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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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zeigte mit der Gabel auf seinen Teller. »Essen. Kannst du essen?«
    Seine Pupillen weiteten sich, dann begann er zu lachen, und schließlich fiel sie ein. Als sie sich beruhigt hatten - Juna musste sich sogar die Augen mit der Serviette abtupfen -, sagte Arian: »Ich kann, aber ich muss nicht. Erschreckt dich das?«
    »Überhaupt nicht. Ich hatte mich nur gewundert, weil ich dich bisher noch nicht essen gesehen habe.« Sie schaute betreten drein. »Ich bin eine schlechte Gastgeberin, oder?«
    »Mach dir keine Gedanken. Niemand, der noch einigermaßen bei Sinnen ist, bietet Einbrechern ein Lunchpaket an.«

    »Oder ein Bett …!«
    »Auch das nicht. Was mich zu der Frage bringt: Warum hast du es trotzdem getan?«
    »Du hast mich verzaubert«, bot sie an. Nicht zu fassen, ich flirte mit einem Engel! Juna drehte eine rotbraune Haarsträhne um ihren Zeigefinger und senkte den Blick.
    »Tatsächlich? Dann war es ja vielleicht Vorsehung.«
     
    Schweigend beobachtete Arian, wie sich erneut zarte Röte auf ihren milchweißen Wangen ausbreitete. Ahnt dieses Menschenkind überhaupt, dass es der Standhaftigkeit eines Heiligen bedarf, um nicht von ihr verzaubert zu sein? Bemüht, die fremdartigen Gefühle zu ignorieren, riss er sich schließlich von dem Anblick los.
    »Gibt es wirklich so etwas wie Bestimmung?« Juna sah von ihrem Teller auf.
    »Glaube mir, ich habe lange gedacht, dass dem nicht so wäre. Aber die Vergangenheit hat mir immer wieder das Gegenteil bewiesen.« Er kannte sogar jemanden, der Freude daran hatte, die Fäden des Schicksals zu ziehen, doch das verschwieg er.
    Sie trank einen Schluck. »Mir wäre es lieber, meine Entscheidungen selbst zu treffen. Auch wenn es bestimmt nett wäre, die Schuld einer unbekannten Macht in die Schuhe zu schieben, wenn mal etwas schiefgeht.«
    Er stimmte ihr aus vollem Herzen zu und genoss die Unterhaltung ebenso sehr wie das exzellente Essen. Erstaunlicherweise machte es ihm heute Spaß, so zu tun, als sei er ein ganz normaler Mensch - es gelang ihm sogar, die Sorge um die Schutzengel für kurze Zeit zu vergessen.
    »Da du nun deine Identität zurückhast … was wirst du als
Nächstes tun?« Sie merkte nicht, dass sie den Atem anhielt, während sie auf seine Antwort wartete.
    Zurück in der Realität , dachte Arian. Laut sagte er: »Ich bin nicht ohne Grund in der Stadt.«
    »Ach ja, die Vorsehung. War es auch Vorsehung, dass du ausgerechnet in meinem Schlafzimmer gelandet bist?«
    »Wer weiß?«
     
    Juna war ein kleines bisschen erschrocken. Konnte es sein, dass er zurückflirtete?
    Arian griff nach ihrer Hand, und seine Stimme klang ernüchternd sachlich, als er sagte: »Glaub mir, ich möchte dich da nicht mit hineinziehen. Aber im Laufe der Jahre habe ich gelernt, dass es keine Zufälle gibt, auch wenn es uns manchmal so vorkommt. Der Kosmos ist vielschichtiger, als wir uns das vorstellen können, und auf eine beunruhigende Weise hängt alles zusammen.«
    Sie war überrascht, dass ein Engel dies für beunruhigend hielt, aber ihr erging es ebenso. »Du meinst, es gibt keinen freien Willen?«
     
    Arian hatte lange ergebnislos darüber nachgedacht, aber er blieb ihr eine Antwort schuldig, weil in diesem Augenblick die Kellnerin mit der Rechnung kam. Juna hatte damit gerechnet, bezahlen zu müssen. Doch er zückte wie selbstverständlich seine Geldbörse, und sie erkannte in ihr den Gegenstand wieder, den Gabriel ihm zugeworfen hatte.
     
    Während sie das Restaurant verließen, wollte sie ihn dazu befragen, doch er kam ihr zuvor und öffnete das Portemonnaie. »Nur Dollars und Kreditkarten, wie du siehst. Gabriel
muss es nach unserem letzten Job aufgehoben haben …« Er schien in Erinnerungen zu versinken. Seine Miene verriet, dass sie in irgendeiner Weise schmerzhaft waren. Juna verstummte und hing ihren eigenen Gedanken nach. Als Arian an der nächsten Straßenecke plötzlich ihren Arm festhielt, zuckte sie zusammen. »Hörst du das?«
    Sie lauschte. Erst war außer den Geräuschen der Stadt nichts zu hören. Der Wind hatte den Inhalt einer umgeworfenen Abfalltonne mit sich gerissen und über die menschenleere Straße verteilt. Er raschelte mit Papier, eine Plastiktüte schwebte in den Rinnstein. Juna zog ihre Jacke enger um den Körper. Ihr schien, als sei die Nacht bis eben noch viel wärmer gewesen. Sie hob den Kopf und konzentrierte sich. Ihr Blick fiel auf eine der Straßenlaternen, die anders als ihre farblosen Nachbarinnen einen orangefarbenen Ring auf den

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