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Flug 2039

Flug 2039

Titel: Flug 2039 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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Grab ihres Bruders war.
    »Niemand.«
    Ich frage: Wirklich niemand? Niemand sonst hat Blumen auf das Grab gelegt? Kein einziger Freund?
    »Nein.«
    Ich muss ja einen tollen Eindruck auf sie gemacht haben.
    »Nein«, sagt sie. »Das heißt – da war doch jemand, ein ziemlich verrückter Typ.«
    Großartig. Verrückt bin ich also.
    Ich frage, wie sie das meint. Verrückt?
    »Können Sie sich an diese Sekte da erinnern, diese Leute, die sich alle umgebracht haben?«, fragt sie. »War vor sieben oder acht Jahren. Die ganze Stadt hat sich in der Kirche versammelt, und dann haben sie alle Gift geschluckt. Das FBI hat sie alle tot aufgefunden, Hand in Hand haben sie dagelegen. Der Typ hat mich irgendwie daran erinnert. Nicht wegen seiner altmodischen Kleidung, sondern wegen seiner Frisur. Sah aus, als hätte er sich die Haare mit verbundenen Augen selbst geschnitten.«
    Die Sache hat vor zehn Jahren stattgefunden. Und am liebsten würde ich jetzt auflegen.
    Zweites Buch der Chronik, Kapitel einundzwanzig, Vers neunzehn:
    »… ging sein Eingeweide von ihm …«
    »Hallo?«, sagt sie. »Niemand mehr dran?«
    Doch, sage ich. Sonst noch was?
    »Nein, sonst nichts«, sagt sie. »Bloß dass der Typ mit einem großen Blumenstrauß an der Grabnische meines Bruders war.«
    Sehen Sie, sage ich. Genau so einen lieben Freund brauche sie jetzt in dieser schweren Zeit.
    »Find ich nicht«, sagt sie.
    Ich frage sie, ob sie verheiratet ist.
    »Nein.«
    Ob sie einen festen Freund hat.
    »Nein.«
    Dann machen Sie sich mit diesem Typen bekannt, sage ich. Beide haben Sie einen Freund verloren, und das sollte Sie einander näher bringen. Das könne für sie der große Durchbruch in Liebesdingen sein.
    »Das glaube ich kaum«, sagt sie. »Erstens haben Sie den Typ nicht gesehen. Irgendwie hab ich mich schon immer gefragt, ob mein Bruder nicht homosexuell ist, und dieser verrückte Typ mit seinen Blumen hat meinen Verdacht da nur bestätigt. Außerdem war er nicht gerade attraktiv.«
    Klagelieder, Kapitel zwei, Vers elf:
    »… dass mir mein Leib davon wehe tut; meine Leber ist auf die Erde ausgeschüttet …«
    Vielleicht ginge es ja, wenn er sich eine bessere Frisur zulegt?, sage ich. Sie könnten ihn dabei doch beraten. Oder ihm sogar selbst die Haare schneiden.
    »Das würde wohl nichts bringen«, sagt sie. »Der Typ ist echt ziemlich hässlich. Außer der schrecklichen Frisur hat er auch noch Koteletten, die ihm fast bist zu den Mundwinkeln reichen. Aber nicht so wie bei manchen Männern, die ihre Gesichtsbehaarung so einsetzen wie Frauen ihr Make-up, Sie wissen schon, um das Doppelkinn zu kaschieren oder damit man nicht sieht, dass sie keine Wangenknochen haben. Der Typ ist jedenfalls komplett hässlich, da kann man also nichts verschönern. Außerdem ist er ja schwul.«
    Erster Brief an die Korinther, Kapitel elf, Vers vierzehn:
    »Oder lehrt euch auch nicht die Natur, dass es einem Manne Unehre ist, so er das Haar lang wachsen lässt …?«
    Ich sage, sie habe keinen Beweis dafür, dass er Sodomit sei.
    »Was für einen Beweis hätten Sie denn gern?«
    Fragen Sie ihn, sage ich zu ihr. Ob sie ihn denn überhaupt nicht wieder sehen wolle?
    »Na ja«, sagt sie. »Ich habe ihm gesagt, dass wir uns nächste Woche ja wieder an der Grabnische treffen können. Aber ich weiß nicht so recht. Irgendwie habe ich das nicht ganz ernst gemeint. Eigentlich habe ich das nur gesagt, um ihn loszuwerden. Weil er so ein hilfloser Waschlappen war. Er ist mir eine ganze Stunde lang in dem Mausoleum nachgelaufen.«
    Aber sie müsse trotzdem hingehen, sage ich ihr. Sie habe es ihm ja wohl versprochen. Denken Sie an den armen toten Trevor, Ihren Bruder. Was würde Trevor davon halten, wenn sie seinen einzigen Freund so versetzen würde?
    »Woher kennen Sie seinen Namen?«, fragt sie.
    Wessen Namen?
    »Den von meinem Bruder. Trevor. Sie haben seinen Namen genannt.«
    Den müsse sie vorhin erwähnt haben, sage ich. Ja, gerade eben noch habe sie ihn erwähnt. Trevor. Vierundzwanzig. Hat sich vorige Woche umgebracht. Homosexuell. Möglicherweise. Hatte einen heimlichen Geliebten, der sich jetzt verzweifelt danach sehnt, sich an ihrer Schulter auszuweinen.
    »Das haben Sie alles mitgekriegt? Sie sind wirklich ein guter Zuhörer«, sagt sie. »Ich bin beeindruckt. Wie sehen eigentlich Sie aus?«
    Hässlich, sage ich. Abscheulich. Hässliche Frisur. Hässliche Vergangenheit. Mein Aussehen werde ihr ganz bestimmt nicht gefallen.
    Ich frage nach dem Freund ihres

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