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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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wusste auch nicht, wer sich da in meinem Augenwinkel herumtrieb. Er tat ganz besorgt, und als ich nach Hause kam, hatte meine Stiefmutter einen ihrer Herzanfälle . Die bekommt sie immer, wenn ihr etwas nicht passt.« Juna trank einen Schluck. Bisher hatte sie zwar noch keine Spur von Verachtung in Arians Gesicht entdeckt, aber das würde sich spätestens dann ändern, wenn er alles über sie wusste. Das, so beschloss sie in diesem Augenblick, durfte nicht geschehen. Sie atmete tief durch und sprach weiter. »Die Pfarrer waren auch keine große Hilfe. Einer bot immerhin einen Exorzismus an.« Sie lachte bitter. »Ich glaube, meine Stiefmutter fand die Idee reizvoll. Glücklicherweise ist Vater nicht katholisch und verbot diesen Unfug , wie er es nannte. Er wollte die Sache auf sich beruhen lassen, aber damit konnte er sich bei ihr nicht durchsetzen - wie immer. Stattdessen schleppte sie mich von einem Psychologen zum nächsten. Erfolglos. Etwa ein Jahr später beschloss Vater, für das Parlament zu kandidieren. Offenbar fand meine Mutter, ein verrücktes Kind passe nicht in das Bild des erfolgreichen Politikers, und die Sitzungen wurden von einem Tag auf den anderen eingestellt. Die Ärzte war ich los, aber die Erscheinungen nicht. Sie wurden immer deutlicher, und nachdem die Religion mir nicht helfen konnte, versuchte ich es mit einer wissenschaftlichen Erklärung. Schnell fand
ich Bücher, in denen über Menschen berichtet wurde, die ähnliche Beobachtungen gemacht hatten. Sie nannten diese Wesen Engel . Fast alle von ihnen lebten nicht mehr oder saßen in psychiatrischen Anstalten. Besonders beruhigend war diese Aussicht nicht gerade. Also behauptete ich, die Erscheinungen nur ein- oder zweimal gehabt zu haben. Nämlich, nachdem ich auf dem Spielplatz von der Schaukel gefallen war. Natürlich glaubte mir niemand, aber immerhin war das Thema für die Erwachsenen erledigt.
    Später, als meine Oma schon längst nicht mehr lebte, verbrachte ich meine Ferien bei Großvater in Glasgow. Seltsamerweise fragte er mich, ob ich denn die Engel immer noch sehen würde. Wahrscheinlich hatten meine Eltern ihm von meinem Problem erzählt. Ich war wütend, wollte ihn aber auch nicht anlügen. Er war der Erste, der das alles nicht schlimm fand.«
     
    Obwohl er bisher keine Beweise dafür hatte, vermutete Arian, dass Junas Gabe aus der Familie ihres Vaters stammte und zumindest für den Großvater keine große Überraschung gewesen war. Warum hätte der Mann sonst eine so verständnisvolle Reaktion gezeigt?
    Er sah Juna lächeln, während sie sich offenbar an das Gespräch erinnerte. »Er meinte, dass es doch nicht verkehrt sei, seinen Schutzengel sehen zu können. Dann wisse man wenigstens, ob er seine Sache gut machte. Das klang angenehm pragmatisch, aber auch ein bisschen, als habe er Zweifel an der Kompetenz der Schutzengel.«
     
    Von Arian kam ein Geräusch, das sehr nach einem trockenen Husten klang.

    Juna sah auf, besorgt, dass sie zu viel preisgegeben hatte. Doch er wirkte völlig ernst.
    Erleichtert beeilte sie sich, den Rest zu erzählen. »Dass ich über die Arbeit meines eigenen Schutzengels nichts sagen konnte, weil ich ihn nie gesehen hatte, verschwieg ich lieber. Wahrscheinlich liegt es ohnehin daran, dass ich nie in einer gefährlichen Situation war.« Gefährlich für mich, fügte sie in Gedanken hinzu. »Nur einmal, aber da hat mir Iris so schnell geholfen, dass es für einen Schutzengel nichts zu tun gab.«
    Die steile Falte zwischen seinen Augenbrauen glättete sich sofort, als sie ihn ansah, und Juna glaubte, sich getäuscht zu haben. »Mit der Zeit konnte ich die Wesen immer besser erkennen, und später habe ich sogar ein paar Mal versucht, Kontakt mit ihnen aufzunehmen. Bis einer von ihnen ärgerlich wurde.«
    »Was meinst du mit ärgerlich ?«
    »Na ja, er sagte, ich dürfe nicht weiter versuchen, mit ihnen zu reden und auch niemandem von meiner Gabe erzählen. Sehr witzig! Diese Lektion hatte ich vor langer Zeit gelernt. Er nannte es Gabe, mir schien es eher wie ein Fluch. Wie auch immer, dieser Engel war anders. Unheimlich. Er sparte nicht mit Drohungen, und ich hatte schreckliche Angst. Und trotzdem, als er vor mir stand, hätte ich alles gegeben, um seine Flügel berühren zu dürfen. Sie waren so … unglaublich formvollendet, dass es in dieser Welt wahrscheinlich nichts Vergleichbares gibt. Du siehst, ich bin ein Freak.«
     
    Arian ging nicht darauf ein. »Er hatte Recht. Niemand darf von deinen

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