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Flüsterherz

Flüsterherz

Titel: Flüsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debora Zachariasse
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ihr zu Hilfe.
    »So, jetzt reicht’s! Geh sofort auf dein Zimmer, Anna! Über dein Benehmen reden wir noch!«
    Gut, Pa. Wie du willst, Pa. Ich sag kein Wort mehr.
    Bei Tisch schwiegen wir: Pa und Sam und ich. Ma war schon weg, zu ihrer Verbandssitzung, damit sie weiterhin was zu melden hatte. Und um zu verhindern, dass Charlotte umfiel. Charlotte, die so irrsinnig wichtig war. Wichtiger jedenfalls als wir.

3
    Nach dem Essen musste ich mir eine Standpauke anhören, die sich gewaschen hatte. Eine halbe Stunde Entertainment vom Feinsten, ohne Notizen und vorherige Proben. Als unbeteiligte Zuschauerin hätte mich das Ganze durchaus amüsiert.
    Erst hielt Pa einen langen Vortrag über Vertrauen, Verantwortung und Zuverlässigkeit und noch mehr solcher Pa-Themen. Dann kam er auf Tibby zu sprechen und meinte, dass ich zu viel Zeit mit ihr verbringe. Dass diese luschige Hausbesetzermentalität letztlich ins Chaos führe und die Gesellschaft ruiniere. Und dass sie bereits auf mich abgefärbt habe. Er und Ma würden sich Sorgen um mich machen. Und am Ende dann die Konsequenz: Hausarrest! Fünf Tage lang nach der Schule sofort nach Hause und abends nicht weggehen.
    Und das alles wegen eines lumpigen Blumenstraußes. Ich traute meinen Ohren nicht. Pa ging es ganz eindeutig nur darum, meiner Freundschaft mit Tibby einen Riegel vorzuschieben.
    »Wenn ich mich nicht um Tibby kümmere, ist sie total aufgeschmissen«, protestierte ich. »Sie hat sonst keinen!«
    »Sie hat Eltern, die beide am Leben sind.«
    »Aber die tun doch nichts! Und wo du schon von Vertrauen und Verantwortung redest: Tibby vertraut mir. Und ich fühl mich für sie verantwortlich. So habt ihr mich nun mal erzogen.«
    »Das ehrt dich, Anna, aber verantwortlich für Tibby bist letztlich nicht du, das sind ihre Eltern. Und wenn sie einLotterleben führen und dabei ihr Kind vernachlässigen und sich keinen Pfifferling drum scheren, dann ist das leider ihre Sache.«
    »Aber ich muss es doch nicht genauso machen. Du hast selber gesagt, ich solle mich nicht von ihrer Mentalität beeinflussen lassen.
Ich
kümmer mich wenigstens um Tibby!«
    »Dass du dich ein wenig kümmerst, ist völlig in Ordnung, aber das darf nicht überhandnehmen. Du bist nicht für Tibby zuständig.«
    »Du bist auch nicht für Ma zuständig, aber wenn sie ausflippt und tobt, springst du als edler Ritter für sie in die Bresche!«
    »Getobt hat sie nun wirklich nicht …«
    »Ach nein? Wie ein Orkan hat sie getobt! Nur weil Kleid Nummer fünfzig nicht da war. Oh Schreck, oh Graus, kreischschrei-brüll: Ich hab nichts anzuziehen! Das ist ’ne Standardnummer, Pa, das müsstest du eigentlich wissen. Katharina die Große von Russland hatte fünfzigtausend Kleider im Schrank, und weißt du, warum? Weil sie nie was anzuziehen hatte! So sind Frauen nun mal, das ist völlig normal. Und du bist nicht dafür zuständig.«
    »Nimm dich zusammen, Anna! Du wirst ausfallend. Wenn du nicht vernünftig bist, können wir kein sinnvolles Gespräch führen. Ich will lediglich verhindern, dass dieses Mädchen dich zu sehr vereinnahmt.«
    Genau das sagte er, sehr gelassen und mit kaltem, herablassendem Tonfall.
    An seinem linken Auge begann ein Muskel zu zucken.
    Und auf einmal begriff ich es.
    Pa hielt sich selbst für vernünftig, nur weil er nicht losschrie. Aber er war nicht vernünftig, sondern rational, und das ist etwas völlig anderes. Vernünftig ist man, wenn man seinem Gegenüber einfühlsam zuhört und anschließend die Dinge gründlich überdenkt und gegeneinander abwägt. Und rational ist man, wenn man kühl bleibt und alles distanziert und rein zweckmäßig betrachtet. Rational sein heißt, dass man keine Gefühle zulässt. Rational, das war der zweite Vorname meiner Eltern.
    »Falsch, Pa. Ich bin zwar wütend, aber trotzdem vollkommen vernünftig. Und wenn sich hier jemand vereinnahmen lässt, dann doch eher du. Ich weiß nicht, ob dir das klar ist, aber Ma trinkt längst Champagner und ist dabei, ihre Verbandskollegen mit ihrem unwiderstehlichen Lächeln um den Finger zu wickeln. Dafür braucht sie dich überhaupt nicht. Und wer ist der Lakai, der inzwischen für sie die Kastanien aus dem Feuer holt? Na?«
    Vernünftig oder nicht, das Letzte hätte ich mir besser gespart. Den Champagner schluckte Pa gerade noch, aber bei den Kastanien ging er hoch.
    »Eins sag ich dir, Anna! Ich werd es nicht dulden, wenn du wieder mit solchen Sperenzchen anfängst wie im letzten Schuljahr. Lehrer provozieren,

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