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Flüsterherz

Flüsterherz

Titel: Flüsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debora Zachariasse
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nahm das Buch an mich und versteckte es in meinem Zimmer.

5
    Als ich am Wochenende mein Facebook-Profil öffnete, hatte ich eine Freundschaftseinladung. Von … Easy!
    Jippie!
    Kleiner Nachteil: Ich sollte Freundin Nummer 343 werden. Sein Profil quoll geradezu über von Botschaften. Alle waren von Mädchen – witzige, alberne, anbiedernde Kommentare, alles war dabei; er hatte freie Auswahl.
    Die Einladung nahm ich natürlich sofort an, aber danach musste ich plötzlich heulen, einfach so. Weil ich dachte, dass ich bei einem so tollen Typen wie ihm ja doch keine Chance hatte und es blöd gewesen war, mir Hoffnungen zu machen, obwohl ich doch nur die Ich-weiß-nicht-wievielte war. Freundin Nummer 343, um genau zu sein.
    Ich heulte auch, weil ich keine Katze haben durfte, weil Tibby so in der Patsche saß, weil Jeff sich mit Whisky zuschüttete, weil Sharima sich vergeblich abrackerte, weil Pa und Ma immer nur der Schein wichtig war und sie so gar kein Verständnis für mich hatten. Ich heulte wegen allem. Weil mein ganzes Leben eine Art Puzzle war, bei dem nichts zusammenpassen wollte.
    Und weil ich zu allem Überfluss auch noch meine Tage bekommen hatte.

6
    In der Woche darauf kam Tibby morgens mit einer schweren Schultasche an und begann, Bücher auszupacken.
    »Hey, das ist ja super!«, rief ich überrascht. »Wie hat das so plötzlich geklappt?«
    »Ach, hab ich dir das nicht erzählt? JP hat sich drum gekümmert.« Sie sagte das, als wäre es eine Selbstverständlichkeit.
    »Und wie hat er das geschafft? Hat er deinen Eltern tüchtig eingeheizt?«
    »Nein, er hatte wohl noch ’nen kleinen Etat für so was.«
    »Wann hast du das erfahren?«
    »Weiß nicht mehr genau. Vor ein paar Tagen, kann auch schon ’ne Woche her sein.«
    Ich war platt. Dutzende Kopien hatte ich für sie gemacht. Noch gestern, für Geschichte. Ich hatte ihr meine Bücher geliehen und sie voller Flecken wiederbekommen. Ihr unzählige Vorschläge gemacht, wie sie die Sache lösen könnte, und mit ihr zusammen gelernt. Und nun hatte JP sich darum
gekümmert
, und schwups hatte Tibby einen Stapel nagelneue Bücher für sämtliche Fächer und fand es nicht mal der Mühe wert, mir davon zu erzählen!
    »Und davon sagst du mir überhaupt nichts!? Echt, Tibby, das versteh ich nicht.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Sind doch bloß Schulbücher. Mach doch nicht so einen Aufstand.«
    Ich kramte in meiner Tasche. »Hier, bitte schön!«, sagte ich und drückte ihr einen Stapel Blätter in die Hand. »Sind bloßKopien, war bloß ’ne halbe Stunde Arbeit, sie zu machen, und hat auch bloß achtzig Cent gekostet! Bedanken brauchst du dich nicht. Ist alles nicht der Rede wert.«
    Mit diesen Worten ließ ich sie einfach stehen. Ich war frustriert bis auf die Knochen und schwankte zwischen Enttäuschung und Wut, weil Tibby einfach so darüber hinwegging. Sie hatte mir doch täglich gesimst, als ich zu Hause eingesperrt war – warum hatte sie die Sache mit den Büchern mit keinem Wort erwähnt? Und irgendwie war ich auch ein wenig wütend auf mich selbst, weil ich mir eingeredet hatte, ich könne ihr helfen.

7
    »Kannst du mir später Französischvokabeln abhören?«, fragte Tibby. Wir saßen im Aufenthaltsraum, es regnete, und ich war nur halb bei der Sache, denn gerade hatte ich Easy auf dem Flur gesehen.
    »Heute Nachmittag?«, fragte ich.
    Sie nickte.
    »Wenn du mich abhörst, kann ich mir die Vokabeln viel besser merken.«
    »Vor den Ferien ging es auch ohne mich«, sagte ich, weil ich immer noch ein wenig eingeschnappt war.
    »Keine Ahnung, woran’s liegt. Mein Gedächtnis ist ein Sieb.« Sie seufzte tief. »Egal, was ich lerne, ich vergess allesgleich wieder. Und dabei muss ich noch so viel Stoff aufholen. Eileen meint, ich soll Nachhilfestunden nehmen, aber die hat leicht reden …«
    Dafür haben wir kein Geld. Ich hörte es, obwohl sie es nicht aussprach.
    Tibby sah mich so flehentlich an, dass ich mich erweichen ließ und nach der Schule mit zu ihr ging.
    Ich genoss es, dass Bacardi mir zur Begrüßung um die Beine strich, und amüsierte mich über Schnaps, der regungslos vor einem Busch hockte und auf irgendwas lauerte.
    Tibby wollte erst einmal Rote Bete ernten, weil Regen angesagt war. Ich ließ mich überreden, und wir wuschen am Fluss die Erde von den Knollen und warfen die Blätter ins Wasser, wo sie langsam davontrieben, wie kleine Boote.
    Mit den Vokabeln klappte es ganz und gar nicht. Tibby stand immer wieder auf und lief weg,

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