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Flüsterherz

Flüsterherz

Titel: Flüsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debora Zachariasse
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miteinander harmonierten. Das waren Schmetterlinge pur. Das waren neunter Stock und siebter Himmel auf einmal.

10
    Verknallt sein wirkte sich verheerend auf meine Konzentration aus. In der Nacht hatte ich kaum ein Auge zugemacht, weil die Schmetterlinge in meinem Bauch wilde Partys feierten, und auch in der Schule war ich nicht bei der Sache.
    Dass Tibby noch immer fehlte, nahm ich kaum wahr. Ich konnte nur an Easy denken. Und wollte auch nur an ihn denken. Immer wieder spürte ich seine Hände auf meinen, seine Haare an meiner Wange, seine Lippen, seine Küsse, zärtlich und leidenschaftlich. In Gedanken schmeckte ich seinen Pfefferminzatem, roch den Duft seiner Haut.
    Die Englischstunde zog an mir vorbei, ohne dass ich etwas mitbekam.
    Ich erschrak deshalb furchtbar, als mitten in der Stunde ein Höllenlärm von draußen meine Träume zerschlug.
    Ein riesiger gelber Kranwagen knatterte auf den Schulhof, gleich dahinter kam Putzteufel, der mit majestätischen Gebärden einer Gruppe Bauarbeiter Anweisungen gab. Am Arm des Krans baumelte ein unförmiges Ding aus Beton und viel rostigem Metall.
    Weil Wilkes bereits mürrisch dreinschaute, schrieb ich Eileen rasch einen Zettel, auf Englisch, versteht sich.

    Sie antwortete:

    Kunst? Wo denn, bitte? Ich sah nur kräftige Kerle mit Bauarbeiterdekolleté. Oder war darunter ein Typ, der Art hieß? War Eileen etwa schon wieder in jemand anderen verschossen? Was war mit Timo?

    Eileen bekam prompt einen Lachkrampf.
    Wilkes warf uns einen strengen Blick zu.
    »Nein, du Dussel. Art heißt Kunst«, wisperte sie. »Das ist ein Kunstwerk!«
    Wie bitte? Mein liebestrunkenes Hirn kam nicht mehr mit.
    Dieses abartig hässliche Teil sollte unser Kunstwerk sein??? Dafür betrieben wir solch einen Aufwand? Wegen diesem rostigen Betonmonster hielt der Bürgermeister eine Rede? Wenn das ein Ausdruck unserer Zivilisation sein sollte, dann gute Nacht. Da konnten es die Uralt-Pharaonen aber besser.
    Ich war maßlos enttäuscht. Bestimmt hatte der arme Künstler unter einer Depression gelitten. Ein ganzes Jahr lang. Und währenddessen dieses Unding fabriziert. Statt etwas wirklich Schönes zu machen.
    Zum Beispiel ein cooles Wandbild für die langweilige Pausenhalle.
    Oder eine witzige Maschine, die in unregelmäßigen Abständen Kreidestummel aus dem Fenster schmeißt.
    Oder eine Statue, einen gut gebauten männlichen Akt.
    Oder einen neuen Fußboden für die Pausenhalle und die Flure, aus kleinen kunterbunten Mosaikfliesen.
    Wenn das hier Kunst war, konnte ich mich ab jetzt auch Künstlerin nennen. Und sofort nach Ägypten reisen, studienhalber. Mit Easy natürlich.
    »Ä-hem.«
    Wilkes’ irritierendes »Jetzt-wird-aber-aufgepasst!«-Hüsteln.
    Mit einem Seufzer versuchte ich, mich auf den Unterricht zu konzentrieren.

11
    Eigentlich hatte ich gehofft, Tibby würde bald wieder auftauchen, nachdem ich den Zettel in JPs Fach gelegt hatte. Als sie nach ein paar Tagen immer noch fehlte, ging ich in der großen Pause zu ihm.
    JP nahm seine Brille ab und musterte mich freundlich.
    »Guten Morgen, Herr van Dijk«, sagte ich höflich.
    »Ich habe deine Nachricht gelesen, Anna.«
    »Und?«
    »Ich habe mich mit Tibbys Eltern in Verbindung gesetzt und Diverses veranlasst«, sagte er vage.
    »Wann kommt sie wieder?«
    »Es kann leider noch ein bisschen dauern, bis Tibby wieder den Unterricht besucht. Wichtig ist, dass du in der Zwischenzeit Kontakt zu ihr hältst. Bist du dazu bereit?«
    »Hmm, versuchen kann ich’s ja, aber viel Sinn hat es nicht.« Ich dachte an die unzähligen unbeantworteten SMS, die ich ihr geschickt hatte. »Sie reagiert einfach nicht. Manchmal glaub ich, sie will überhaupt nichts mehr mit mir zu tun haben. Deshalb hab ich eigentlich keine …« Ich brach ab.
    »Das leuchtet mir ein. Ich möchte auch auf keinen Fall, dass du in die familiären Probleme mit reingezogen wirst. Aber du bist nun einmal eine wichtige Bezugsperson für Tibby, der sie sehr viel Vertrauen entgegenbringt. Wenn sie ab und zu von dir hören würde, könnte sie das aufmuntern.«
    »Meinen Sie?«
    Er nickte.
    »Ich soll ihr also weiterhin simsen, auch wenn sie nicht reagiert?«
    »Ruf sie an, schreib eine SMS oder E-Mail, was dir lieber ist«, sagte er. »Wenn Tibby antwortet, wäre das schön, aber rechne lieber nicht damit.« Er lächelte mir zu. »Helfen würde es bestimmt.«
    »Na gut, ich bleib dran«, sagte ich zögernd. »Was haben denn Tibbys Eltern gesagt? War ihre Mutter wütend, weil Sie

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