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Flüsterherz

Flüsterherz

Titel: Flüsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debora Zachariasse
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schwänzen und all so was. Du weißt, was ich meine! Ab jetzt benimmst du dich anständig und damit basta! Und wenn mir auch nur eine einzige Beschwerde zu Ohren kommt, kannst du dich auf was gefasst machen! Ein Monat Hausarrest ist dann das Mindeste. Verstanden?«
    Der Muskel an seinem Auge zuckte wie besessen.
    Ich glaube, an meinem Auge zuckte auch etwas, und noch mehr im Bauch. Jedenfalls zitterte ich innerlich. So ziemlich überall.
    »Gut, wie du meinst. In Zukunft helf ich überhaupt niemandem mehr. Euch nicht und Tibby auch nicht. Wär ja ’ne Katastrophe, wenn das Lotterchaos bei uns Einzug halten würde. Unvorstellbar!« Ich rannte die Treppe hinauf und knallte die Zimmertür hinter mir zu.
    Es dauerte eine gute Viertelstunde, bis das Zittern nachließ. Und dann musste ich furchtbar heulen.
    Hausarrest. Es war nicht zu fassen …
    Warum tat Pa so, als hätte er keine Gefühle? Hatte er etwa Angst, Schwächen zu zeigen? Was hatte ich doch für eine pflichtbewusste und heuchlerische Familie!
    Ich rief bei Tibby an, aber sie ging nicht dran. Bei Eileen war besetzt, bestimmt telefonierte sie gerade mit dem ach so tollen Super-Timo.
    Schließlich erreichte ich Jeske. Sie hörte mir zu und wollte alles bis ins kleinste Detail wissen.
    Dann meinte sie, Pa werde sich schon wieder einkriegen und bestimmt müsse ich nicht eine ganze Woche zu Hause hocken, nur wegen des kleinen Krachs, und sie selber dürfe am Freitag auch nicht ausgehen.
    Jeske ist echt in Ordnung, dachte ich. Wenigstens ist sie da, wenn ich mal jemanden brauche.

4
    Eine Woche lang durfte ich nach der Schule nirgends hin. Pa sagte persönlich beim Geigenunterricht, beim Hockey und beim Orchester für mich ab. Und Ma rief jeden Nachmittag aus der Apotheke an, um zu kontrollieren, ob ich zu Hause war. Und als wäre das alles nicht schlimm genug, hatte ich auch noch Computerverbot.
    Ich überlegte erst, ob ich das Haustelefon einfach auf mein Handy umlegen sollte, aber das traute ich mich dann doch nicht. Ma hat für solche Sachen einen siebten Sinn.
    In der Schule passte ich die ganze Woche über höllisch auf, damit mir auch ja nichts rausrutschte und kein Lehrer Grund hatte, sich bei JP zu beklagen.
    Wenn Tibby mir nicht jeden Nachmittag gesimst hätte, wäre ich vermutlich vor Langeweile eingegangen. Der Hausarrest traf mich viel härter, als ich erwartet hatte.
    Ein kleiner Trost war, dass ich an den Nachmittagen ungestört in Pas Bücherschrank stöbern konnte, wo ich eigentlich nichts zu suchen hatte, denn er hütet seine kostbare Sammlung wie einen Schatz. Er hat jede Menge uralter Romane mit schweren Ledereinbänden, Bücher über Alchemie mit lauter seltsamen Symbolen und Abbildungen und dicke Schwarten über griechische Mythologie. Dazu unvorstellbar schöne Bände über Ägypten mit einzigartigen Fotos.
    Ich versank in der Betrachtung geheimnisvoller Pyramiden, imposanter Steinstatuen und Tempelmauern mit prachtvollen Reliefs und goldverzierten Masken, träumte von Palmen,durch die der Wüstenwind strich, von staubigen Karawanenstraßen und dem Nil, der jedes Jahr über seine Ufer tritt.
    Band um Band blätterte ich durch. Als ich schließlich ein Buch fand, in dem es ausschließlich um Hieroglyphen ging, schlich ich in Mas Arbeitszimmer und lieh mir ihre teuren Farbstifte, damit ich die mysteriösen Symbole nachzeichnen konnte.
    Jahrhundertelang hatte man die Hieroglyphen als reine Dekoration betrachtet und nicht gewusst, dass sie sozusagen den Schlüssel zur ägyptischen Kultur bargen. Niemand konnte die Zeichen lesen. Erst ein französischer Gelehrter namens Jean-François Champollion erkannte ihre Funktion und machte sich daran, die Zeichen zu entziffern.
    Dieser Jean-François muss ein wahres Genie gewesen sein. Als kleines Kind hatte er sich selbst das Lesen beigebracht, indem er die gefaltete Zeitung, die sein Vater gerade las, verkehrt herum entzifferte, und in meinem Alter beherrschte er bereits fünfzehn Sprachen! Das muss man sich mal vorstellen: vierzehn Jahre alt und fünfzehn Fremdsprachen können! Und zwar nicht nur gängige wie Französisch, Englisch, Griechisch und Latein, sondern auch so ausgefallene wie Hebräisch, Syrisch, Arabisch und noch eine Handvoll, von denen ich nie gehört hatte. In was für eine Schule mochte er gegangen sein? Bestimmt nicht in so eine wie unsere, wo Typen wie der fiese Fred, Wilkes und die Bonamour wetteiferten, wer die meisten Schüler einschläfern konnte.
    Plötzlich kam mir eine Idee. Ich

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