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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nahm das Messer und lächelte verlegen, weil ihr klar wurde, wie naiv sie gewesen war. Ein Nahkampf mit Bruno Frye? Ein Messerkampf mit einem Verrückten? Wie hatte sie ernstlich glauben können, in einem solch ungleichen Kampf nur die leiseste Chance zu haben? Frye war um ein Vielfaches stärker als sie. Letzte Nacht hatte sie Glück gehabt, ihm zu entkommen, hatte glücklicherweise die Pistole gehabt. Aber wenn sie versuchte, sich im Messerkampf mit ihm anzulegen, würde er sie glatt in Stücke schneiden. In der Absicht, das Messer in die Küche zurückzutragen und bis zum Eintreffen des Leibwächters angezogen zu sein, ging sie zur Schlafzimmertür, sperrte sie auf, öffnete sie, trat in den Korridor hinaus und schrie vor Entsetzen, als Bruno Frye sie packte und gegen die Wand schmetterte. Ihr Hinterkopf stieß krachend gegen den Verputz. Sie hatte einige Mühe, von der Welle der aufwallenden Finsternis nicht in die Tiefe gezogen zu werden, die über ihr zusammenzuschlagen schien. Er packte sie mit der rechten Hand am Hals und drückte sie gegen die Wand. Mit der linken Hand riß er ihren Morgenrock auf, quetschte ihre nackten Brüste, feixte sie lüstern an und nannte sie ein Miststück, eine Schlampe. Er mußte ihr Telefonat mit Wally belauscht haben, mußte gehört haben, daß die Polizei ihr die Pistole weggenommen hatte, denn er zeigte nicht die geringste Spur von Angst. Das Messer hatte sie Wally gegenüber nicht erwähnt; deshalb war Frye nicht darauf vorbereitet. Sie rammte ihm die zehn Zentimeter lange Klinge in den Bauch. Ein paar Sekunden lang schien er überhaupt nichts wahrzunehmen; seine Hände ließen von ihren Brüsten ab, glitten an ihr herunter, tasteten nach ihrem Unterleib. Als sie das Messer aus seinem Körper herausriß, überkam ihn der Schmerz. Seine Augen weiteten sich, und er stieß einen schrillen Schrei aus. Hilary jagte ihm die Klinge erneut in den Leib, traf ihn diesmal weiter oben, dicht unter den Rippen. Plötzlich wirkte sein Gesicht so weiß und fettig wie Rindertalg. Er heulte auf, ließ sie los, taumelte rückwärts, bis er gegen die andere Wand stieß und dabei ein Ölbild zu Boden riß.
    Ein krampfartiges Schaudern der Abscheu durchlief Hilary. Sie begriff, was sie getan hatte. Aber sie ließ das Messer nicht fallen, war darauf vorbereitet, erneut zuzustechen, falls er sie angreifen sollte.
    Bruno Frye blickte erstaunt an sich herab. Das Messer war tief in seinen Leib eingedrungen. Ein dünner Blutstrom quoll aus der Wunde und rötete seinen Pullover und seine Hose. Hilary wartete nicht ab, bis der Ausdruck der Verblüffung in Schmerz und Wut umschlug. Sie drehte sich um und rannte ins Gästezimmer, schlug die Tür zu und sperrte sie ab. Eine halbe Minute lang hörte sie Fryes leises Stöhnen und Fluchen, ein Herumtappen, und fragte sich, ob seine Kräfte wohl noch ausreichen mochten, um die Tür einzuschlagen. Sie glaubte ihn den Korridor hinuntertaumeln zu hören, auf die Treppe zu, war sich aber nicht sicher. Sie rannte ans Telefon, hob mit blutleeren, zitternden Händen den Hörer ab und wählte die Nummer der Polizei.
    Dieses Miststück! Dieses verdammte, dreckige Miststück! Frye griff sich unter seinen gelben Pullover und umkrallte die tiefere der beiden Wunden, die im Bauch, weil die am meisten blutete. Er preßte die beiden Wunden, so gut er konnte, zusammen und versuchte, das Leben in sich zu halten. Er spürte, wie das warme Blut durch die Nähte seiner Handschuhe quoll, über seine Finger lief.
    Besonders weh tat es nicht; da war nur ein dumpfes Brennen im Bauch und ein Prickeln an der linken Seite, wie von elektrischem Strom. Ein schwaches rhythmisches Pochen im Gleichklang mit seinem Herzschlag. Mehr nicht. Dennoch wußte er, daß er schwer verletzt war und sein Zustand sich mit jeder Sekunde verschlechterte. Er fühlte sich jämmerlich schwach. Seine ganze Kraft war plötzlich völlig aus ihm herausgesprudelt.
    Mit einer Hand den Bauch haltend und mit der anderen das Treppengeländer umklammernd schleppte er sich ins Erdgeschoß hinunter, auf Treppenstufen, die so trügerisch schienen wie die Treppen in einem Spiegelsalon auf dem Jahrmarkt; er fühlte die ganze Zeit unter sich ein Rollen und Stampfen. Als er schließlich unten anlangte, war er über und über schweißbedeckt.
    Draußen brannte ihm die Sonne in die Augen. Sie wirkte heller, als er das je erlebt hatte; eine monströse Sonne, die den Himmel erfüllte und unbarmherzig auf ihn herunterknallte. Er

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