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Flug 2039

Flug 2039

Titel: Flug 2039 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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Zieh dir eine Nummer, stell dich in die Warteschlange.
    »Vergiss den Kerl«, sagt sie, und dann sinkt ihr die Stimme tiefer in die Kehle. »Ich habe angerufen, weil ich es mit dir treiben will. Am Telefon. Sag mir, was ich machen soll. Irgendwas ganz Schreckliches.«
    Prima Gelegenheit.
    jetzt kommt der nächste Teil meines großen Plans.
    Ich werde dafür in die Hölle kommen, aber ich sage: Ich will, dass du diesem Kerl, den du nicht magst, das Hirn aus dem Schädel vögelst und mir dann erzählst, wie es war.
    »Ausgeschlossen«, sagt sie. »Niemals.«
    Dann lege ich jetzt auf.
    »Warte«, sagt sie. »Ich könnte dir ja auch was vorlügen, oder? Ich könnte mir einfach was ausdenken. Das würdest du gar nicht merken.«
    Doch, sage ich. Das würde ich merken. Garantiert.
    »Kommt nicht in Frage, dass ich mit diesem Monster schlafe.«
    Ob sie ihn denn nicht wenigstens küssen kann?
    »Nein«, sagt Fertility.
    Ob sie wenigstens mal mit ihm ausgehen kann? Einfach so, mal für einen Nachmittag? Außerhalb der Leichenhalle sieht er vielleicht besser aus. Ein Picknick im Freien. Irgendwas Nettes.
    »Und dann triffst du dich mit mir?«, sagt Fertility.
    Aber sicher.

Kapitel 35
    Die Sonne weckt mich. Ich kauere mit einem Fleischmesser in der Faust neben dem Backofen. So wie ich mich fühle, ist die Vorstellung, ermordet zu werden, gar nicht mal so übel. Der Rücken tut mir weh. Meine Augen brennen, als wären sie mit einer Rasierklinge aufgeschnitten worden. Ich ziehe mich an und fahre zur Arbeit.
    Ich sitze ganz hinten im Bus, damit niemand sich hinter mich setzen kann, sei es mit einem Messer, einem Giftpfeil, einer Klaviersaite.
    Vor dem Haus, in dem ich arbeite, steht in der Einfahrt das Auto der Sozialarbeiterin. Auf dem Rasen spazieren ein paar normale rot aussehende Vögel herum. Der Himmel ist blau, wie man es von ihm erwartet. Nichts wirkt ungewöhnlich.
    Im Haus schrubbt die Sozialarbeiterin auf allen vieren die Küchenfliesen mit einem Bleichmittel, das so stark nach Ammoniak riecht, dass die Luft um sie herum nur so von Toxinen wabert, die meine Augen tränen lassen.
    »Ich hoffe, das stört Sie nicht«, sagt sie und schrubbt weiter. »Die Arbeit stand für heute in Ihrem Terminkalender. Ich bin etwas zu früh gekommen.«
    Bleichmittel plus Ammoniak ergibt tödliches Chlorgas.
    Die Tränen strömen mir über die Wangen. Ich frage sie, ob sie mich auf dem Anrufbeantworter gehört hat.
    Die Sozialarbeiterin atmet praktisch nur durch ihre Zigarette. Die Dämpfe spürt sie wahrscheinlich kaum.
    »Nein, ich habe mich krankgemeldet«, sagt sie. »Diese Putzerei ist ein wahres Labsal. Ich habe Kaffee gemacht und Muffins gebacken. Setzen Sie sich doch erst mal hin.«
    Ich frage sie, ob sie nichts von meinen Schwierigkeiten wissen will. Der Killer hat mich gestern Abend angerufen. Ich bin die ganze Nacht wach gewesen. Er hat mich aufgespürt, er wird mich töten. Gott behüte, dass sie aufhört, den Boden zu schrubben, dass sie aufsteht und meinetwegen die Polizei holt.
    »Keine Sorge«, sagt sie. Sie taucht die Bürste in den Eimer mit Putzwasser. »Die Selbstmordrate ist letzte Nacht nach oben geschnellt. Deswegen habe ich mich heute früh auch nicht ins Büro getraut.«
    So wie sie den Boden schrubbt, wird der niemals mehr sauber. Hat man einmal mit einem Oxidationsmittel wie Bleiche den klaren Hochglanzfilm von einem Bodenbelag aus Vinyl weggeschrubbt, ist es aus. Wenn sie fertig ist, wird der Fußboden so porös sein, dass er die Flecken wie ein Magnet anzieht. Gott behüte, dass ich dir das verständlich zu machen versuche. Sie glaubt, großartige Arbeit zu leisten.
    Ich frage: Und wieso hält die hohe Selbstmordrate mich am Leben?
    »Verstehen Sie denn nicht? Wir haben letzte Nacht elf weitere Klienten verloren. Neun in der Nacht davor. Zwölf in der Nacht davor. Das ist ein richtiger Erdrutsch«, sagt sie.
    Und?
    »Bei so vielen Selbstmorden jede Nacht braucht der Killer, falls es überhaupt einen gibt, nicht noch nachzuhelfen.«
    Sie fängt an zu singen. Womöglich wirkt das tödliche Chlorgas ja schon. Und passend zu ihrem Song führt sie mit der Bürste ein kleines Ballett auf. »Das klingt vielleicht nicht ganz passend«, sagt sie, »aber ich gratuliere.«
    Ich bin der letzte Credist.
    »Sie sind praktisch der einzige Überlebende.«
    Ich frage, wie viele sonst noch.
    »In dieser Stadt – einer«, sagt sie. »Landesweit nur noch fünf.«
    Spielen wir alte Zeiten, sage ich. Ich sage: Nehmen wir uns das

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