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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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seine Energie reichte nicht einmal mehr aus, um das zu bewerkstelligen. Seine muskelbepackten Arme, seine mächtigen Schultern, sein riesiger Brustkasten, sein muskulösen Rücken und seine mächtigen Schenkel – alle versagten ihm den Dienst.
    Er schaffte es nicht, den Anruf zu tätigen, und er war nicht mehr in der Lage, aufrecht stehen zu bleiben. Er fiel, rollte herum und blieb mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden liegen.
    Er konnte sich nicht bewegen. Er konnte nicht sehen. Er war blind. Es herrschte sehr schwarze Dunkelheit. Er hatte Angst.
    Er versuchte, sich einzureden, daß er ebenso von den Toten zurückkehren würde, wie Katherine das getan hatte. Ich werde zurückkommen und sie mir vornehmen, dachte er. Ich werde zurückkommen. Aber in Wirklichkeit glaubte er das selbst nicht. Während er dalag und sich im Kopf immer leichter fühlte, gab es einen überraschend klaren Augenblick, in dem er sich fragte, ob er sich vielleicht in bezug auf Katherine getäuscht hatte und sie gar nicht von den Toten zurückgekommen war. Vielleicht entsprang das Ganze seiner Phantasie? Hatte er in Wirklichkeit bloß Frauen getötet, die ihr ähnelten? Unschuldige Frauen? War er wahnsinnig?
    Eine neue Explosion des Schmerzes fegte seine Gedanken weg und zwang ihn, wieder über die drückende Dunkelheit nachzudenken, in der er lag. Er spürte, wie sich etwas auf ihm bewegte. Lebewesen, die auf ihm herumkrochen. Wesen, die auf seinen Armen und Beinen herumkrochen. Wesen auf seinem Gesicht. Er versuchte zu schreien. Schaffte es nicht. Und dann hörte er das Wispern. Nein!
    Seine Gedärme lockerten sich.
    Das Wispern schwoll zu einem wilden, zischenden Chor an und riß ihn fort, wie ein mächtiger schwarzer Strom.
    Am Donnerstagmorgen stießen Tony Clemenza und Frank Howard auf Jilly Jenkins, einen alten Freund von Bobby »Angel« Valdez. Jilly hatte den Killer mit dem Babygesicht zum letztenmal im Juli gesehen. Damals gab Bobby gerade eine Stellung in der WG-Wäscherei am Olympic Boulevard auf. Mehr wußte Jilly auch nicht. Die WG, ein großes einstöckiges Gebäude, entstand Anfang der fünfziger Jahre, als eine Vielzahl begnadeter Architekten in Los Angeles die Idee gebar, spanische Stilelemente mit Bestandteilen des modernen Fabrikbaues zu vermischen. Tony hatte nie begreifen können, wie ein Architekt derart gefühllos solch eine groteske Mischung für schön halten konnte. Das orangerote Ziegeldach trug Dutzende von Kaminen und Entlüftungsöffnungen mit Wellblechverkleidungen; aus etwa einem halben Dutzend dieser Schächte stieg Dampf auf. Die Fensterrahmen bestanden aus schwerem dunklen, rustikal wirkenden Holz, als handle es sich hier um die Casa irgendeines Großgrundbesitzers; doch das häßliche Fabrikfensterglas war mit Drahtgeflecht durchsetzt. Statt Verandas gab es Laderampen. Die Mauern waren hoch und gerade, die Ecken scharf und das Ganze wirkte kastenförmig – das genaue Gegenstück zu den eleganten Bögen und gerundeten Kanten echter spanischer Bauten. Das ganze Werk wirkte wie eine alternde Hure, die elegantere Kleidung als gewöhnlich trug, in dem verzweifelten Versuch, sich als würdige Dame auszugeben. »Warum haben die das gemacht?« fragte Tony, als er aus dem unmarkierten Polizeiwagen stieg und die Tür hinter sich schloß.
    »Was getan?« fragte Frank.
    »Warum haben die so viele scheußliche Bauten errichtet? Welchen Sinn sollte das haben?«
    Frank blinzelte. »Was ist denn so scheußlich daran?« »Stört dich das nicht?«
    »Das ist eine Wäscherei. Brauchen wir etwa keine Wäschereien?«
    »Hast du einen Architekten in deiner Familie?« »Architekt? Nein«, antwortete Frank. »Warum fragst du?« »Nur so.«
    »Weißt du, manchmal ergibt das, was du von dir gibst, recht wenig Sinn.«
    »Das hat man mir schon öfter gesagt«, erklärte Tony. Im Büro am vorderen Ende des Gebäudes baten die beiden darum, mit dem Besitzer, Vincent Garamalkis, sprechen zu dürfen, wurden aber nicht gerade herzlich empfangen. Die Sekretärin benahm sich ausgesprochen unfreundlich. Die WG-Wäscherei hatte in den letzten vier Jahren wegen Beschäftigung illegaler Einwanderer Strafe bezahlen müssen. Die Sekretärin glaubte, Tony und Frank kämen von der Einwanderungsbehörde. Nachdem sie die Polizeiausweise sah, taute sie ein wenig auf, war aber noch immer nicht gerade kooperativ, bis Tony sie davon überzeugte, daß sie die Nationalität der bei der WG beschäftigten Leute nicht im geringsten interessierte. Jetzt gab

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