Flüsterherz
Easy mit Passionsfruchttee aus der Küche. Dann zeigte er mir seine Anlage: zwei Plattenspieler, Verstärker,Boxen. Und das neue Mischpult. Daneben türmten sich große schwarze Koffer.
»Was ist das?«, fragte ich. »Willst du verreisen?«
»Das, meine Liebe, sind
flight cases
.«
»Eine Art Kosmetikkoffer für deine Musiksachen?«, riet ich. »Sehen auf jeden Fall gut aus.«
Treffer! Er hatte sie selbst gebaut und freute sich riesig über mein Kompliment.
»Und wie funktioniert das Ganze nun?«, fragte ich.
»Pass auf.« Er stellte sämtliche Geräte an. Allein das war schon ein Akt, bei den vielen Kabeln, Knöpfen und Schaltern.
Dann legte er mit dem neuen Mischpult los. Und machte dabei ein so ernstes Gesicht, dass ich mir das Lachen verkneifen musste.
»Ich fange mal mit zwei Stücken an, die sich rhythmisch nur leicht unterscheiden.« Er setzte seinen Kopfhörer auf, suchte eine Platte raus und begann, Tasten zu drücken und Regler zu verschieben.
Ich bekam eine komplette Vorführung und zu meinem Erstaunen machte es richtig Spaß zuzusehen. Es war, als würde er mich in eine Geheimwissenschaft einweihen, die mir ohne seine Erklärungen ewig verschlossen geblieben wäre.
»Wenn ich hier ein bisschen Tempo rausnehme, harmonieren die Stücke schon ganz gut. Und hier, damit kann ich jetzt den Beat synchronisieren, bis beide Nummern exakt im gleichen Rhythmus laufen.«
Er bediente routiniert ein paar Knöpfe und Regler. Es sah wahnsinnig professionell aus, dauerte allerdings ziemlichlange. Bei jedem Handgriff erklärte er, welche Funktion der betreffende Knopf hatte und warum er wichtig war. »Siehst du?«, sagte er immer wieder.
Ich nickte jedes Mal brav. Denn sehen konnte ich es tatsächlich: Er drückte eine Taste links oben, er verschob den zweiten Regler von rechts.
Es dauerte und dauerte. Man sollte nie einen DJ fragen, wie seine Geräte funktionieren.
»Na, gefällt’s dir?«, fragte er.
»Ja, aber kann ich jetzt vielleicht mal was hören?«
»Oh Mann, entschuldige! Das hab ich gar nicht gemerkt.«
Er wurde rot. Total süß. Ich schmolz dahin.
Easy schaltete die Boxen ein.
»Das eine Stück hat einen etwas schnelleren Rhythmus, hörst du? Und das andere ein Trompetensolo. Später kommt noch ein Saxophon dazu und danach ein Marimbasolo. Beim ersten sind die Bässe ziemlich ausgeprägt, die drehe ich gleich zu Anfang auf, und dann kommt das andere Stück dazu. Na, wie hört sich das an?«
Ich machte ein paar Tanzschritte.
»Gut, nicht?«
Gut? Es war fantastisch!
Den ganzen Nachmittag mixte er Musik und ich hörte zu und tanzte. Tanzte alles aus mir heraus. Immer begeisterter. Mein ganzer Körper war Musik, Rhythmus, Bewegung, und alle Sorgen um Tibby fielen von mir ab.
»Willst du auch mal?«, fragte Easy, als wir uns bei einer Tasse Tee ausruhten.
»Gern.«
Ich solle einfach irgendetwas machen, meinte er, als ich vorm Mischpult stand. Also drückte ich aufs Geratewohl ein paar Knöpfe und schob Regler rauf und runter.
Das Resultat hörte sich grauenhaft an. Ganz eindeutig hatte ich keinen Computer im Hinterkopf, so wie Easy.
»Wie machst du das bloß?«, fragte ich.
»Moment, ich helf dir«, sagte er. Er stellte sich dicht hinter mich, so nah, dass ich seine Wärme in meinem Rücken spürte. Als er seine Hände auf meine legte, durchzuckte mich eine Art Stromstoß.
Er führte meine rechte Hand zu einem Regler.
»Hörst du?«, flüsterte er mir ins Ohr.
Die Musik veränderte sich ein wenig, aber ich achtete nicht mehr darauf. Fühlte nur noch seine Hände auf meinen. Meine Hände, seine Hände.
Sein Gesicht war ganz nah.
»Und jetzt so …« Er bewegte meine andere Hand.
Sein Haar kitzelte meine Wange.
Mir wurde ganz warm und das vertraute Kribbeln erfasste meinen Körper. Vorsichtig lehnte ich mich einen Millimeter zurück und noch einen, bis ich mit den Schultern seine Brust berührte.
Funken, Feuerwerk!
Er legte den Arm um mich.
Ich schloss die Augen, spürte seinen Atem, seinen Herzschlag, seine Wärme.
Plötzlich lag ich in seinen Armen. Er zog mich fest an sich. Und dann waren da nur noch sein Mund, seine Lippen, seine Zunge, so zärtlich, süß und voller Hingabe.
Wir atmeten im gleichen Rhythmus und der Takt wurde immer rasanter.
Ich vergaß die Zeit.
Ich vergaß das Hockeytraining.
Ich vergaß den Einkauf.
Ich vergaß sogar Tibby.
Alles war mit einem Mal so leicht und ich ließ mich einfach fallen.
Easy und ich, das waren zwei Beats, die perfekt
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