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Flug des Adlers

Titel: Flug des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. E. Knight
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konnte die Lichter auf der anderen Seite eines ausgedehnten, von Gestrüpp bewachsenen Feldes sehen, das ihm auf halber Strecke Deckung geboten hätte. Der Gedanke, einfach zu den Büschen zu rennen, war verlockend, aber er hegte den Verdacht, dass sie sich weiter innen verdichteten. Zudem schien dort etwas zu wuchern, das aussah wie Teufelsfuß. Selbst mit einer Machete und dicker Kleidung hätte er gezögert, sich einen Weg durch dornige Teufelsfußgewächse freizuschlagen.
    Er wählte einen der Pfade durch die Gehölze und stellte fest, dass er zu dem Weg führte, gegen den er sich zuvor entschieden hatte, um stattdessen zu den Gebäuden zu gehen.
    Auf dem Weg zu den Bäumen durchquerte er einen von der Architektur her orientalisch wirkenden Garten. Die Pflanzen waren größtenteils verwildert, aber es gab noch einen sprudelnden, hübschen Springbrunnen.
    Das Wasser roch sauber.

    Er ging darauf zu.
    Ein glücklicher, zu kurz geratener Schritt rettete ihn. Er fühlte, dass etwas über die Haare an seinen Beinen streifte, blickte hinab und sah ein Stück Angelschnur, das vor den Brunnen gespannt war. Valentine folgte der Schnur zum Auslöser und einem Baum mit breiter Krone und entdeckte ein Gitter, das an eine dornenbesetzte Fliegenklatsche erinnerte und nur darauf wartete, herabzufallen und die Hand zu verletzen, die in das Wasser getunkt wurde. Es sah nicht sehr schwer aus; offensichtlich sollte es nicht töten, sondern nur verletzen und Schmerz zufügen.
    Valentine beschloss, auf das Wasser zu verzichten, und betrat vorsichtig den Waldweg. Jeder Nerv in ihm war angespannt. Er zwang seine Augen, jeden Zweig, jeden Ast und jede Falle wahrzunehmen, die vielleicht auf diesem Weg lauerte.
    Einmal hatte am Anfang des von Bäumen gesäumten Weges ein Schild gestanden, wahrscheinlich eine Legende zu diesem Teil der Anlage. Nun war zwischen den Pfosten die Haut eines Menschen samt Gesicht und Haar gespannt worden.

NICHT RENNEN! DU WIRST NUR MÜDE STERBEN
    lautete die zuvorkommende, eintätowierte Warnung.
    In den Astgabeln der Bäume hingen menschliche Schädel mit glühenden Augen. Valentine musterte einen im Vorbeigehen; die »Augen« waren mit Leuchtfarbe bemalte Golfbälle. Er beschloss, parallel zu dem Weg weiterzugehen, nachdem er eine flache Grube voller spitzer Holzpflöcke entdeckt hatte, die nach frischem Blut roch. Armer Co…

    Schlächter!
    Valentine kauerte sich zu Boden, versuchte, seine Lebenszeichen zu dämpfen, versuchte, die Kälte und sein schmerzendes Knie in eine Kiste zu sperren. Mit beiden Händen umfasste er den spitzen Oberschenkelknochen, die Linke stützte ihn, die Rechte lag auf dem Knochenkopf, bereit, ihn …
    Er hörte ein Keuchen und sah Colin hektisch den Pfad hinunterlaufen. Seine Füße waren voller Schlamm, und er humpelte, aber die Furcht war stärker als der Schmerz. Ein verhüllter Schlächter sprang hinter ihm her. Sein Gesicht war weiß bemalt, die Augen und Lippen geschwärzt, um einen Totenschädel zu imitieren. Seine Brust war in ähnlicher Weise verziert, so dass man die Rippen zu sehen schien. Wie in einer Art Tanz reckte er abwechselnd seine langen Arme mit zur Faust geballten Händen hoch.
    »und ich laufe, und du rennst, und ich laufe, und du rennst …«, sang er, während er dahinhüpfte.
    Konnte er ihn unbemerkt angreifen?
    Der Schlächter stoppte und zeigte mit einem langen Finger mit schwarzem Fingernagel auf Valentine. »du! du wartest, bis du an der reihe bist! der fußlahme ist zuerst dran!«
    Colin flog auf die Nase, stürzte über dasselbe Loch, durch das er sich schon vorher verletzt hatte. »oh, du bist gefallen. steh auf, du bist noch nicht fertig. lauf, lauf, lauf, kleiner, dummer mann.«
    Sie verschwanden in Richtung der Gebäude. Der Schlächter trieb seine Beute vor sich her wie ein Hund ein verirrtes Schaf.
    Valentine bahnte sich einen Weg zu der Mauer im Westen. Vier Meter Ziegelmauerwerk, gekrönt von Elektrozaun, und die Bäume davor waren so weit beschnitten
worden, dass ein großer Abstand zwischen Baumkronen und Mauer bestand.
    »Denk gar nicht erst daran«, sagte eine megaphonverstärkte Stimme in den Bäumen. Valentine sah sich im Gehölz um und entdeckte einen Jagdschirm. »Er ist mit den anderen beschäftigt. Wenn du dich beeilst, schaffst du es leicht bis zur Ziellinie.«
    Valentine trottete zurück in den Wald.
    Er rannte schneller, als er die beiden roten Lichter sah, ließ die Bäume hinter sich und hastete einen grasbewachsenen Pfad

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