Fluesterndes Gold
Problems. Das ist ein Grund, warum er so schwach ist. Also, ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, aber ich glaube, um stark zu sein, braucht er eine richtige Elfenkönigin, eine Seelenverwandte …«
Aber ich will nichts mehr hören und beende die Verbindung.
»Alles wird gut werden«, tröste ich mich in dem gedämpften Licht meines Krankenhauszimmers.
Schwestern gehen mit quietschenden Schuhen die Gänge hinunter. In einem anderen Krankenzimmer läuft im Fernsehen ein Actionfilm. Viele Schüsse und viele Explosionen.
Ich schließe die Augen und versuche zu schlafen, aber ich träume nur davon, dass meine Mutter die Arme ausstreckt und ich mich abwende.
Am nächsten Tag bringt Gram mich nach Hause. Der Flug meiner Mutter ist gestrichen worden wie zweihundertdreiundzwanzig andere Flüge an der Ostküste. Sie will es heute noch einmal versuchen. Wenn es nicht klappt, will sie die gut zweitausend Kilometer selbst mit dem Auto fahren.
»Sie bemüht sich wirklich sehr«, sagt Gram.
»Hmmmm.«
Die Straßen und unsere Zufahrt sind inzwischen geräumt, sodass die Fahrt nicht allzu holprig ist.
Glitzernder sauberer Schnee bedeckt alles.
»Es sieht wunderschön aus«, sage ich, als sie in unsere Zufahrt abbiegt. »Hat mein Dad den Schnee gemocht?«
Sie nickt. »Ja, schon. Aber Wärme war ihm lieber, wie dir. Ihr beide seid euch sehr ähnlich. Immer muss es warm sein. Immer habt ihr was, wofür ihr kämpft.«
»Mit ihm zusammen habe ich meine ersten Amnesty-Briefe geschrieben.«
»Ich weiß.«
»Du meinst wirklich, dass wir uns ähneln, auch wenn wir gar nicht verwandt miteinander sind?«
Ich greife mit der linken Hand um meinen Körper, um die Tür zu öffnen. Sie stößt gegen meinen gebrochenen Arm, und ich zucke zusammen.
»Nicht immer ist Blut die stärkste Verbindung«, sagt sie und springt aus dem Pick-up. »Warte, ich helf dir mit der Tür.«
Sie legt mir den Arm um die Taille, und wir hoppeln zusammen durch den Schnee.
»Hast du meinen biologischen Vater gekannt?«, frage ich sie.
»Ich habe ihn nie kennengelernt«, sagt sie. »Ich zweifle, dass er noch leben würde, wenn.«
Wir erreichen die Veranda, gehen durch die Tür und dann legt sie mich auf die Couch. Sie betütelt mich die ganze Zeit, kocht mir sogar Hühnerbrühe mit Nudeln, und das will für Gram, die Nicht-Köchin, was heißen.
Nick stürmt durch die Eingangstür, die so weit aufschwingt, dass sie gegen die Wand knallt. Er zuckt zusammen: »Ups.«
»Kein Problem«, sage ich. »Ist nur eine Wand.«
Im Arm hält er einen Riesenstrauß aus Iris, Gerbera und Tulpen. »Für dich. Ich wusste nicht, welche Blumen du besonders gern magst.«
»Alle.«
»Echt?«
»Echt.«
Er versucht, mir den Strauß zu überreichen, aber dann erinnert er sich an den Gips. »Ich stell sie in eine Vase.«
Betty schießt wie der Blitz ins Zimmer und entreißt Nick die Blumen: »Ich kümmere mich darum. Ihr beiden Turteltauben setzt euch auf die Couch und himmelt euch an.«
»Gram!«, versuche ich sie zu schimpfen, aber sie lacht nur und eilt in die Küche. »Ich liebe sie, aber sie ist einfach nur peinlich.«
Statt einer Antwort zieht Nick mich zu sich auf die Couch, und ich kuschle mich an ihn.
»Es ist so schön, dass du wieder daheim bist«, flüstert er.
»Finde ich auch«, flüstere ich zurück. Ich sehe Gram in der Küche herumwerkeln. Vor sich hin summend schneidet sie die Blumenstiele ab. »Es ist komisch, das hier daheim zu nennen.«
»Aber du nennst es so?«
»Oh ja.«
Sein Atem berührt meine Haare. Ich spüre ihn ganz leicht, aber doch deutlich. Dann hole ich tief Luft: »Ich habe nachgedacht, und ich habe einen Plan.«
Er atmet tief ein, sodass sich seine ganze Brust hebt. »Einen Plan?«
Ich drehe mich um, damit ich Nick anschauen und seine Reaktion beobachten kann. Sein Gesicht ist ganz ruhig. Er verzieht keine Miene. »Jay und Brian Beardsley suchen und den Elfenkönig einsperren.«
»Gut.« Betty wuselt herein. Zwei Tulpen baumeln in ihrer Hand. »Lass hören.«
Nick patrouilliert am Waldrand entlang, und eine halbe Stunde später treffen Issie und Devyn ein.
»Wir dachten schon, du wärst weg vom Fenster«, plappert Issie los, während sie auf und ab hüpft. »Ich bin so froh, dass du nicht tot bist.«
»Ja, es gibt mich noch«, sage ich nickend. »Ich hab gestern vom Krankenhaus aus meine Mom angerufen. Alle meine Fragen hat sie mir nicht beantwortet, aber das will sie nachholen, wenn sie hier ist. Hat sie
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