arm ergriffen und geleitete sie am Café vorbei, das zum Glück kaum noch besucht war, weiter durch die Halle. Für Außenstehende musste es aussehen, als seien sie ein Paar. Juna ging hoch aufgerichtet neben ihm her. Doch als sie auf die Hotelbar zusteuerten, wurde sie nervös.
»Ich habe es doch schon gesagt. Wir waren hier essen, und dort drin wartet jetzt meine Freundin auf mich. Ich gebe ja zu, ich weiß von dem Treffen der …« Sie wusste nicht genau, was sie sagen durfte, ohne Sirona zu verraten, und sprach schnell weiter. »Aber ich habe kein Interesse an ihnen.«
»Halt dich von diesen Leuten fern!«
Der Dämon schob sie vor sich in die Bar hinein. Juna blieb stehen, denn es dauerte eine Weile, bis sich ihre Augen an das gedämpfte Licht gewöhnt hatten. Dort hinten saß Sirona und unterhielt sich
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