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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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wurde ernst, und plötzlich veränderten sich seine Pupillen zu schmalen, senkrechten Schlitzen. »Mamona. Für nichts anderes als schnöden Mammon ruft man mich?«
    »Woher …? Ich rufe, wen und wann ich will.« John hätte am liebsten mit dem Fuß aufgestampft. Diese Beschwörung verlief absolut nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte, und er fühlte, wie sich seine Zeit mit dem Dämon dem Ende zuneigte. »Wer bist du wirklich?«, fragte er ein wenig hilflos.
    »Was glaubst du denn?« Sein Gegenüber richtete die Augen in gespielter Verzweiflung zur Zimmerdecke. »Und ich dachte, es sei allgemein bekannt, dass ich nur die Wahrheit spreche. Hast du deine Bücher nicht ordentlich studiert?«
    Damit hatte er, ob absichtlich oder nicht, Johns Vater exakt zitiert und so den Finger direkt in die Wunde gelegt.
John schäumte vor Wut. So etwas ließ er sich nicht mehr sagen! Er richtete das Schwert auf das magische Dreieck, das den Gerufenen gefangen hielt, und murmelte ein paar Worte. Sofort sprangen heiße Flammen empor und schlossen ihn ein.
    »Also gut.« Der Dämon hob die Hände. »Du willst Geld - das sollst du haben. Aber ich brauche auch etwas von dir. Gib mir eine Locke von deinem Haar.«
    »Wozu soll das gut sein?«, fragte John misstrauisch.
    »Mir ist zu warm zum Denken.« Er tupfte sich mit seinem Taschentuch die Stirn ab und blickte vielsagend auf die Flammen, die immer noch seine Füße umzüngelten.
    John löschte sie mit einer Handbewegung.
    »Sehr freundlich.« Er steckte sein Taschentuch wieder ein und deutete eine höfische Verbeugung an. »Für jedes Haar bekommst du einen Beutel voller Taler.«
    Das hörte sich sehr nach einem Märchen an, fand John, aber der Dämon verschränkte die Arme vor der Brust und sagte: »Keine Haare, kein Geld.« Als John immer noch zögerte, wies er mit dem Stock auf die Messingschalen. »Wenn das Feuer erlischt, bin ich fort.« Im gleichen Augenblick begann die Flamme im Osten zu flackern.
    John zögerte. Die Flamme im Süden erstarb.
    »Hey!«
    Das Nordlicht zischte - und verglomm.
    »Also gut.« John riss sich ein Büschel Haare aus und reichte es ihm, wobei er genau darauf achtete, ihn nicht zu berühren. Blitzschnell zog er seine Hand zurück.
     
    Erfreut bemerkte er, dass die Finger des Dämons zitterten, als er nach den Haaren griff. Wen auch immer er mit seinem
Ritual beschworen hatte - er glaubte nicht eine Sekunde lang, dass er tatsächlich dem Marquis gegenüberstand -, derjenige hielt seinen Teil des Paktes besser ein, sonst würde er ihn morgen erneut herbeizitieren, so lange, bis sich ihm der Höllengesandte unterwarf. »Morgen ist das Geld auf meinem Konto!«, verlangte er barsch.
    Die seltsame Erscheinung verbeugte sich. »Natürlich, ich halte meine Versprechen. Und falls du mehr brauchen solltest …« Er wedelte mit Johns Locke, bevor er sie in sein Tuch einschlug und in der Westentasche verschwinden ließ. »Jetzt, da ich dein Diener bin, kannst du mich jederzeit auch ohne diesen Hokuspokus erreichen.«
    »Wie das?«, fragte John überrascht.
    »Indem du die Hände aneinanderreibst, dich auf ein Bein stellst und siebenmal Kikeriki rufst.«
    »Du spinnst!«
    »Ich hätte mir jemanden mit etwas mehr Sinn für Humor gewünscht.« Nach diesen kryptischen Worten drehte sich der Dämon wie ein Derwisch, lachte und war verschwunden. Heißer Wüstenwind raste durch den Raum und löschte die Kerzen und jede einzelne Flamme in den Schalen in der gleichen Reihenfolge, wie John sie entzündet hatte. Er gab einen jammernden Laut von sich.
    Freu dich deines Lebens, mein Freund! Lache, du hast das große Los gezogen, wie es selbst einem erfahrenen Nekromanten nur selten gelingt. Sobald du mich brauchst, bin ich bei dir. Die Stimme in seinem Kopf klang spöttisch.
    John blieb verunsichert zurück. Doch dann riss er sich zusammen, verwischte die Spuren seiner magischen Aktivitäten, so gut es ging. Dabei entdeckte er, dass bei der Übergabe eines seiner Haare zu Boden gesegelt war. Es lag direkt
auf der Linie des Dreiecks, in das er den Marquis gebannt hatte. Der Schreck ließ ihn innehalten, doch dann beruhigte sich John und sprach in die Leere hinein: »Wenn du gekonnt hättest, wärst du auch abgehauen. Habe ich Recht?« Doch niemand antwortete ihm.
     
    Als John am nächsten Tag seine Kontoauszüge holte, waren alle Bedenken vergessen. Die Kredite waren ausgeglichen, und dennoch befand sich das Konto im Plus. Sogar deutlich. Sicherheitshalber hob er alles ab.

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