Fluesterndes Gold
bin eine sehr kompetente Person.«
»Ja, klar.« Auf seiner linken Wange erscheint ein Grübchen, wenn er lächelt.
Ich zwinge mich dazu, den Blick von dem netten Jungen und dem Grübchen abzuwenden. »Wirklich. Und normalerweise schreie ich auch nicht, wenn jemand an mein Fenster klopft.«
Ich will die Tür öffnen, aber er hält mit beiden Händen dagegen.
Er schaut die Straße hinunter zum Wald. »Bleib in deinem Auto, Zara.«
»Wir werden das Auto nicht flottkriegen. Du musst mich in deinem Auto zum Haus meiner Großmutter mitnehmen.«
»Es ist besser, wenn du im Auto bleibst.«
Ich funkle ihn wütend an. In mir verändert sich etwas. Was für ein autoritärer Idiot. »Ich kann selbst entscheiden, ob ich in meinem eigenen Auto sitzen bleibe oder nicht.«
»Ich versuche, dich aus dem Graben zu schieben. Es ist besser für uns beide, wenn du mit deinem Auto nach Hause fahren kannst«, sagt er und schaut wieder die Straße hinunter.
Diesmal folge ich seinem Blick. Mein Keuchen zerreißt die Stille. Ein Schatten springt von der Straße weg und verschwindet zwischen den Bäumen. O mein Gott. »Ist da vorn ein Mann in den Wald hineingerannt?«
Etwas blitzt in Nicks braunen Augen auf. Zorn? Eigensinn? Ich weiß es nicht. Meine Güte, ich weiß gar nichts. »Da war nichts. Fahr dein Fenster hoch. Geh in den Leerlauf. Ich versuche, dich aus dem Graben zuschieben.«
»Aber der Mann da vorn. Er könnte uns doch helfen?«
»Da war kein Mann.«
Die Muskeln an seinem Kiefer spannen sich an.
Ich schlucke. »Und wenn er helfen wollte, dann wäre er nicht in den Wald verschwunden, richtig?«
»Genau.«
»Also gut«, sage ich. »Ausgezeichnet. Aber da war ein Mann.« Meine Stimme klingt zornig und rau, und ich füge hinzu: »Du bist nicht stark genug. Das Auto ist schwer. Es ist ein Subaru.«
»Ich weiß, dass das ein Subaru ist, Zara. Lass es mich einfach versuchen.«
Er schaut wieder zum Wald hinüber. Die Spannung in seinen Schultern lässt ein bisschen nach. Dann streckt er die Hand durchs Fenster und berührt meine Wange. Seine Stimme ist auf einmal viel weicher: »Du hast geweint?«
Ich wende den Kopf ab, aber zu spät, nur ein kleines bisschen zu spät. Seine Finger an meiner Wange fühlen sich an wie elektrischer Strom, wie ein Magnet, dem ich nicht zu nahe kommen darf.
»Ich weine nicht«, lüge ich und will das Fenster hochfahren.
Seine Stimme hält mich zurück. »Es ist vollkommen in Ordnung zu weinen. Stecken bleiben ist total frustrierend, und du bist Eis und Schnee wahrscheinlich nicht gewohnt.«
»Ich habe nicht geweint.«
Er schüttelt den Kopf. Offenbar glaubt er mir nicht. Dann geht er um das Auto herum nach hinten und ruft: »Jetzt. Leg den Vorwärtsgang ein.«
»Okay, aber tu Yoko nicht weh.«
»Yoko?«
»Mein Auto.«
»Du hast dein Auto Yoko genannt? Wie Yoko Ono?«
»Hast du einen besseren Namen?«
»Wir wär’s mit Subaru?«
»Ich schalte jetzt!« Das Auto macht einen Satz und steht auf der Straße. Erstaunt trete ich auf die Bremse. Das Auto steht nicht mehr schief. Ich stecke nicht mehr fest. Juhu!
Nick trabt heran und wischt sich die Hände an den Jeans ab. Er beugt sich herab und grinst übermütig. »Ich hab dir doch gesagt, dass ich das schaffe.«
Seine Augen sind gar nicht so hart.
»Danke«, sage ich. Ich beiße mir auf die Lippen, schaue weg und schaue ihn dann wieder an. Meine Handflächen kribbeln. Warum sieht er bloß so gut aus? »Du hast dich nicht verletzt oder so?«
»Sehe ich aus, als wäre ich verletzt?«
Er sieht gut aus, aber ich werde das nicht laut sagen.
Ich lasse den Fuß auf der Bremse und schiebe den Ganghebel in Parkstellung.
Es gelingt mir, mich zusammenzureißen. Ich drehe mich, so gut ich kann, lege meine Hände auf die Fensterkante und sehe ihn an. Er ist so süß. Und er hat mir geholfen. Ich muss versuchen, nett zu ihm zu sein.
»Danke«, sage ich. »Ich hätte Yoko nur ungern im Stich gelassen, um zu Fuß nach Hause zu gehen.«
Seine Augen verändern sich schon wieder.
»Zara«, sagte er. »Wenn du jemals eine Mitfahrgelegenheit brauchst, dann ruf mich an oder Issie. Okay?«
Er legt seine Hände auf meine, sodass sie vollkommen bedeckt sind. Sie sind wirklich sehr groß und warm, aber dennoch lassen sie mich frösteln. Aber ich entziehe mich nicht. Ich möchte es nicht.
»Ich habe deine Nummer nicht.« Meine Worte kommen langsam, wie betäubt.
»Ich geb sie dir. Meine Handynummer.«
Er schreibt die Nummer auf eine alte
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