Fluesterndes Gold
Benzinquittung und reicht sie mir mit großer Geste. Ich nehme sie.
»Was bist du? Mister Retter-neuer-Mitschülerinnen?« Ich sage das lachend, damit es nicht gemein klingt.
»Nicht aller neuer Schülerinnen.«
Ich versuche, innerlich nicht dahinzuschmelzen. »Nur mein Retter?«
Er legt den Kopf schief.
»Vielleicht?« Seine Stimme verhallt. Er schaut suchend die Straße hinunter. »Und du hast wirklich da vorn jemand in den Wald gehen sehen?«
Ich nicke. »Du nicht?«
Er antwortet nicht, sondern fährt sich mit der Hand durch die Haare.
Auf einmal besinne ich mich darauf, wie man sich höflich benimmt als die halbe Südstaatenlady, die ich ja bin. Schließlich hat er tatsächlich mein Auto flottbekommen.
»Danke«, sage ich, »dass du mein Auto rausgeschoben hast und so.«
Er lächelt mich wieder an, und aus dem Augenwinkel heraus meine ich, vorn auf der Straße etwas zu sehen. Ich kann es nicht ab. Ich kann es nicht ab, wenn ich etwas nicht weiß. Ich stoße die Tür auf und stürze die Straße hinunter bis zu der Stelle, wo ich den Mann gesehen habe.
»Was machst du da?«, ruft Nick hinter mir her. »Zara!«
»Ich habe ihn wieder gesehen.« Ich renne weiter und schau vor mich auf den Boden. Nick stürmt hinter mir her.
»Was machst du da?«, sagt er noch einmal.
»Ich suche nach Beweisen«, sage ich und bleibe stehen. Dann zeige ich auf den Boden. Dort liegen auf abgetrocknetem Schlamm, Eis und Zweigen winzige Körnchen von goldenem Puder wie Glitter, nur noch kleiner. Ich weiche zurück und stolpere in Nick hinein. »Oh mein Gott.«
Er packt meine Schultern, lässt dann aber los und beugt sich nach vorn, um den Puder anzufassen. »Es ist wie Staub, aber Gold.«
»Elfenstaub«, sage ich. »Wie kommt Elfenstaub hierher?«
»Elfenstaub? Wie meinst du das?«
»Devyn und Issie haben eine Theorie zu bestimmten Dingen, die mir zugestoßen sind. Da ist zum Beispiel dieser Mann, der dauernd auftaucht. Sie glauben, dass er ein Elf ist. Ich weiß, das klingt blöd. Aber Elfenkönige hinterlassen angeblich solchen Staub.«
Er bringt seinen glitzernden Finger näher an unsere Gesichter. Sein nach Minze riechender Atem fühlt sich warm an auf meinem Gesicht. Sein Finger zittert kaum wahrnehmbar. »Genau solchen?«
»Ja.« Ich trete einen Schritt zurück und versuche, in seinem Gesicht zu lesen, ob er mich albern findet. »Diese ganze Elfentheorie steht auf recht wackligen Füßen, aber es könnte sich um einen Serienmörder handeln oder einen Wahnsinnigen. Der Staub könnte seine Visitenkarte sein oder so. Ich weiß es nicht. Aber es gefällt mir ganz und gar nicht.«
»Mir auch nicht.« Er zieht mich am Ärmel. »Lass uns zurück zum Auto gehen.«
»Du willst nicht nachschauen, ob er sich da drin versteckt?«, frage ich und zeige auf den Wald.
»Du hast keine Stiefel an.«
»Ach, ja, richtig.« Wir gehen zurück zum Auto, und da entdecke ich hinten auf seiner Jacke kleine goldene Sprenkel … wie Staub.
Nick folgt mir bis nach Hause, damit ich auch sicher ankomme. Ich parke Yoko in der Einfahrt und sage: »John wäre stolz auf dich.«
Dann stelle ich den Motor ab und mustere die Umgebung. Das Auto anzumelden habe ich nicht geschafft, aber ich denke, unter den gegebenen Umständen ist das durchaus zu entschuldigen. Du fängst nicht jeden Tag an, an Elfen zu glauben, oder drehst fast durch, weil du die Autotür öffnen und zwanzig Schritte zum Haus deiner Großmutter laufen sollst.
»Du bist paranoid, Zara. Paranoid!« Aber auch das hilft mir kein bisschen.
Die Sonne ist fast ganz untergegangen. Ich öffne die Tür und mache mich über das Eis auf den Weg zur Eingangstür. Grandma Betty hat das Licht auf der Veranda brennen lassen und auf dem Boden eine körnige blaue Chemikalie verteilt, durch die sich das Eis in kleine Klumpen auflöst. Das war sehr nett von ihr. Morgen sollte ich das machen, um ein bisschen zu helfen, oder?
Im Wald jenseits der Einfahrt tritt etwas auf einen Zweig, sodass er knackend zerbricht.
Ich stoße einen schrillen Schrei aus, eile zur Veranda und stürze die Treppe hinauf. Dabei gebe ich ein sehr wenig graziöses, jämmerliches Bild ab.
Ich reiße die Tür auf und schließe hinter mir zu.
Dann überprüfe ich das Schloss.
Gut, machen wir uns nichts vor: Maine ist unheimlich. Und damit basta. Sehr unheimlich und scheißkalt.
Einen Augenblick lang wünsche ich, Nick Colt wäre mir tatsächlich bis in die Einfahrt hinein gefolgt. Er ist süß und er hat dieses
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