Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flüsterherz

Flüsterherz

Titel: Flüsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debora Zachariasse
Vom Netzwerk:
Hieroglyphen:
Du bist echt meine beste Freundin
.
    Eileen guckte erstaunt, dann grinste sie und nahm ihren Stift zur Hand.
    Nach ein paar Minuten schob sie mir den Zettel wieder hin.
    Und du meine!
, stand darauf, dazu ein paar krakelige Fantasiehieroglyphen.
    Mit Eileen befreundet zu sein, war herrlich unkompliziert. Andererseits hatte Tibby mir so viel Neues und Aufregendes gezeigt, zum Beispiel wie man kocht und dass man nackt imFluss schwimmen kann. Jetzt aber hockte Tibby da und starrte Löcher in die Luft. Sie kam mir total fremd vor.
    In der Pause regnete es immer noch, deshalb blieben wir drinnen. Es war proppenvoll.
    Tibby hatte sich in eine Ecke verzogen. Sie nickte leicht, als ich mich zu ihr stellte. Eigentlich brannte ich darauf, ihr Anubis zu geben. Aber zugleich hatte ich Angst, sie könnte mein Mitbringsel blöd finden.
    »Na, wie waren die Ferien?«, fragte ich, um sie ein wenig aus der Reserve zu locken.
    Wahrscheinlich hatten sie den Fernseher wie so oft in die Küche gestellt. Und es sich auf dem orangefarbenen Sofa gemütlich gemacht. Whisky und Wodka auf dem Schoß, Bacardi lang ausgestreckt auf der Fensterbank und Schnaps irgendwo auf Mäusefang. Sharima mit einem Glas Wein, das heißt, falls sie zu Hause war. Dazu Cola, Chips und einen Joint für Jeff, das heißt, falls er zu Hause war.
    »Tja«, sagte sie nur.
    »Hast du’s nicht schön gehabt?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Ich unternahm einen neuen Anlauf. »Habt ihr euch Filme angesehen?«
    »Ja, mindestens fünfundzwanzig.« Es klang spöttisch.
    »Also nicht?«, bohrte ich nach. »Habt ihr es euch an den Weihnachtstagen denn nicht ein kleines bisschen gemütlich gemacht?«
    »Ich mit mir selber, oder was? Sharima musste arbeiten.«
    »Und Jeff?«
    »Du kennst ihn ja …« Es kam zögernd und klang, als wäre Jeff wieder betrunken oder stoned gewesen oder auch beides. »Außerdem ist an Silvester der Ofen kaputtgegangen.«
    Der schnuckelige Kanonenofen, in dem wir Bratäpfel gemacht hatten? »Mist! Konnte Jeff ihn denn reparieren?«
    »Er hat’s versucht, aber da war irgendwas von wegen Kohlenmonoxidgefahr, und dann hat er sich nicht mehr getraut.«
    »Und jetzt?«
    »Sharima will einen Handwerker anrufen, glaub ich«, sagte sie ausweichend.
    Dann hatte sie die halben Ferien in der Kälte gesessen? Ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte.
    Tibby fragte mit keinem Wort nach meiner Reise, und es schien mir unpassend, ausgerechnet jetzt von Ägypten anzufangen. Sogar die stundenlangen Verspätungen auf langweiligen Flughäfen kamen mir auf einmal wie der reinste Luxus vor.
    »Ich hab dir ein kleines Stück Ägypten mitgebracht«, sagte ich nur. »Hoffentlich gefällt’s dir.«
    Ich gab ihr das Päckchen.
    Tibby guckte, als wollte sie sich gleich über Unterdrückung und Diskriminierung auslassen.
    »Es ist selbstverständlich Kinderarbeit«, fügte ich rasch hinzu, um ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen. »Und die Kinder werden natürlich ausgepeitscht und kriegen davon Geschwüre. Aber das macht nichts, denn die haben dort ’ne gute Salbe.«
    Endlich kam ein bisschen Leben in Tibby. Völlig perplex sah sie mich an.
    Ich nickte noch mal nachdrücklich. »Und zwar aus Nilpferdfett.«
    Sie lachte los und war mit einem Mal wieder die alte herzliche Tibby, die mir so gefehlt hatte. Sie nahm mich in den Arm und begann dann, das Mitbringsel auszupacken.
    In dem Augenblick tauchte plötzlich Tarik neben uns auf und fing an, wild herumzukaspern.
    Sofort verfinsterte sich Tibbys Miene. »Kannst du dich nicht mal wie ein normaler Mensch benehmen?«, fauchte sie ihn an. »Echt, wie im Kindergarten!« Sie drehte sich so abrupt um, dass sie das Gleichgewicht verlor. Das Päckchen glitt ihr aus der Hand und knallte auf den Boden.
    »Pardon, Mylady«, sagte Tarik lässig. Doch als Tibby sich bückte und das Seidenpapier auseinanderschlug, wurde er feuerrot und entschuldigte sich noch mindestens zehnmal.
    Die Anubis-Figur war zerbrochen.
    Tibby stand da wie ein geprügelter Hund und sagte kein Wort.
    Tarik hob eine Scherbe auf und gab sie mir. »Tut mir leid, war echt keine Absicht«, sagte er noch mal. Dann machte er sich rasch aus dem Staub. Ich konnte es ihm nicht verübeln.
    Ich sammelte die Scherben auf und wickelte sie in das Seidenpapier. »Ich kleb die Figur für dich«, sagte ich. »Du wirst sehen, bald ist sie wieder wie neu.«
    Tibby nickte betrübt.

5
    »Kommst du mit zu mir?«, fragte Tibby nach dem Unterricht.
    »Ich weiß nicht«,

Weitere Kostenlose Bücher