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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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legte.
    Frank wartete schon am Steuer ihres nicht als Polizeiwagen gekennzeichneten Autos. Tony stieg ein und schnallte sich an. Einem Hinweis mußten sie noch nachgehen, dann konnten sie Schluß machen für heute. Ein paar Leute aus der Single-Bar in Century City hatten nicht nur das Paradise erwähnt, sondern obendrein behauptet, sie hätten Bobby Valdez auch im The Big Quake, am Sunset Boulevard, drüben in Hollywood, gesehen.
    In Richtung Innenstadt war der Verkehr mäßig stark. Manchmal wurde Frank etwas ungeduldig und wechselte die Fahrspur, was häufiges Hupen und quietschende Bremsen zur Folge hatte und lediglich einige Wagenlängen Vorsprung brachte, doch heute tat er das nicht. Heute ließ er sich einfach treiben.
    Tony fragte sich, ob Frank Howard vielleicht mit Otto über Philosophie diskutiert hatte.
    Nach einer Weile bemerkte Frank: »Die hättest du haben können.« »Wen?«
    »Diese Blondine. Diese Judy.« »Im Dienst?«
    »Du hättest dich ja für später verabreden können. Die war ja ganz wild auf dich.« »Nicht mein Typ.« »Eine Klassefrau.« »Ein Monster.« »Was, die?«
    »Die hätte mich bei lebendigem Leib aufgefressen.« Frank dachte zwei Sekunden lang nach und meinte dann: »Quatsch. Ich würde sie ausprobieren, wenn ich die Chance hätte.«
    »Du weißt, wo du sie finden kannst.« »Vielleicht fahr' ich, wenn wir fertig sind, noch mal hin.« »Tu' das«, meinte Tony. »Ich besuch' dich dann im Sanatorium, wenn sie dich fertig gemacht hat.« »Mensch, was ist los mit dir? So etwas Besonderes war die doch nicht. Damit kommt man doch klar.« »Vielleicht hatte ich deshalb keine Lust.« »Das mußt du mir schon näher erklären.« Tony Clemenza fühlte sich müde und fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht, als wäre die Müdigkeit eine Maske, die man herunterziehen und wegwerfen könnte. »Sie war mir zu abgegriffen.«
    »Seit wann bist du denn Puritaner?«
    »Bin ich nicht«, erwiderte Tony. »Oder ... nun, ja ... okay, vielleicht bin ich's. Ein wenig. Vielleicht gibt's irgendwo in mir eine puritanische Ader. Ich lebte weiß Gott in ein paar dieser sogenannten ›sinnvollen Beziehungen‹. Ich bin alles andere als prüde. Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, in einem Laden wie dem Paradise auf Fang zu gehen, die Frauen ›Füchse‹ zu nennen und mich nach frischem Fleisch umzusehen. Außerdem könnte ich unter keinen Umständen bei all dem Gequatsche zwischen den Nummern dieser Band eine ernste Miene wahren. Kannst du dir vorstellen, wie ich da drin aussähe? ›Hi, ich bin Tony. Wie heißen Sie denn? Unter welchem Sternzeichen sind Sie geboren? Interessieren Sie sich für Numerologie? Glauben Sie an die unglaubliche Totalität der kosmischen Energie? Glauben Sie an die Vorsehung als die Verkörperung einer allumfassenden kosmischen Wesenheit? Glauben Sie, daß es uns vorbestimmt ist, wie und wo wir ein- ander begegnen? Glauben Sie, wir könnten all das schlechte individuell in uns aufgebaute Karma loswerden, indem wir gemeinsam eine positive Energie erzeugen? Willst du bumsen?‹«
    »Außer bumsen«, sagte Frank trocken, »hab' ich kein Wort von all dem verstanden.«
    »Ich auch nicht. Und genau das meine ich. In einem Laden wie dem Paradise gibt's nur Plastikgeschwätz, glattes, oberflächliches Gefasel, um einen möglichst problemlos ins Bett zu bekommen. Im Paradise fragt man eine Frau nichts von Bedeutung. Man erkundigt sich nicht nach ihren Gefühlen, ihren Talenten, ihren Ängsten, Hoffnungen, Bedürfnissen oder Träumen. Also liegt man am Ende mit einer völlig Fremden im Bett. Und was noch schlimmer ist, man bumst zum Schluß mit einem Fuchs, einem ausgeschnittenen Bild aus einem Herrenmagazin, mit einem Bild, nicht etwa mit einer Frau, einem Körper, einem Menschen, und das bedeutet, daß man überhaupt keine Gefühle entwickelt. Der ganze Akt minimiert sich lediglich auf die Befriedigung körperlicher Bedürfnisse, und das unterscheidet sich kaum vom Rückenkratzen oder Stuhlgang haben. Wenn ein Mann das für Sex hält, könnte er ebensogut zu Hause bleiben und die Hand nehmen.« Frank bremste an einer roten Ampel und meinte: »Aber blasen kannst du dir mit der Hand keinen.«
    »Herrgott, Frank, manchmal kannst du wirklich verdammt ordinär sein.«
    »Nein, ich denke nur praktisch.«
    »Was ich sagen möchte, für mich lohnt das Tanzen nicht die Mühe, wenn ich den Partner nicht kenne. Ich gehör' eben nicht zu den Leuten, die bloß in eine Disco geh'n, um sich an

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