Fluegelschlag
es schon irgendwie, aber nicht so …« Sie errötete leicht. »Lucian begleitet mich heute nur, weil mein Freund derzeit nicht abkömmlich ist.«
»Tatsächlich?« Merkwürdigerweise schien sie diese Erklärung für Juna einzunehmen. Nala zwinkerte ihr vertraulich zu. »Ich verstehe. Wie dem auch sei, jetzt bist du hier, und ich werde dich den anderen vorstellen.«
Unterwegs fragte sie: »Wie hast du mich erkannt?«
Nala öffnete eine Tür, und vier Köpfe wandten sich nach
ihnen um. »Nur wir Brautjungfern tragen die Festgewänder. Nigella hat sie selbst ausgesucht.«
Tatsächlich unterschieden sich die Kleider zwar in Farbe und Schnitt, stellte man aber ihre Trägerinnen in einer Reihe auf, so entstand ein zauberhaftes Farbenspiel, das bei der kleinsten Bewegung glitzerte und funkelte wie der sagenumwobene Schatz, den schon so viele am Fuße des Regenbogens vergeblich zu finden gehofft hatten.
Nala stellte die anderen Brautjungfern vor, und schnell schwirrte Junas Kopf vor exotischen Namen, von denen sie sich keinen einzigen merken konnte. Es gab eine Fee, deren rabenschwarzes Haar wunderbar zu ihrem schilfgrünen Kleid passte, und die nächste trug Schmuck aus cyclamfarbenen Steinen, mit denen auch ihr Kleid bestickt war. Daneben wirkte die lapislazulifarbene Robe der einzigen Brautjungfer, die nicht größer als Juna war, auf den ersten Blick bescheiden, doch diese Fee hatte herrliche weizenblonde Haare und verstand es, sich so einzigartig erotisch zu bewegen, dass Juna ganz fasziniert war. Sie hätte niemals gedacht, dass irgendjemand in Butterblumengelb gut aussehen würde, aber die Fee, die nun den Kopf durch die Tür steckte und ängstlich fragte: »Bin ich zu spät?«, verschwand beinahe unter einer wilden Lockenpracht in Orange und sah so zerbrechlich aus, wie es nur eine Fee konnte. Die letzte Brautjungfer hatte blütenweißes Haar. Ihr perlmuttfarbenes Kleid, das mit Diamanten übersät zu sein schien, war vielleicht nicht die glücklichste Wahl, denn auch sie hatte sehr helle Haut, die den meisten Feen zu eigen zu sein schien. Der Blick, mit dem sie Juna bedachte, war überaus feindselig und rechtfertigte den Namen, den ihr Juna insgeheim gab: die Eisfee .
Sie ist ein Mensch. Was hat sich Nigella nur dabei gedacht? Die Stimme machte ihrem Aussehen ebenfalls alle Ehre.
»Sei still!«, zischte Nala und griff nach Junas Arm. »Komm, ich werde dir erklären, was als Nächstes geschieht.« Nala führte sie hinaus und begann mit äußerst detaillierten Schilderungen der Zeremonie. »Und dann kommen die Feen der vier Winde. Sie treffen sich in der Mitte. Anschließend …«
Juna unterbrach sie. »Wie soll ich mir das alles merken?«
»Achte einfach auf mich und die anderen Jungfern.« Aus der Ferne erklang ein Jagdhorn. »Es geht los. Keine Sorge, du schaffst das schon!«
Sie hasteten durch lange Gänge und erreichten schließlich einen Thronsaal. Zumindest schloss Juna dies aus der Tatsache, dass am Ende zwei reich verzierte Sessel auf einem Podest standen, im Moment allerdings noch leer.
Die weiteren Ereignisse erlebte sie wie im Rausch. Feen kamen und gingen, es wurden Feuer entzündet und wieder gelöscht. Schmetterlinge flogen zu Tausenden durch den Saal, es regnete Blumen, und irgendwann erschien auch das Brautpaar. Juna hatte Bedenken gehabt, neben all den märchenhaften Gestalten fad oder gar plump zu wirken, doch die interessierten Blicke der männlichen Gäste galten durchaus auch ihr, als sie gemeinsam mit den anderen Brautjungfern ihren Auftritt hatte. Hatte sie vorhin die Anzahl der Festteilnehmer auf mehrere Hundert geschätzt, so korrigierte sie diese Zahl nun auf mehrere Tausend.
Als die Verbindung des Brautpaares ausgerufen wurde, schmerzten ihre Füße längst vom Stehen. So unauffällig wie möglich hielt sie nach Lucian Ausschau, doch er war nirgends zu entdecken. Inzwischen wurden Reden gehalten.
Sie verstand die Feensprache nicht, und die Luft wurde immer schwerer von dem Räucherwerk, das überall in flachen Schalen verbrannt wurde. Exotische Düfte zogen wie feiner Rauch durch den Saal, und als sie den Blick schweifen ließ, beobachtete sie erstaunt, wie viele der Gäste sich einander auf eindeutige Weise näherten. Einige berührten sich verstohlen, andere rieben ihre Körper ganz offen aneinander, und hier und da schlich sich ein Paar so unauffällig wie möglich durch die Menge und verschwand in den Säulengängen, die den Thronsaal begrenzten.
Juna warf Nigellas
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