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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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reicht aber nicht.«
    Der Anruf hatte jede Aussicht darauf verdorben, daß sie die Nacht gemeinsam verbringen würden. Sie war nun nicht mehr in der Stimmung, verführt zu werden, und Tony spürte das.
    »Möchten Sie, daß ich noch eine Weile dableibe, falls er noch einmal anruft?«
    »Das wäre ganz reizend von Ihnen«, meinte sie. »Aber wahrscheinlich haben Sie recht. Er ist nicht gefährlich. Wenn er das wäre, würde er herkommen, statt nur anzurufen. Und außer dem haben Sie ihn abgeschreckt. Wahrscheinlich meint er, die Polizei wartet hier auf ihn.« »Hat man Ihnen Ihre Pistole zurückgegeben?« Sie nickte. »Ich war gestern in der Stadt und habe den Antrag ausgefüllt. Das hätte ich gleich tun müssen, als ich hier einzog. Wenn der Typ wirklich hier auftaucht, kann ich ihn jetzt ganz legal abknallen.«
    »Ich glaube wirklich nicht, daß er Sie heute nacht noch einmal belästigen wird.« »Da haben Sie sicher recht.«
    Zum erstenmal hatte sich eine gewisse Verlegenheit zwischen ihnen ausgebreitet.
    »Nun, ich denke, ich gehe jetzt besser.« »Es ist spät«, pflichtete sie ihm bei. »Vielen Dank für den Cognac.« »Vielen Dank für einen reizenden Abend.« An der Tür fragte er: »Haben Sie morgen abend schon etwas vor?«
    Sie wollte ablehnen, als ihr einfiel, wie wohl sie sich neben ihm auf dem Sofa gefühlt hatte. Und dann fiel ihr Wally Topelis' Warnung ein, daß sie im Begriff stand, Einsiedlerin zu werden. Sie lächelte und sagte: »Ich bin frei.« »Großartig. Was würden Sie gerne unternehmen?« »Was Sie wollen.«
    Er überlegte einen Augenblick. »Wollen wir einen ganzen Tag miteinander verbringen?« »Nun ... warum eigentlich nicht?«
    »Wir fangen mit dem Mittagessen an. Ich hole Sie mittags ab.« »Ich werde Sie erwarten.« Er küßte sie leicht und zärtlich auf die Lippen. »Bis morgen«, meinte er. »Ja.«
    Sie sah ihm noch nach, schloß dann die Tür hinter ihm und sperrte ab.
     
    Den ganzen Samstag lag Bruno Fryes Leiche allein im Forever-View-Bestattungsinstitut, unbeobachtet, ohne daß sich jemand um sie kümmerte.
     
    Noch Freitag nacht legten Avril Tannerton und Gary Olmstead, nachdem Joshua Rhinehart gegangen war, den Leichnam in einen anderen Sarg, in ein prunkvolles, mit Messingbeschlägen versehenes Modell mit Innenausstattung aus Samt und Seide. Sie zwängten den toten Mann in ein weißes Sterbekleid, legten ihm die Arme gerade an die Seite und zogen eine weiße Samtdecke bis zur Mitte seiner Brust. Da das Fleisch sich in keinem guten Zustand befand, wollte Tannerton keine Mühe mehr darauf verwenden, die Leiche präsentabel zu machen. Gary Olmstead hielt es für grobe Respektlosigkeit, eine Leiche ohne Make-up und Puder ins Grab zu legen, aber Tannerton überzeugte ihn davon, daß auch die besten Kosmetikkünste Bruno Fryes eingeschrumpftes gelbgraues Antlitz nicht mehr verschönern könnten. »Und außerdem«, erklärte Tannerton, »sind Sie und ich die zwei letzten Menschen auf dieser Welt, die ihn zu Gesicht bekamen. Wenn wir diesen Sarg heute nacht verschließen, wird er nie wieder geöffnet werden.«
    Um 21.45 Uhr Freitag nacht verschlossen die beiden den Deckel des Sarges und verriegelten ihn sorgfältig. Als das erledigt war, fuhr Olmstead zu seiner unauffälligen kleinen Frau und seinem stillen, unaufdringlichen jungen Sohn nach Hause. Avril ging die Treppe hinauf; er wohnte über den Räumen der Toten.
    Am Samstag früh fuhr Tannerton mit seinem silbergrauen Lincoln nach Santa Rosa. Er nahm seine kleine Reisetasche mit, denn er hatte nicht vor, vor Sonntag morgen zehn Uhr zurückzukehren. Bruno Fryes Bestattung war die einzige, die in nächster Zeit auf dem Plan stand. Da es keine Aufbahrung gäbe, bestand auch für ihn keine Veranlassung, im Forever View zu bleiben; er würde erst bei den Bestattungsfeierlichkeiten am Sonntag wieder gebraucht werden.
     
    Er hatte eine Frau in Santa Rosa. Sie war die letzte in einer langen Reihe von Frauen; Avril genoß die Vielfalt. Sie hieß Helen Virtillion, sah gut aus, war Anfang dreißig, sehr schlank, mit großen, festen Brüsten, die ihn ungemein faszinierten. Eine Menge Frauen fühlten sich zu Avril Tannerton hingezogen, nicht nur aufgrund seiner Besonderheiten, sondern gerade wegen seines Berufes. Natürlich gab es auch Frauen, die sich zurückzogen, sobald sie erfuhren, daß er als Leichenbestatter arbeitete. Aber eine überraschend große Zahl fühlte sich von seinem außergewöhnlichen Beruf geradezu angezogen, ja sogar

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