Flüstern in der Nacht
sie auch widerwillig zu, daß Mr. Garamalkis im Hause sei. Sie wollte sie gerade zu ihm führen, als das Telefon klingelte; sie wies ihnen hastig den Weg und bat sie, Garamalkis selbst zu suchen. Die riesige feuchte, heiße und laute Wäschereihalle roch nach Seife, Bleichmitteln und Dampf. Industriewaschmaschinen dröhnten, summten oder gaben schmatzende Geräusche von sich. Riesige Trockner rumpelten eintönig vor sich hin. Das Zischen und Knattern automatischer Faltvorrichtungen fuhr Tony durch Mark und Knochen. Die meisten der Angestellten, die die Wäschewagen entluden, ebenso wie die kräftig gebauten Männer, die die Maschinen fütterten, und die Frauen, die an einer Doppelreihe langer Tische Wäschestücke markierten, redeten miteinander in lautem, schnellem Spanisch. Während Tony und Frank von einem Ende des Saales zum anderen gingen, ebbte der Lärm langsam ab, weil die Angestellten innehielten und sie argwöhnisch musterten. Vincent Garamalkis saß ganz hinten an einem alten Schreibtisch, der auf einer knapp einen Meter hohen Plattform stand, von der aus er seine Angestellten beobachten konnte. Garamalkis sah sie kommen, stand auf und ging an den Rand seiner Plattform. Der kleine, kräftig gebaute Mann mit Halbglatze, harten Gesichtszügen und zwei sanft blickenden, haselnußgroßen Augen, die überhaupt nicht zu seinem übrigen Gesicht paßten, baute sich mit in die Hüften gestützten Armen vor ihnen auf, als wolle er sagen: ›Wagt ja nicht, auf mein Niveau heraufzusteigen.‹
»Polizei«, sagte Frank und ließ seinen Ausweis sehen. »Yeah«, raunzte Garamalkis.
»Nicht Einwanderungsbehörde«, versicherte ihm Tony. »Warum sollte mir die Einwanderungsbehörde angst machen?« fragte Garamalkis etwas in die Defensive gedrängt. »Weil Ihre Sekretärin Angst hatte«, meinte Frank. Garamalkis blickte finster und mit gerunzelter Stirn auf sie herab. »Ich bin sauber. Ich stelle ausschließlich amerikanische Bürger oder Ausländer mit Papieren ein.« »Oh, sicher«, erwiderte Frank sarkastisch. »Und die Bären haben aufgehört, in die Wälder zu scheißen.«
»Hören Sie«, meinte Tony, »uns interessiert wirklich nicht, wo Ihre Arbeiter herkommen.« »Was wollen Sie dann?«
»Wir würden Ihnen gern ein paar Fragen stellen.« »Worüber?«
»Über diesen Mann«, sagte Frank und reichte ihm die drei Fotos von Bobby Valdez.
Garamalkis warf einen Blick darauf. »Was ist mit dem?« »Kennen Sie ihn?« fragte Frank. »Warum?«
»Weil wir ihn gern finden würden.« »Wozu?«
»Er wird gesucht.« »Was hat er angestellt?«
»Hören Sie«, sagte Frank, dem die mürrische Art des Wäschereibesitzers anfing, auf die Nerven zu gehen. »Ich kann das hier auf die harte Tour spielen oder nicht. Wir reden jetzt oder auf dem Revier. Und wenn Sie hier den großen Mann rauskehren wollen, schalten wir die Leute von der Einwanderung ein. Uns ist es piepegal, ob Sie ein paar Mexikaner beschäftigen oder nicht. Aber wenn Sie uns jetzt Schwierigkeiten machen, dann sorgen wir dafür, daß Sie eine Menge Ärger kriegen. Haben Sie kapiert? Ist das klar?«
Und Tony fügte hinzu: »Mr. Garamalkis, mein Vater kam als Einwanderer aus Italien, mit ordentlichen Papieren und wurde schließlich amerikanischer Bürger. Aber einmal hatte er Schwierigkeiten mit der Einwanderungsbehörde. Das Ganze war ein Fehler in den Akten, irgendeine bürokratische Panne. Doch sie verfolgten ihn fünf Wochen lang, haben ihn immer wieder in der Arbeit angerufen und sind zu unmöglichen Zeiten in unserer Wohnung aufgetaucht. Die wollten Akten und Dokumente sehen, und wenn Papa sie ihnen vorlegte, meinten sie, das wären Fälschungen. Und die ganze Zeit diese Drohungen. Sie hatten ihm schon einen Ausweisungsbefehl zugestellt, ehe das Ganze aufgeklärt wurde. Er mußte sich einen Anwalt nehmen, den er sich nicht leisten konnte, und meine Mutter wurde in dieser Zeit halb hysterisch. Sie werden mir sicher glauben, daß ich die Einwanderungsbehörde nicht gerade schätze. Keinen Schritt würde ich unternehmen, denen zu helfen, Ihnen etwas anzuhängen. Keinen einzigen Schritt, Mr. Garamalkis.« Der Mann schaute Tony einen Augenblick lang an, schüttelte dann den Kopf und seufzte. »Ist das nicht zum Davonlaufen? Ich meine, vor ein oder zwei Jahren, als all die iranischen Studenten hier in L.A. Ärger machten, Wagen umstürzten und versuchten, Häuser in Brand zu stecken, da hat die verdammte Einwanderungsbehörde nicht im Traum daran gedacht, die aus
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