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Flug 2039

Flug 2039

Titel: Flug 2039 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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die Sache mit meinem Namen erklären. Tender Branson. Eigentlich ist das kein richtiger Name. Eher eine Rangbezeichnung. So ähnlich, als wenn man in einer anderen Kultur ein Kind Leutnant Smith oder Bischof Jones nennen würde. Oder Gouverneur Brown. Oder Doktor Moore. Sheriff Peterson.
    Die Credisten hatten nur Familiennamen. Diesen Familiennamen brachte der Ehemann mit. Mit einem Familiennamen konnte man Eigentum beanspruchen. Der Familienname war ein Markenzeichen.
    Mein Familienname ist Branson.
    Mein Rang ist Tender Branson. Es ist der unterste Rang.
    Die Sozialarbeiterin hat mich einmal gefragt, ob der Familienname nicht so etwas wie eine Sanktion oder auch ein Fluch sei, mit dem Söhne und Töchter zur Arbeit in der Außenwelt geschickt würden.
    Seit den Selbstmorden haben die Menschen in der Außenwelt von der credistischen Kultur die gleichen finsteren Vorstellungen, die mein Bruder Adam seinerseits von ihnen hatte.
    In der Außenwelt, erklärte mir mein Bruder, seien die Menschen leichtsinnig wie Tiere und trieben auf offener Straße Unzucht mit Fremden.
    Heutzutage werde ich von Menschen der Außenwelt gefragt, ob bestimmte Familiennamen höhere Preise bringen. Ob manche Familiennamen dagegen auch unter dem Tariflohn entgolten werden.
    Diese Leute fragen dann meist auch noch, ob es Credisten-Väter gibt, die ihre Töchter schwängern, um die Einnahmen zu steigern. Sie fragen, ob Credisten-Kinder, die nicht heiraten dürfen, kastriert werden – und meinen damit, ob ich kastriert sei. Sie fragen, ob die Söhne der Credisten masturbieren, ob sie Sodomie mit Haustieren oder untereinander betreiben – und meinen damit, ob ich das tue.
    Ob ich dies. Ob ich das.
    Fremde fragen mich ins Gesicht, ob ich noch Jungfrau sei.
    Ich weiß es nicht. Ich hab’s vergessen. Beziehungsweise, die ganze Sache geht euch nichts an.
    Um das einmal festzuhalten: Mein Bruder Adam Branson war exakt drei Minuten und dreißig Sekunden älter als ich, aber nach den Maßstäben der Credisten hätten das ebenso viele Jahre sein können.
    Weil die credistische Lehrmeinung einen Zweitplatzierten nicht anerkannte.
    Der erstgeborene Sohn wurde in jeder Familie Adam genannt, und es war Adam Branson, der unser Land in der Kirchenkolonie erbte.
    Alle nach Adam geborenen Söhne wurden Tender genannt. Ich bin daher einer von mindestens acht Tender Bransons, die von meinen Eltern als Arbeitsmissionare in die Welt geschickt wurden.
    Alle Töchter, von der ersten bis zur letzten, wurden Biddy genannt.
    Tender sind Arbeiter, die sich um alles kümmern.
    Biddys tun, was man sie heißt.
    Sehr wahrscheinlich sind das Slangausdrücke, Kurzformen längerer, traditioneller Namen, aber damit kenne ich mich nicht aus.
    Eines weiß ich aber: Wenn die Kirchenälteren eine Biddy Branson zur Hochzeit mit dem Adam einer anderen Familie bestimmten, wurde ihr Vorname, also eigentlich ihr Rang, in Author geändert.
    Wenn sie Adam Maxton heiratete, wurde aus Biddy Branson eine Author Maxton.
    Die Eltern dieses Adam Maxton hießen ebenfalls Adam und Author Maxton, aber nur bis der frisch verheiratete Sohn und seine Frau ein Kind bekamen. Von da an wurde das ältere Paar mit Elder Maxton angesprochen, und zwar beide.
    Bei den meisten Paaren war es so, dass die weibliche Elder Maxton an ihren zahllosen Geburten bereits gestorben war, wenn ihr erstgeborener Sohn sein erstes Kind bekam.
    Nahezu alle Kirchenälteste waren Männer. Ein Mann konnte mit fünfunddreißig Jahren Kirchenältester werden, falls er schnell genug war.
    Das war nicht kompliziert.
    Es war nichts im Vergleich mit der Außenwelt und ihrem Rangsystem von Eltern und Großeltern und Urgroßeltern, Tanten und Onkeln, Nichten und Neffen, die alle ihre eigenen Vornamen haben.
    In der Kultur der Credisten sagte der Name einer Person jedem, wo man hingehörte. Tender oder Biddy. Adam oder Author. Oder Elder. Der Name sagte einem genau, was man im Leben zu erwarten hatte.
    Die Leute fragen, ob es mich nicht wütend macht, dass ich kein Recht auf eigenen Besitz und auf eine eigene Familie habe, nur weil mein Bruder drei Minuten und dreißig Sekunden vor mir zur Welt gekommen ist. Ich habe gelernt, diese Frage mit Ja zu beantworten. Das wollen die Leute in der Außenwelt nämlich hören. Es ist aber nicht wahr. Ich bin niemals wütend gewesen.
    Das wäre dasselbe, als würde einen die Vorstellung erzürnen, dass man Konzertgeiger hätte werden können, wäre man nur mit längeren Fingern zur Welt

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