Fluegelschlag
Highlands zu vertuschen,
war eine Meisterleistung gewesen. Immerhin standen sie gerade auf der Terrasse seines Hauses vor einer Luxuswohnung, von der Juna niemals zu träumen gewagt hätte. Sie wusste seine Unterstützung zu schätzen, und hätte sie ein bisschen nachgedacht, dann hätte sie sich an etwas erinnert, das jedes Kind wusste: In der Feenwelt gingen die Uhren anders.
Arian hatte es gewusst, also garantiert auch Lucian. War dies der Grund dafür gewesen, dass er gezögert hatte, sie zu begleiten? Möglich. Ein Dämon wie er musste es hassen, nicht jedes Detail kontrollieren zu können.
»Aber warum musstest du ausgerechnet Lucian begleiten?« Arian fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. Erst jetzt sah sie, dass er dunkle Ringe unter den Augen hatte.
»Du verstehst da etwas falsch. Er hat mich begleitet. Und begeistert war er nicht davon, das kannst du mir glauben. Ich wurde von den Feen eingeladen, und die Ansage war eindeutig: keine Menschen.«
Arian sah auf. »Das wusste ich nicht.«
»Woher auch? Du warst ja nicht da.«
Juna hielt ihr Feuer eisern an der Kandare, auch wenn die Höllentore in ihrem Inneren transparenter wurden und das Feuer freigelassen werden wollte, um sich mit der Quelle zu verbinden.
»Weißt du, wie sehr ich mich um dich gesorgt habe?« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Zumindest, bis ich von Lucian erfuhr, dass du keineswegs in Gehenna Fronarbeit verrichtest, sondern stattdessen frei und ungebunden in der Weltgeschichte herumspazierst. Was glaubst du, wie ich mich dabei gefühlt habe? Es kam kein Lebenszeichen von dir. Und sag nicht, ich hätte nicht an dich geglaubt!«
»So, Lucian hat also versucht, mich schlechtzumachen? Und das überrascht dich?«
Noch nie hatte Arian in diesem Ton mit ihr gesprochen. Juna wäre nicht erstaunt gewesen, wenn sie zu Eis erstarrt wäre, so kalt schnitt seine Stimme in ihre Seele.
»Das hat er keineswegs.« Ihr wurde bewusst, dass sich Lucian darin tatsächlich zurückgehalten hatte. »Aber er war da, als die Gerechten versucht haben, mich zu töten. Er hat Micaal in die Flucht geschlagen. Nicht du!«
»Juna, wenn ich gekonnt hätte …«
»Geschenkt!« Ihre schlechtere Hälfte hatte eindeutig Oberhand gewonnen, denn sie freute sich, dass Arian reagierte, als habe sie ihm eine Ohrfeige verpasst. »Du hast ihm schließlich den Auftrag erteilt, mich zu beschützen. Das hat er getan. Und noch viel mehr.« Sie scheute nicht davor zurück, auch diesen Dolchstoß auszuführen: »Er ist ein wunderbarer Lehrer.«
»Was hat er dich gelehrt? Boshaftigkeit und Verrat?«
»Nein.« Sie lächelte kalt. »Dies hier.« Und damit zauberte sie eine vollendet geformte Energiekugel auf ihre ausgestreckte Handfläche.
Arians Augen wurden schmal. »Das kann nicht sein!«
»O doch. Aber keine Sorge.« Mit einer Drehung ihres Handgelenks ließ sie die Kugel wieder verschwinden. »Ich habe es inzwischen recht gut im Griff.«
Ehe sie begriff, was er vorhatte, war er bei ihr und drückte sie an die Hauswand. So aggressiv hatte sie ihn noch nie zuvor erlebt.
Sein Atem ging stoßweise.
Sie versuchte, ihn fortzuschieben. Stattdessen spürte sie seine Erregung nur deutlicher. Arians Feuer loderte heiß,
und der Funke sprang sofort über. Jetzt würde sie den Preis dafür bezahlen, dass sie sich nicht mit Lucian verbunden hatte, drohte ihr eine nur zu bekannte Stimme. Ihr lüsternes Ich kannte kein Pardon, ihm gefiel diese neue Seite an Arian, und Juna gestand sich ein, dass auch sie nichts dagegen hatte.
Also gab sie dem Drängen ihrer eigenen dunklen Seite schließlich nach und ließ es zu, dass die Flammen ihre Adern erhitzten, gestattete ihnen Zutritt zu Regionen ihres Körpers, die bisher bestenfalls etwas gespürt hatten, das dem Flügelschlag eines Schmetterlings entsprechen mochte. Doch jetzt war es das Rauschen gewaltiger Schwingen, das sie erbeben ließ. Nicht vor Furcht, sondern in Erwartung dessen, was folgen würde.
In vollem Bewusstsein ihrer eigenen Stärke begegnete sie ihm hoch erhobenen Hauptes. Er blieb immer noch ein Engel, ein rätselhaftes Wesen, unendlich mächtig und wunderbar; ein Abgesandter des Himmels, so glorios wie das Leben selbst. Aber sie war bereit, ihm die Stirn zu bieten. Sollte es eine gemeinsame Zukunft für sie beide geben, dann würde sie turbulent werden - Juna ahnte es in diesem Augenblick, als sie seinen Kopf zu sich hinabzog und ihr Feuer in seinen Mund hauchte.
Zuerst reagierte er überrascht, aber aus
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