Flüstern in der Nacht
anständiges Lokal. Wir haben vielleicht einmal die Woche Ärger. Höchstens.« »Wie funktioniert Ihr Trick?« fragte Tony. »Wie ich das Glas zerbeiße? Nun, ein kleines Geheimnis steckt dahinter. Aber das kann man leicht erlernen.« Die Band brach in etwas aus, was sie wohl für Bob Seegers Still the Same hielt, aber es klang so, als stünde eine Bande Halbstarker gerade im Begriff, in ein anständiges Haus einzudringen, in der Absicht, es völlig zu demolieren. »Haben Sie sich schon mal dabei geschnitten?« brüllte Tony Otto an.
»Gelegentlich. Nicht oft. Die Zunge habe ich mir noch nie verletzt. An der Zunge merkt man, ob man den Trick wirklich beherrscht«, sagte Otto. »Und die hab' ich mir nie verletzt.« »Aber sonst bekamen Sie schon Verletzungen ab?« »Sicher. Die Lippen ein paarmal. Aber nicht oft.« »Das macht den Trick noch wirksamer«, warf die Blondine ein. »Sie sollten sehen, wenn er sich schneidet. Otto steht dann vor dem Typen, der den Ärger verursachte, und tut so, als wüßte er nichts von seiner Verletzung. Er läßt das Blut einfach laufen.« Ihre grünen Augen strahlten entzückt und ließen einen kleinen Funken animalischer Leidenschaft erkennen, der Tony unruhig auf seinem Barhocker hin und her rutschen ließ. »Er steht da mit blutigen Zähnen, das Blut sickert in seinen Bart und warnt den Burschen, ja keinen Ärger zu machen. Sie glauben gar nicht, wie schnell die Kerle sich beruhigen.«
»Das glaube ich schon«, meinte Tony. Ihm war beinahe übel. Frank Howard schüttelte den Kopf und sagte: »Nun...« »Yeah«, antwortete Tony, dem gar nichts einfallen wollte. »Okay...«, fuhr Frank fort, »kommen wir wieder auf Bobby Valdez.« Er tippte auf die Fotos, die auf der Theke lagen. »Oh. Nun, ich sagte Ihnen bereits, er war wenigstens einen Monat nicht mehr hier.«
»An jenem Abend, nachdem er Sie beschimpft und Sie ihn mit Ihrem Bierglastrick beruhigt hatten, blieb er da noch hier?«
»Ich hab' ihm ein paar Drinks gemixt.« »Sie haben also seinen Ausweis gesehen!« »Mhm.«
»Um was für einen Ausweis handelte es sich – Führerschein?«
»Yeah. Er war dreißig, stellen Sie sich das vor. Dabei sah er aus, als ginge er in die elfte Klasse Oberschule, doch der war tatsächlich dreißig.«
»Erinnern Sie sich an den Namen auf dem Führerschein?« fragte Frank.
Otto befingerte den Haifischzahn an seinem Hals. »Sein Name? Den kennen Sie doch schon.« »Das stimmt«, meinte Frank. »Ich hätte gern gewußt, ob er Ihnen vielleicht einen falschen Führerschein gezeigt hat.« »Sein Bild war drauf«, erklärte Otto. »Das sagt noch nichts über seine Echtheit.« »Auf einem kalifornischen Führerschein kann man die Bilder doch nicht austauschen. Zerstört sich die Karte nicht selbst, wenn man daran herummacht, oder?« »Ich meine, die ganze Karte könnte eine Fälschung sein.« »Gefälschte Papiere«, meinte Otto sichtlich beeindruckt. »Gefälschte Papiere...« Allem Anschein nach hatte er sich ein paar Dutzend alter Spionagefilme im Fernsehen angesehen. »Worum geht's denn hier? Irgendeine Spionagesache?« »Ich glaube, jetzt läuft was verkehrt«, sagte Frank ungeduldig. »Wie?«
»Wir sind diejenigen, die hier Fragen stellen«, sagte Frank. »Sie sollen sie beantworten. Klar?«
Der Barmixer gehörte zu jenen Leuten, die auf Polizisten schnell negativ reagieren, ganz besonders, wenn sie den Eindruck gewinnen, sie werden in die Enge getrieben. Sein dunkles Gesicht verschloß sich, und aus seinen Augen wich der Glanz.
Tony, der merkte, daß sie Otto zu verlieren schienen, obwohl er ihnen vielleicht noch Wichtiges mitteilen konnte, legte Frank die Hand auf die Schulter und drückte sie. »Du willst doch nicht, daß er anfängt, ein Glas zu zerkauen, oder?«
»Ich würde es gern noch mal sehen«, meinte die Blondine und grinste.
»Willst du's lieber auf deine Tour machen?« fragte Frank Tony. »Ja.«
»Nur zu.«
Tony schaute Otto lächelnd an. »Hören Sie, Sie sind neugierig, und wir auch. Schließlich tut es keinem weh, wenn wir Ihre Neugierde befriedigen, solange Sie auch die unsere befriedigen.«
Otto wurde wieder zugänglicher. »So seh' ich das auch.« »Okay«, meinte Tony.
»Okay. Was hat denn dieser Bobby Valdez angestellt, daß Sie so scharf auf ihn sind?«
»Verstöße gegen die Bewährungsvorschriften«, erwiderte Tony.
»Und Körperverletzung«, erklärte Frank widerstrebend. »Und Notzucht«, ergänzte Tony.
»He«, machte Otto, »hatten Sie nicht gesagt,
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