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Fluesterndes Gold

Fluesterndes Gold

Titel: Fluesterndes Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Jones
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die Schulter hinweg zu mir. Das tiefe, drohende Grollen klingt kaum noch menschlich.
    Ich erstarre.
    Die Muskeln auf Nicks Rücken zittern, als ob er sich anstrengen würde. Aber ich habe keine Ahnung, was für eine Art von Anstrengung das sein könnte.
    »Nick? Können alle hereinkommen, wenn einer zuvor hier drinnen war?«
    »Nein. Sie warten draußen.«
    »Kann er dieses Zimmer betreten, wenn er schon mal im Haus gewesen ist?« Das Entsetzen hat mich im Griff.
    »Keine Ahnung.«
    Er knurrt, und ich weiß nicht, was ich tun oder sagen soll, deshalb flüstere ich einfach seinen Namen. »Nick?«
    Seine Stimme ist warm und zugleich voller Schmerz. »Ich bemühe mich sehr, mich nicht zu verwandeln, Zara, aber wenn jemand in Gefahr ist, verwandle ich mich.«
    »Und ich bin in Gefahr?«
    Er nickt.
    Ich berühre seinen Rücken. Ich bin total durcheinander. Ich erinnere mich nicht mal daran, dass ich zu ihm gegangen bin. Seine Muskeln zittern und bewegen sich unter meinen Fingern, als ob die Fasern sich gegen die Verwandlung wehrten.
    »Dann verwandle dich«, bitte ich ihn.
    »Ich will dir keine Angst machen.«
    »Ich hab schon Angst«, kreische ich. »Ich will bloß nicht, dass dir was zustößt.«
    »Mir? Es geht nicht um mich. Es geht um dich.«
    Eine Hand hämmert an die Tür meines Zimmers. Das ganze Türblatt zittert in seinem Rahmen. Oh Gott. Oh Gott.
    Nick wirbelt herum. Seine Augen sind traurig und schmerzerfüllt. Er reißt sich das Sweatshirt vom Leib und stürzt auf die andere Seite des Bettes, wo ich ihn nicht sehen kann.
    »Was immer du tust, Zara, lass ihn nicht herein. Was immer er sagt. Du darfst ihn nicht reinlassen.« Er knurrt, und dann klopft es wieder an der Tür, ein behutsames, freundlich klingendes Klopfen. Ich weiche zurück.
    Nicks Hose fliegt durch den Raum, und ich fange sie auf.
    Er bemüht sich weiterzureden. »Vielleicht kann ich es im Zweikampf mit ihm aufnehmen, aber ich lege es lieber nicht darauf an. Er ist stärker als die anderen, und das ist nicht mein Revier, weißt du …«
    »Nick?«, flüstere ich.
    Ein Kissen fliegt über das Bett.
    »Wir müssen nur durchhalten, bis Betty da ist. Halt einfach bis dahin durch, Zara.« Die Wörter sprudeln aus ihm heraus, und das Klopfen an der Tür übertönt sie, nicht jedoch das wütende Knurren, das seiner Kehle entweicht, halb Warnung, halb Kampfgebrüll, aber vollkommen Wolf.
    »Oh Gott«, flüstere ich.
    Jemand klopft leicht an die Tür.
    »Zara, lass mich rein.«
    Der Wolf knurrt und steht zwischen mir und der Tür. Sein dickes, dichtes Fell sträubt sich.
    Er hat gesagt, sie seien wenigstens zu fünft. Einer ist hier bei uns im Haus, aber solange ich die Tür nicht öffne, sind wir sicher.
    Warum denkt Nick, ich würde die Tür öffnen? Er hält mich wohl für den naivsten Menschen überhaupt. Auf keinen Fall öffne ich diese Tür und lasse das Elfen-Teil rein.
    Aber was ist mit den anderen?
    Vorsichtig schieb ich den Vorhang nur wenige Zentimeter beiseite und spähe aus dem Fenster. Im Schnee mache ich zwei dunkle Gestalten aus. Die Flocken fallen dicht wie ein Vorhang aus einem gräulich weißen Himmel, und alles sieht fast friedlich aus.
    Wieder klopft es an der Tür. Es ist ein vorsichtiges Klopfen – so hat meine Mutter immer geklopft, wenn sie mich und meine Freundinnen nach einer Pyjama-Party wecken musste. Ich schaue zu Nick hin. Er kauert sich sprungbereit zusammen.
    Sie versuchen mich auszutricksen. Das wird ihnen nicht gelingen. Ich werde die Tür ignorieren und stattdessen die Vorgänge draußen beobachten.
    Als ich mich wieder dem Fenster zuwende, schreie ich auf. Ein blasses Gesicht mit wilden Augen schwebt da, angehängt an einen Körper. Ich mache einen Satz nach hinten und schreie noch viel lauter. Der Vorhang fällt zu, sodass mir der Blick nach draußen verstellt ist.
    Ich sitze mitten auf meinem Bett und ziehe die Knie an die Brust, aber ich halte den Schürhaken fest in der Hand. Und ich werde ihn benutzen. Zuweilen wird der Pazifismus einfach überbewertet.
    »Das passiert alles gar nicht«, intoniere ich. »Das passiert alles gar nicht.«
    Etwas kratzt an meinem Fenster, und es ist kein Zweig, da bin ich mir sicher. Es ist etwas Furchteinflößendes, das hereinwill.
    Nick dreht seine Runde in meinem Zimmer. Er patrouilliert hin und her, und hin und her, vom Fenster zur Tür, vom Fenster zur Tür, Fenster, Tür. Er hat die Lefzen hochgezogen und zeigt seine Zähne. Wieder ertönt ein leichtes Klopfen mit dem

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